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Tierische BegegnungDas Pony, das ein Leben verändert hat

Lesezeit 4 Minuten

Mit dem vierjährigen Hengst Rex veränderte sich vor 44 Jahren das Leben von Ulla Jürgensonn. Heute reitet sie ein kleines schwarzes Pferd. Der Rappe heißt Rolling Diamond.

  1. Mit 18 Jahren wusste unsere Redaktuerin Ulla Jürgensonn noch nicht, dass ein kleiner Ausflug ihr Leben verändern würde.
  2. Das Reitpony Rex war ihr Kleinmädchentraum, der wahr geworden ist.
  3. Sie erzählt von einer Begegnung, die Spuren hinterlassen hat.

Rhein-Erft-Kreis – Wenn mein Freund damals gewusst hätte, was er anrichtet, hätte er es vermutlich nicht gesagt. „Komm, fahr’ mit. Nur mal gucken.“ 44 Jahre ist das her, und ein Ende der Folgen ist immer noch nicht abzusehen.

Das, was ich angucken sollte, war muskulös, wohlproportioniert, kraftvoll. Die blonde Tolle fiel verwegen über große, wunderschöne Augen, die von Temperament zeugten, von Wildheit. Ich hatte keine Chance zu widerstehen, ich war ihm verfallen. Da ging es hin, mein erstes selbst verdientes Geld. Für einen Kleinmädchentraum: einen Reitponyhengst, vierjährig, unerzogen, kaum angeritten. Aber mit golden schimmerndem Fell und silbrigem Langhaar, eine echte Schönheit. Ich war 18 Jahre alt, das ist das einzige, was ich zu meiner Verteidigung vorbringen kann. Da siegt schon mal Herz über Hirn.

Liebe genügt zum bändigen nicht

Ein Deutsches Reitpony, für die Nicht-Pferdeleute erklärt, ist kein Mini-Shetty, sondern hat eine Schulterhöhe von maximal 1,48 Metern. Für Leute meiner Größe ist es ein richtiges Pferd. Es kann einen abwerfen, man fällt ganz schön tief. Es kann einen umrennen oder treten. All das tat der blonde Schöne, der den nicht so schönen Namen Rex trug. Mein Fehler war der, den viele am Anfang einer Beziehung machen: zu glauben, dass Liebe genügt. Sie genügt aber nicht, um einen Junghengst zu bändigen.

Nach einem halben Jahr habe ich die Notbremse gezogen und aus dem Hengst einen Wallach machen lassen. Das machte uns beiden das Leben leichter. Trotzdem war es definitiv von Vorteil, dass ich so jung war. So konnte ich all die Stürze von und mit dem Pferd unbeschadet überstehen. Blaue Flecken, Beulen und Platzwunden zählen im Reiterleben nicht als Verletzungen.

Seite an Seite durch das Leben galoppieren

Wie das so ist: Der Freund ging, das Pony blieb. Rex hat es 27 Jahre mit mir ausgehalten. Später kam Cindy dazu, eine kleine Stute unbekannter Herkunft und sehr sanftem Wesen, die wir für meinen Mann kauften. Seite an Seite durchs Leben zu galoppieren war der Plan. Dass es nicht hingehauen hat, ist nicht den Ponys anzulasten.

Irgendwann wollten meine Nichten ihr Turnierpony ausrangieren – bei mir war Platz für Nicky. Ponys können steinalt werden, Rex hat es auf 31 Jahre geschafft. Aber der Tag kam, an dem ich ohne Pferd dastand. Auch nicht schlecht, dachte ich. Dann hast du jetzt mal mehr Zeit und auch mehr Geld. Das war, bevor die Entzugserscheinungen einsetzten. Ich war rastlos und gleichzeitig ohne Antrieb, nichts machte mir Spaß. Bis meine Freundin sagte: „Im Nachbarort verkauft jemand einen jungen Araber. Komm, fahr’ mit. Nur mal gucken.“

Ihre Geschichte

Es gibt diese Momente, die ein ganzes Leben verändern. Viele Menschen haben so etwas erlebt. Das können schöne Augenblicke sein: wenn man die Frau oder den Mann fürs Leben trifft, oder wenn man sein Baby zum ersten Mal im Arm hält. Es können traurige Ereignisse sein: wenn man erfährt, dass man krank ist, oder wenn man einen geliebten Menschen verliert. Mal hat man das Gefühl, die Welt hört auf, sich zu drehen, manchmal merkt man aber erst in der Rückschau, wie entscheidend ein Tag war.

Erzählen Sie uns von dem Tag, der Ihr Leben verändert hat. Im Positiven oder im Negativen, erzählen Sie uns traurige Geschichten oder lustige, von Liebe oder Leid oder beidem.

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Ein arabisches Vollblut, zumal ein dreijähriges, ist eine Herausforderung. Die Geschichte wiederholt sich.

Wie wäre wohl mein Leben verlaufen, wenn mein Freund mir damals ein Motorrad gezeigt hätte? Oder einen Sportwagen? Oder einen Golfschläger? Es gibt viele teure Hobbys, aber ich fürchte, nichts frisst so hartnäckig Geld und Zeit wie ein Pferd. Aber ohne meine Ponys hätte ich ja nicht meine wunderbaren Freunde kennengelernt, mit denen ich Seite an Seite reite. Und manches Mal auch schmerzhaft Knie an Knie geritten bin: Der schöne Blonde war (wie die meisten schönen Männer) kein Held, wenn er sich fürchtete, suchte er Schutz beim Nebenmann.

Mit dem vierjährigen Hengst Rex veränderte sich vor 44 Jahren das Leben von Ulla Jürgensonn. Heute reitet sie ein kleines schwarzes Pferd. Der Rappe heißt Rolling Diamond.

Manchmal sind Reiterfreunde aber auch blöd. Warum haben die alle so gegrinst, als ich mein aktuelles Pferd probegeritten habe? Nur weil ich gesagt habe, dass ich auf keinen Fall mein Herz an ihn hänge? Ich konnte ja nicht ahnen, dass er nicht nur bildhübsch und gut ausgebildet ist, sondern auch noch einen makellosen Charakter hat. Außerdem bestätigt der zierliche Rappe das, was mir vor Jahren meine Tante bei einem Familienfest gesagt hat – sie hatte es als Kleidungstipp gemeint: „Mit dem Kleinen Schwarzen machst du auch im fortgeschrittenen Alter immer eine gute Figur.“