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„#Stolen Memory“ zur NS-Zeit in EitorfWie Nachfahren von Juden deren Besitz erhalten

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Bei der Eröffnung: (von links) Pfarrer Thomas Feldkamp, Lehrerin Doris Gottmann, Lea Schäfer (Arolsen Archives) und Bürgermeister Rainer Viehof.

Eitorf – Wenn der letzte Besitz, den ein Häftling bei seiner Ankunft im Konzentrationslager der Nationalsozialisten abgeben musste, nach Jahrzehnten an den rechtmäßigen Eigentümer oder an die Nachfolger zurückgegeben werden kann, kommt das einem Wunder gleich. Auf dem Eitorfer Marktplatz ist in den kommenden 14 Tagen in einem aufklappbaren Übersee-Container die Open-Air-Wanderausstellung „#Stolen Memory“ zu sehen.

Lehrerin ergriff Initiative

In deren Mittelpunkt stehen bereits erfolgte Rückgaben von solchen „Effekten“ sowie die weitere Suche nach den rechtmäßigen Eigentümern oder deren Familien.

Die Geschichtslehrerin Doris Gottmann von der Sekundarschule Eitorf war auf diese Kampagne der internationalen Arolsen Archives (englisch ausgesprochen) aus dem hessischen Bad Arolsen aufmerksam geworden und hatte die Initiative ergriffen, sie nach Eitorf zu holen.

„Wir freuen uns, dass insbesondere die Schüler in der Region über die zweiwöchige Aktion in dieses sehr bewegende Thema eingeführt werden“, sagte Thomas Feldkamp vom Kulturbüro der Gemeinde, der die Ausstellung betreut. Wichtig sei es, in Zeiten von Fake News wissenschaftliche Arbeit kennenzulernen, betonte Gottmann bei der Eröffnung.

Eingeteilt ist die Ausstellung in die Felder „Gesucht“ und „Gefunden“. Erzählt wird vom Schicksal von zehn NS-Verfolgten. Mit dem Smartphone können die Besucher über QR-Codes Videoporträts aufrufen, in denen Angehörige zu Wort kommen.

Joop Will hat den Abschiedsbrief seines Vater erhalten – nach 70 Jahren

Joop Will berichtet in einem solchen Video vom bewegenden Moment, als er 70 Jahre nach dem Tod seines Vaters dessen Abschiedsbrief an seine Familie und ein kleines Album mit Familienfotos zurückerhielt: „Jetzt wissen wir, dass er Abschied von uns genommen hat.“ Unter „Gesucht“ werden Effekten gezeigt, die noch auf ihre Rückgabe warten.

Lea Schäfer von den Arolsen Archives führte in die Ausstellung ein. Durch Digitalisierung kann jeder die Arbeit des Archivs unterstützen und sich auf Spurensuche nach den Verfolgten und deren Familien begeben. 600 Umschläge konnten so bereits an Familien zurückgegeben werden.

2500 Umschläge in den Archiven

Aber noch immer befinden sich 2500 Umschläge in den Archiven. Sie enthalten Taschen- und Armbanduhren, Ringe, Brieftaschen, Familienfotos und Alltägliches, oft das einzige Erinnerungsstück an einen geliebten Menschen. Die Gegenstände stammen von Menschen aus mehr als 30 Ländern, die meisten stammen aus dem KZ Neuengamme (Hamburg).

Das persönliche Eigentum war von der SS unter dem Namen der Häftlinge in „Effektenkammern“ eingelagert worden.

Die Ausstellung ist bis Mittwoch, 2. November, montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr auf dem Marktplatz in Eitorf zu sehen.

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