Weil bald viele Ärzte in Rente gehen werden, wird es schwer werden, einen Arzttermin zu bekommen, so Dr. Schaffran.
„Flatrate“ für den ArztWesselinger Hausarzt kritisiert die medizinische Versorgung

Im Auftrag des Seniorenbeirats hat der Allgemeinmediziner aus Urfeld Dr. Roger Schaffran einen Vortrag zur medizinischen Versorgung in der Zukunft in Wesseling gehalten.
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„Die Deutschen gehen sehr gerne zum Arzt – sogar etwa 50 Prozent häufiger als der Durchschnitt der OECD angeschlossen Ländern“, erklärte Dr. Roger Schaffran jüngst den Mitgliedern des Seniorenbeirats. Um über die Perspektive der medizinischen Versorgung in Wesseling in den kommenden Jahren aufgeklärt zu werden, hatte der Seniorenbeirat den Mediziner und Hausarzt aus Urfeld eingeladen.
Jeder Deutsche geht im Schnitt zehn Mal im Jahr zum Arzt
Zunächst erklärte Schaffran, dass OECD für „Organisation for Economic Co-Operation and Development“ steht. Es ist eine Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – ein Staatenbündnis mit zurzeit 36 Mitgliedsstaaten.
Jeder Deutsche gehe im Durchschnitt etwa zehn Mal im Jahr zum Arzt, so Schaffran. Das führe auch dazu, dass die Wartezeiten für Termine mitunter als zu lang und die Sprechzeiten bei den Ärzten als zu kurz empfunden werden. Den Grund für die häufigen Arztbesuche sieht Schaffran unter anderem in der Krankenversicherungskarte, die er als „Flatrate“ für die früheren Krankenscheine beschrieb. Dank ihr könnte jeder Versicherte beliebig oft zu welchem Arzt er wollte. „Man muss kein Prophet sein um vorherzusagen, dass die Perspektive nicht besser, sondern schwieriger wird“, so Schaffran.
Ärzteschaft wird weiblicher – daraus ergibt sich ein Problem
Die geburtenstarken Jahrgänge stünden kurz vor der Rente. Die Zahl der Rentner steige, auch die in den Arztpraxen, 30 Prozent der niedergelassenen Ärzte in Deutschland und in Wesseling seien selber bereits 60 Jahre und älter. „Niedergelassene Ärzte arbeiten bisher überwiegend selbstständig, 50 Stunden in der Woche und mehr“, erklärte er. Der Nachwuchs wolle jedoch keine Selbstständigkeit: „Die wollen geregelte Arbeitszeiten, keine 40 Stundenwoche, sondern nur 30 oder halbtags“, beschrieb er die Situation.
Auch werde die Ärzteschaft weiblich. Erstmals sei in diesem Jahr der Anteil an Frauen in der Ärzteschaft auf über 50 Prozent geklettert. Unter den Studierenden liege der Anteil der Frauen sogar bei 75 Prozent. Aus rein biologischen Gründen – Schwangerschaft und Babypause – könnten deswegen die Ärztestunden noch weniger werden. Leider nehme aber auch die Bürokratie ungebremst im Arbeitsalltag weiter zu, was wiederum von den Sprechstundenzeiten abgezogen werden müsse.
Eine Reform wird es nicht geben
„Es ist deswegen völlig klar, dass die der Bevölkerung zur Verfügung stehende Arztzeit weniger wird“, so Schaffran. Die Diskrepanz aus überdurchschnittlich vielen Ärzten und der wenigen Arztzeit für die einzelnen Patienten ist seiner Meinung nach die Folge falscher gesundheitspolitischer Entscheidungen.
„Aber eine Reform wird es nicht geben“, ist er sich sicher. Die ginge ja nur mit Einschränkungen und die würden von der Bevölkerung ja zunächst einmal als negativ empfunden. „Politiker, die so etwas tun, werden nicht wiedergewählt und das will auch kein Politiker“, so Schaffran.
Es könne deswegen nur jeder selber versuchen, das Beste aus der Situation zu machen. „Um im Alter noch selbstbestimmt leben zu können, lohnt es sich Vorsorge zu treffen – Vorsorge, um gar nicht erst krank zu werden“, betonte der Mediziner.
Das rät der Hausarzt Senioren
- Schlafen Sie genug und ernähren Sie sich gesund.
- Seniorensport hält fit und beweglich.
- Verzichten Sie auf Alkohol und auf das Rauchen.
- Stolperfallen wie Teppiche im Haus räumen Sie am besten ganz aus dem Weg– sie sind einer der häufigsten Gründe für Oberschenkelhalsbrüche.
- Duschen mit Haltegriffen bieten mehr Sicherheit als Badewannen, da man in Wannen leicht ausrutscht.
- Brille und Hörgerät sollten immer dem aktuellen Bedarf entsprechen.
- Knüpfen Sie ein soziales Netz mit Freunden und Bekannten.
- Suchen Sie sich einen Arzt, dem Sie vertrauen, als ersten Ansprechpartner in medizinischen Belangen, der bei Bedarf Fachärzte überweist. Folgen Sie konsequent, wenn vorhanden, Ihrem Medikationsplan. Notieren Sie vor einem Arztbesuch alle Ihre Fragen, um die Sprechzeit effizient zu nutzen. (mkl)