Die Kuh war Anfang Dezember 2024 vor dem Schlachter geflohen. Im Januar konnten Tierschützer sie fangen und auf einen Gnadenhof bringen.
Vorm Schlachter geflohenAusgebüxte Kuh „Wilde Hilde“ brachte Kälbchen zur Welt

Am 3. Juli wurde auf dem Lebenshof 'Wilde Hilde' das Kälbchen Ludwig geboren. Die Mutter ist die entlaufene Kuh, die sechs Wochen im Wald bei Much überlebte. Sie wurde 'Wilde Hilde' genannt und auf dem Hof in Astrid umgetauft.
Copyright: Lebenshof Wilde Hilde
Doppeltes Happy End für die Kuh Hilde, die Anfang Dezember 2024 in Nümbrecht vor dem Schlachter floh und sechs Wochen lang in einem Waldgebiet bei Much untergetaucht war: Das Angusrind hat auf dem Gnadenhof, der es schließlich aufnahm, überraschend ein Kälbchen zur Welt gebracht.
Ein bisschen geahnt habe sie es schon, dass die fast schwarze Kuh in anderen Umständen sei, berichtet Hofleiterin Melanie Vogelei im Gespräch mit dieser Zeitung. Aber weil die Kuh, die ihren Spitznamen Wilde Hilde völlig zu Recht trage, niemanden an sich heranlasse, habe auch kein Tierarzt die Trächtigkeit bestätigen können.
Wilde Hilde war längst tragend, als sie vor dem Metzger floh
„Ich hatte die Vermutung, sie wurde ja immer runder“, erzählt Vogelei, die seit 2013 in Niedersachsen den Lebenshof betreibt, der Nutztieren ein Zuhause auf Lebenszeit garantiert. Auch für die Wilde Hilde aus Much: Lange hatten Tierschützer nach einem Gnadenhof gesucht, der das Tier aufnehmen konnte, das nach seiner Flucht zunächst bei der Tara Tierhilfe in Lohmar untergebracht worden war. Doch auch von dort lief Hilde weg - und wurde schließlich vom Lebenshof des gemeinnützigen Vereins „White Paw Organisation“ in Niedersachsen aufgenommen.
Bei ihrer Flucht vor dem Metzger war die etwa fünf Jahre alte Kuh also längst tragend: Neun Monate und zehn Tage dauert die Trächtigkeit bei Rindern. Hilde hatte mit einem beherzten Sprung über die hohe Absperrung die Flucht angetreten, während der Rest der Herde auf den Transporter verladen und zum Schlachthaus gefahren wurde. „Damit hat sie nicht nur ihr eigenes Leben, sondern auch das ihres ungeborenen Kälbchens gerettet“, sagt Melanie Vogelei vom Lebenshof.

Kälbchen Ludwig wird sein Leben lang auf dem Gnadenhof leben dürfen, verspricht dessen Leiterin. Ein Pate wird für das Kalb gesucht.
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Dort lebte sich das Rind dann schnell ein, das in den sechs Wochen, in denen es allein durch ein Waldgebiet zwischen den Mucher Ortsteilen Leuscherath und Herfterath streifte und sich immer wieder erfolgreich vor seinen Häschern versteckte, immer wilder wurde. 128 Rinder, elf Schweine, zwölf Schafe, zwei Ziegen, drei Pferde, 14 Gänse, sieben Hühner sowie Hunde leben auf dem Hof, der ausgerechnet „Wilde Hilde“ heißt. Er ist benannt nach einer der ersten Kühe, die der Verein rettete und die immer noch dort lebt. Und weil es, erläuterte Hofleiterin Melanie Vogelei, nur eine „Wilde Hilde“ geben könne, wurde der Neuzugang in Astrid umgetauft.
Nach Flucht vor Schlachter und sechs Wochen Überleben im Wald bei Much: Wilde Hilde und ihr Kalb haben eine Lebensstellung
„Sie ist wunderschön geworden, aber sie ist eigenwillig, auf ihre Sicherheit bedacht. Sehr misstrauisch, keine Kuschelkuh“, beschreibt Vogelei. Anfänglich habe Hilde sie sogar bedroht und war über die Gatter gesprungen, die die einzelnen Abteile für die Kuh-Gruppen voneinander trennt. Bis sie schließlich ein Grüppchen fand, in dem sie sich wohlfühlte und Vertrauen zur Hofleiterin fasste. Sie sei die einzige, die das Tier anfassen dürfe, berichtet Vogelei, die viel Erfahrung mit ungezähmten Rindviechern hat: „Wir haben noch andere Granaten, wir kriegen das hin. In den Herden, wo sie leben, sind die aber super.“ Die „Wilde Hilde“, jetzt Astrid, sei „total sozial“.
Mit einer anderen Kuh, die hochtragend war, stand sie im Stall und wurde selbst immer runder. Und als die Pfleger am Morgen des 3. Juli in den Stall kamen, sahen sie ein kleines, hellbraunes Bullenkälbchen im Stroh liegen. Ob die andere Kuh etwa schon gekalbt hatte? „Nein, unsere Astrid hatte ihn still und heimlich zur Welt gebracht“, erinnert sich Vogelei. Eine tolle Mutter sei sie, kümmere sich liebevoll um ihr Kälbchen. Aber: Die Kuh habe nicht ausreichend Milch, das Kälbchen, das auf den Namen Ludwig getauft wurde, werde daher von den Pflegern zugefüttert. „Wir haben extra Milch von einem anderen Bauern geholt!“

Obwohl das Kälbchen mit Fremdmilch zugefüttert wird, darf es weiter bei seiner Mutter trinken.
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Wird Ludwig aus der Box geholt und gefüttert, beobachte seine Mutter das ganz genau, beschreibt Vogelei. Er dürfe aber immer wieder zu ihr zurück: „In der Regel lassen wir Mutterkühe und ihre Kälber ein Leben lang zusammen. Es sei denn, die Mutter baut ab“, erzählt die Hofleiterin. Daher habe es durchaus ein Gutes, dass Ludwig zum Füttern aus dem Stall geholt werden müsse und sich so an Menschen gewöhnen könne: „Er soll nicht so wild werden wie Mutti!“