Pogrom„Wir schauen auf unser Land, und der Hals wird eng“ – Mahnende Worte bei Gedenkfeiern in Hennef

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Auf dem jüdischen Friedhof verlas Pastor Christoph Jansen die Namen der deportierten Juden.

Auf dem jüdischen Friedhof verlas Pastor Christoph Jansen die Namen der deportierten Juden.

Häuser würden beschmiert, jüdische Mitbürger schlössen ihre Geschäfte aus Angst, Brandsätze flögen auf Synagogen – „genauso wie vor 85 Jahren“.

Bertel Dornbusch, elf Jahre. David Dornbusch, 72 Jahre. Heinz Dornbusch, sechs Jahre. Die Kerzen flackerten in der Dämmerung auf dem jüdischen Friedhof an der Hermann-Levy-Straße in Hennef-Geistingen, als die Namen der jüdischen Bürgerinnen und Bürger Hennefs verlesen wurden, die in den Jahren von 1936 bis 1945 vertrieben, deportiert und zumeist ermordet wurden. „Diese Menschen hätten hier auf dem Friedhof beerdigt werden sollen, aber sie haben kein Grab“, sagte Pastor Christoph Jansen vom Seelsorgebereich Hennef-Ost.

Die Namen stehen auch auf dem Windschutz der Kerzen, die nach der Gedenkstunde in der Kirche St. Martin entzündet wurden, im Gedenken an die Mitglieder der jüdischen Gemeinde, „denen ihr Recht, ihr Leben genommen wurde“, so Jansen.

Pogrom-Gedenken: In diesem Jahr richtet sich der Blick in Hennef auf die Gegenwart

Mit dem „Gang des Gedenkens“ erinnerte der Ökumenekreis an den 10. November 1938, als die Geistinger Synagoge angezündet wurde, weit mehr als 100 Menschen kamen. Weil die Gedenkstätte am Standort der zerstörten Synagoge aber derzeit saniert wird, führte der Gedenkweg dieses Jahr zum 1860 gegründeten jüdischen Friedhof, der heute unter Denkmalschutz steht.

Ums Erinnern ging es an diesem Tag, 85 Jahre, nachdem Hennefer Bürger keine 200 Meter von der Kirche entfernt die Geistinger Synagoge niederbrannten und jüdisches Leben auslöschen wollten. Aber es ging auch um die Gegenwart, um den Hass und die Gewalt gegen Juden, den Antisemitismus. „Daher werde auch nicht wie sonst an diesem Gedenktag Literatur verlesen“, erläuterte Martin Pfeiffer.

Keinen Blick in die Geschichte gebe es wie sonst, „dieses Jahr schauen wir auf unser Land, und der Hals wird eng“. Häuser würden beschmiert, jüdische Mitbürger schlössen ihre Geschäfte aus Angst, Brandsätze flögen auf Synagogen – „genauso wie hier vor 85 Jahren“, so Pfeiffer. Der Ökumenekreis solidarisiere sich mit Israel, betonte Helga Haas.

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