Schloss GymnichEtwas Zeit, etwas Geld und jede Menge Liebe

Nach der Zwangsversteigerung standen Gerd und Katharina Overlack als neue Besitzer von Schloss Gymnich im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Sie übernehmen die Immobilie von dem Extremsportler und Ex-Musiker Joey Kelly.
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Erftstadt – Es wirkt wie ein Stück aus dem Tollhaus: Vor dem Gerichtssaal 8 des Brühler Amtsgerichtes stellt sich ein Mann im verschossenen Anzug vor die schnell aufgebauten Fernsehkameras und behauptet lauthals mit einem wirren Funkeln in den Augen: Es sei seine Pflicht als deutscher Staatsbürger Schloss Gymnich zu kaufen.
Derweil nimmt ein anderer junger Mann etwas verstohlen im Foyer des Amtsgerichtes Platz. Sollte er etwa nicht mehr dazu stehen, was er vor wenigen Wochen Boulevardblättern anvertraut hat: Er werde für Schloss Gymnich steigern, um dort einen Erotikbetrieb einzurichten? Dann zieht ein hünenhafter Geschäftsmann aus Frankfurt, gewandet im feinsten Tuch, die Aufmerksamkeit auf sich. Auch er ein Garant für ein hohes Gebot? Keine Zeit, die Fragen zu stellen. Joey Kelly, Besitzer des Schlosses, betritt das Amtsgericht. Alle Objektive und Mikrofone richten sich auf ihn aus.
Protagonisten aus dem Tollhaus
Mitten drin in diesem ganzen Trubel sitzt ein älteres Ehepaar. Distinguiert. Eine Finanzzeitung lesend. Ein wenig irritiert beobachten sie über den Zeitungsrand hinweg die Szenerie. Keiner nimmt von ihnen Notiz. Keiner spricht sie an, die zukünftigen Besitzer des Schlosses Gymnich.
Die Protagonisten aus dem Tollhaus sind schnell von der Bühne verschwunden. Entweder bieten sie gar nicht, oder ihre Gebote sind so offensichtlich nicht ernst zu nehmen, dass die Vorsitzende der Zwangsversteigerung mit dem Rauswurf aus dem Saal droht. Es dauert ein bisschen, bis das erste ernsthafte Gebot kommt. Gerd Overlack hat die Finanzzeitung zusammengerollt, damit er eine Hand dafür frei hat. Dann geht es Schlag auf Schlag. Eine Vertreterin eines Schweizer Immobilienunternehmers bietet mit. Bei Gerd Overlacks Gebot von 3,05 Millionen Euro macht sie noch ein letztes hektisches Telefonat mit der Schweiz – und winkt ab. Zuschlag. Gerd und Katharina Overlack gehört Schloss Gymnich. Jetzt stehen sie im Mittelpunkt. Jetzt wollen alle mit ihnen reden.
Zwei Monate später. Mitte September. Durch das geschlossene Tor zum Park von Schloss Gymnich fällt der Blick auf eine stattliche Limousine. Ganz hinten steht sie, am Verwaltungsgebäude. Gerd Overlack und seine Frau kommen aus der Tür. Alles bereit für eine erste Bestandsaufnahme. „Fertige Pläne haben wir nicht“, sagen sie. Dafür sei es noch zu früh. Aber Ideen, die hätten sie sehr wohl.
Doch bevor es dazu kommen kann, die Ideen umzusetzen, muss erst einmal die Substanz gerettet werden. Das Dach hat Löcher so groß wie Fußbälle. Das Schloss gründet auf Eichenpfählen. Sind sie nicht von Wasser umschlossen, verrotten sie. Genau das droht, wenn nicht bald etwas passiert. Erste Gespräche mit der Denkmalbehörde gab es schon. Der ehemalige Spezialist für Industrieversicherungen und seine Frau nehmen es gelassen. Man habe nicht die Katze im Sack gekauft. „Das Schloss haben wir uns vor der Zwangsversteigerung natürlich angeschaut“, sagt Katharina Overlack.
Vier Jahre und zehn Millionen
Und sie sind auch jetzt noch fest davon überzeugt, dass es die perfekte Basis für ihre Ideen ist, die sie bereits schon einmal im Schloss Eberstein umgesetzt haben: Ein gehobener Hotelbetrieb mit Sterneküche und gutbürgerlicher Außengastronomie. Doch bis es soweit sei, würden wohl mindestens vier Jahre vergehen. Und am Ende seien vielleicht nochmals zehn Millionen Euro in das historische Gemäuer und seine Anlage geflossen.
Alles, was es braucht, scheint also Geld, Zeit und jede Menge Liebe zu einer geschichtsträchtigen Anlage zu sein. Das Ehepaar Overlack hat von allem etwas.