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Sichtung in HüchelEin Wolf nähert sich den Gärten in Hennef – Bürger sind besorgt

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In Hennef-Hüchel ist mehrfach ein Wolf gesichtet worden, die Bürgerinnen und Bürger sind besorgt, weil er bis an die Grundstücke kommt.

In Hennef-Hüchel ist mehrfach ein Wolf gesichtet worden, die Bürgerinnen und Bürger sind besorgt, weil er bis an die Grundstücke kommt.

Mehrere Bewohnerinnen und Bewohner aus Hennef-Hüchel haben seit dem vergangenen Wochenende mehrfach einen Wolf gesichtet.

Ganz gelassen trabt das Tier, mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Wolf, durch das hohe Gras, richtet den Blick ab und zu auf Ralph Nack. Von seinem Grundstück in Hennef-Hüchel aus hat er die Aufnahmen gemacht, keine 50 Meter entfernt von seinem Garten. Es ist eine von mehreren Sichtungen, die Bewohnerinnen und Bewohner des kleinen Dorfs bei Uckerath seit Sonntag gemacht haben.

Die erste Beobachtung gab es gegen 8.30 Uhr. Kurz darauf fuhr die Tochter von Jörg Schragmann mit ihrem Auto über die Felder und sah den Wolf. Geistesgegenwärtig schoss sie ein paar gestochen scharfe Bilder von ihm. Er blieb mitten auf dem Feld aufrecht sitzen und schaute sie an. Ebenfalls am Sonntag war Julia Paech im Vorgarten, Tochter Frieda sprang auf dem Trampolin. Ihr Haus steht am Ortseingang von Hüchel.

Das ist schon krass, dass er in die Gärten geht.
Christoph Antz, Bewohner von Hüchel über den Wolf

Der Wolf schnürte auf das Nachbargrundstück, lief ein Stück über die Straße und überquerte sie schließlich. „Das ist schon krass, dass er in die Gärten geht“, sagt Christoph Antz im Gespräch mit dieser Zeitung, „das ist ein Riesenproblem.“ Für die Kinder des Dorfes waren die Felder und Wälder ringsherum immer der riesige Abenteuerspielplatz. Das dürfte jetzt erstmal vorbei sein.

Uwe Schäfer und Annette Küpper machen sich konkrete Sorgen: Sie halten sechs Alpakas auf ihrem Finkenhof. Gerade sind sie geschoren worden, wirken nicht mehr so groß. Auf der Weide lassen die Halter sie nicht mehr grasen. Die grenzt fast direkt an die Wiese, auf der Nack sein Video gedreht hat. Er war mit seinem Auto die Straße Richtung Derenbach hinuntergefahren. Dabei traf er eine Joggerin mit einem Yorkshire-Terrier, die sich mit einem langen Stock bewaffnet hatte. Auch sie hatte das Tier gesehen.

Ralph Nack, Uwe Schäfer, Helga Bergerhausen, Annette Küpper und Christoph Antz sorgen sich um die Sicherheit von Tieren und Kindern.

Ralph Nack, Uwe Schäfer, Helga Bergerhausen, Annette Küpper und Christoph Antz sorgen sich um die Sicherheit von Tieren und Kindern.

Küpper und Schäfer haben sich direkt beim Landesamt für Natur, Umwelt und Klima (Lanuk) gemeldet. Ihr 1,40 Meter hoher Zaun wird nicht ausreichen. Sie haben die Zusicherung für eine Herdenschutzberatung bekommen. „Wir sind keine Wolfsfeinde, aber das muss reguliert werden“, meint Schäfer. „Das Verhalten der Wölfe ändert sich, sie merken, dass ihnen nichts passiert.“

Antz ist Hundehalter, seinen Eurasier Aneko hält er jetzt immer an der zehn Meter langen Schleppleine. Früher hat er ihn auch schon mal frei laufen lassen. „Welche Gefahr besteht, wenn plötzlich ein Wolf aus dem Gebüsch auftaucht?“, fragt er sich. Er erinnert sich an eine Situation, die drei oder vier Wochen zurück liegt: „Mein Hund hat an der Daubenschlade etwas aufgeschreckt, er knurrte sehr laut, in einer ganz anderen Tonqualität, als ich das von anderen Hunden kenne.“

Die jüngste Sichtung war am Mittwochmorgen gegen 8.30 Uhr

Auch Nack hält seinen kleinen Hund jetzt auf dem Grundstück, das ohne Zaun an die Wiese grenzt, über die der Wolf geschritten war. Eigentlich war das die Spielwiese. Am Montag gab es weitere Sichtungen, am Anfang von Hollebusch, die letzte am Mittwoch zwischen Hüchel-Unterdorf und Zumhof, um 8.30 Uhr. „Ich finde es beunruhigend, dass er sich im Dorf und rundherum aufhält“, sagt Brigitte Ewen, Antz' Partnerin.

Auch städtebaulich werden die Beobachtungen wohl Folgen haben. „Es gab eine Diskussion um einen Spielplatz an der Ecke Rotkäppchen-/Sterntaler Weg, auf freiem Feld“, so Antz, „das wird wohl jetzt begraben. Da gibt es jetzt keine Akzeptanz mehr.“ Sein Nachbar Schäfer sinniert: „Die Aussage, der Wolf ist menschenscheu, galt vor einem Jahr, jetzt stimmt das nicht mehr.“

Simon Darscheid, Schafzüchter und Bezirksvorsitzender der Schafzüchtervereinigung Bergisches Land, ist auf dem Laufenden. Bei ihm kommen nahezu alle Sichtungen an. „Das ist ein Wolf“, ist er sicher, „ich glaube aber nicht, dass er zum Leuscheider Rudel gehört.“ Er bewege sich an der bisher bekannt gewordenen Grenze des Reviers dieser Gruppe. Möglicherweise ist es ein Rüde aus einem niedersächsischen Rudel, der in Königswinter-Eisbach, Solingen und Belgien im vergangenen Jahr für Risse verantwortlich war.

„Mir wäre wichtig, dass wieder alle Sichtungen, Risse und gegebenenfalls auch gefundene Losungen gemeldet werden“, wünscht er sich. „Dass die Tiere nachts näher an Häuser kommen, wissen wir – tagsüber, das ist neu.“ Nordrhein-Westfalen sieht er nicht gut aufgestellt. „Das ist schlechter geworden, NRW ist, was den Wolf angeht, das schlechteste Bundesland.“ So sind die letzten Nutztierrisse am 7. März in die Liste des Lanuk eingetragen, er weiß indes von einigen späteren.

Simon Darscheid vermutet, dass das Tier nicht oder nicht mehr zum Leuscheider Rudel gehört.

Simon Darscheid vermutet, dass das Tier nicht oder nicht mehr zum Leuscheider Rudel gehört.

„Die, die Schafe reißen, müssen weg“, macht er seine Haltung deutlich. „Irgendwann musst du den Wölfen wieder eine Scheu beibringen.“ Er wünsche sich eine verträgliche Lösung, sehe aber nur Pro-Wolf-Maßnahmen. „Die Sorge bei den Nutztierhaltern ist im Moment groß. Vielleicht ändert sich doch schneller etwas als gedacht.“

Das Europäische Parlament hat den Schutzstatus des Wolfes nämlich geändert, von „streng geschützt“ auf „geschützt“. Diese kleine Änderung kann erhebliche Wirkung im Wolfsmanagement entfalten. Die Länder können Maßnahmen ergreifen, um das Zusammenleben von Mensch und Wolf zu verbessern, auch regionale Besonderheiten sind möglich. Sie können allerdings auch den strengeren Schutz beibehalten.