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Zugunglück in Brühl vor 15 JahrenSzenen wie aus einem Horrorfilm

3 min

Das Zugunglück war der wohl schwerste Einsatz in der Geschichte der Brühler Feuerwehr.

Brühl – Die Erinnerungen sind so klar, als wäre das Unglück erst vor kurzem passiert. Peter Berg, Leiter der Brühler Feuerwehr und stellvertretender Kreisbrandmeister, hat die Bilder der Nacht vor genau 15 Jahren noch vor Augen, als der D-Zug 203 auf der Fahrt nach Basel im Brühler Bahnhof entgleiste. Berg war damals stellvertretender Wachabteilungsleiter und hatte an jenem Tag eigentlich einen freien Abend. Die Sirenen schreckten ihn auf, dann wurde auch er zu dem Unglückort geschickt.

Mit dem zweiten Rettungswagen kam er an der Unfallstelle an. Dort präsentierte sich den Einsatzkräften eine gespenstische Szene: „Es war still. Einfach nur still“, erinnert sich der Feuerwehrmann. „Menschen kamen mir aus der Fußgängerunterführung entgegen. Sie waren zum Teil nur halb bekleidet.“ Einer habe nur ein Unterhemd getragen, andere hätten keine Schuhe angehabt.

Gespenstische Stille

„Diese Menschen waren tief geschockt, liefen mit ihrem Gepäck in der Hand starr auf uns zu. Sie setzen sich in Taxen und verschwanden“, berichtet Berg. Die Szene erscheine ihm heute, wie er sagt, wie ein Ausschnitt aus einem Horrorfilm der 70er Jahre. „Es war furchtbar.“

Als Peter Berg auf dem Bahnsteig ankam, bot sich ihm ein Bild der Zerstörung. Bretter des Bahnhofsdachs lagen herum, dahinter lagen die zerstörten Waggons des Zuges. „Und dann diese gespenstische Ruhe“, sagt er. „Wir mussten erst einmal tief durchatmen, um uns zu fassen.“ Dann begann der schwerste und bedrückendste Einsatz seiner Dienstzeit.

Die Rettungskräfte halfen den Verletzten aus den Trümmern. In der Gaststätte des Bahnhofsgebäudes wurde eine Sammelstelle für die Verletzten eingerichtet. Später wurde auch ein Zelt auf dem Fußweg zum Schloss Augustusburg aufgebaut. Dort wurden die Menschen medizinisch versorgt. „Es wurden immer mehr, die zu uns kamen“, erzählt Berg. Er selbst war in der Gaststätte im Einsatz.

Offene Brüche, schwere Kopfverletzungen, neun Tote

Nach den Anweisungen der Ärzte legten die Rettungskräfte Infusionen, stillten Blutungen, wo es nur ging. Berg: „Viele von ihnen mussten getragen werden, einige schrien vor Schmerz.“ Er sah offene Brüche und schwere Kopfverletzungen. Berg hält inne. „Das war psychisch und physisch wohl der schwerste Einsatz, den die Feuerwehr Brühl jemals hatte.“

Erst einige Stunden später, erzählt Berg weiter, konnten die Rettungskräfte zum ersten Mal in dieser Nacht durchatmen. Es war der Zeitpunkt, als der letzte Verletzte in eine Klinik gebracht worden war.

Ein spezieller Bergungskran wurde geordert, der die Waggons anhob. Es dämmerte bereits, als die unter den Waggons eingeklemmten Personen geborgen werden konnten. Es waren neun Menschen. Sie waren tot.

Peter Berg und die vielen Einsatzkräfte waren drei Tage im Dauereinsatz. „Ab und zu bin ich nach Hause gefahren, um mich auszuruhen“, berichtet er. „An Schlaf war allerdings nicht zu denken.“ Die Ereignisse hatten ihn derart aufgewühlt. „Man war wie überdreht.“ Auch heute noch denkt Peter Berg gelegentlich an die Ereignisse von damals. Verarbeitet seien sie aber allemal, sagt er. Vor allem die psychosoziale Unterstützung, die damals erstmalig angefordert worden war, habe den Einsatzkräften geholfen, die Erlebnisse zu verarbeiten.

Mehr als 300 Feuerwehrleute, 20 Notärzte und mehrere hundert Polizeibeamte und Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks waren beim Brühler Zugunglück im Einsatz.