Umbenennung in BergheimNazi-Verehrer auf Bergheimer Straßenschildern
Bergheim-Zieverich – Agnes Miegel (1879 bis 1964) und Hermann Stehr (1864 bis 1940) haben vieles gemeinsam: Sie waren deutsche Schriftsteller, glühende Verehrer des Diktators Adolf Hitler – und nach beiden sind Straßen in Bergheim benannt. Im Ortsteil Zieverich stoßen, wie der Zufall es will, beide Straßen im rechten Winkel aneinander.
Dass in der Kreisstadt zwei Unterstützer des NS-Regimes als Straßenpaten herhalten, ist offenbar noch keinem aufgefallen. „Aus Bürgerschaft oder Politik sind uns bisher keine Diskussionen über die Straßennamen bekannt“, sagt Ansgar Mirgeler, Leiter des Büros der Bürgermeisterin. Die Straßen seien in den 1960er-Jahren so benannt worden, als Zieverich selbstständige Gemeinde gewesen sei.
In Bergheim fehlt es nicht an Mut, Straßen umzubenennen: So wurde vor fünf Jahren die Carl-Diem-Straße in Glessen aus dem Straßenverzeichnis getilgt, allerdings erst vier Jahre nach dem Antrag der Grünen. Die Straße, die heute „Zur Glessener Höhe“ heißt, war zuvor nach dem Rektor der Kölner Sporthochschule benannt. Diem wurde nachgewiesen, dass er noch gegen Kriegsende „die Hitlerjugend auf den Opfertod und das Töten“ vorbereitet habe. Die Umbenennung geschah gegen den Willen vieler Anwohner. Für deren Kosten, etwa für neue Visitenkarten, die Umschreibung der Kfz-Papiere oder die Benachrichtigung von Bekannten und Geschäftspartnern über die Adressänderung, kam die Stadt auf.
„Ein begeistertes Ja“
Schriftsteller Stehr ist umstritten wegen seiner Unterstützung fürs NS-Regime. So schrieb er 1938: „Uns sollen die Zähne ausfallen und die Zunge im Munde verdorren, wenn wir am 10. April nicht dem Führer und seinen Taten ein begeistertes Ja zurufen.“ Er rechtfertigte die Morde anlässlich des Röhm-Putsches, und an Bücherverbrennungen soll er aktiv beteiligt gewesen sein.
Agnes Miegel verherrlichte Hitler in ihren Werken, etwa 1938: „Laß in deine Hand, Führer, uns vor aller Welt bekennen; Du und wir, nie mehr zu trennen, stehen ein für unser deutsches Land.“ 1934 bekannte sie sich zum Nationalsozialismus: „Wir werden ein nationalsozialistischer Staat sein – oder wir werden nicht sein! Und das wäre der Untergang nicht nur Deutschlands – es wäre der Untergang des weißen Mannes.“
Auch andernorts waren Straßen, die nach Stehr und Miegel benannt waren, bereits in der Diskussion. In der Stadt Steinfurt wurde die Stehrstraße 2012 in Ringelnatzstraße umbenannt, und Bad Nenndorf, wo Agnes Miegel ihren Lebensabend verbrachte, ließ eine Statue der Dichterin aus dem Kurpark entfernen. Aber nicht alle Städte haben sich zu einer Umbenennung entschlossen. In Münster gibt es immer noch einen Stehrweg und eine Agnes-Miegel-Straße. Obwohl die „Kommission Straßennamen“ die Umbenennung empfahl, stimmte die Bezirksvertretung in geheimer Wahl dagegen.
In Bergheim will die Verwaltung erst dann tätig werden, wenn dazu aus Bürgerschaft oder Politik ein Antrag eingeht. Zieverichs Ortsbürgermeister Willi Wildschrey will sich nun die Lebensläufe der Schriftsteller genau ansehen.