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3D-DruckerLohmarer Firma fertigt Gussformen aus Edelstahl

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Produktionsleiter Philipp Ginkel mit einem Werkzeug aus dem 3D-Drucker.

Lohmar – Diese Werkzeuge sind aus Staub gemacht. Schicht für Schicht wächst aus dem Edelstahlpulver im 3D-Drucker eine Gussform: Die Firma Overath SLM GmbH belegt mit ihrer selbst entwickelten Technik nicht nur einen Spitzenplatz in Deutschland, sie ist auch beim Klimaschutz vorn. Dafür erhielt der Betrieb aus Scheiderhöhe eine Förderung des Landes-Umweltministeriums in Höhe von 723.000 Euro.

Philipp Ginkel schlüpft in die langen, schwarzen Gummi-Ärmel, streckt seine Hände durch zwei Öffnungen in die Reinkammer des riesigen 3D-Druckers, greift nach dem Pinsel und säubert das  Werkzeug. Durch das Plexiglas sind seine  Handgriffe  zu sehen.

Laserschmelztechnik entwickelt

Der Produktionsleiter kennt die Maschine wie kaum ein anderer. 2012 hat er, damals Student an der FH Aachen, mit zwei Kommilitonen die Laserschmelztechnik im 3D-Druck in einem Projekt mit Overath entwickelt.  Das Ziel: Ressourcen effektiver einsetzen, Energie und Material sparen. Overath stellte die Maschinenbauingenieure  ein, die SLM GmbH wurde ausgegründet, hat  heute zehn Beschäftigte, Tendenz steigend. Ginkel, 35, sucht  aktuell Werkzeugmacher und CNC-Fräser. 

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Reinkammer: Der Bediener schlüpft außen in die langen Gummihandschuhe um im Innern des 3D-Druckers das Werkzeug von Edelstahlstaub zu befreien.

Um CO2 zu sparen, reicht es nicht, nur beim Verkehr anzusetzen oder beim Energieverbrauch privater Haushalte. Ein Fünftel der Treibhausgase in Deutschland produziert die Industrie. 2,4 Millionen Euro hat die Overath SLM in die Fertigung investiert – jeder der beiden 3D-Drucker kostet allein etwa eine Million Euro –, Voraussetzung für den Förderantrag. Unterm Strich stehen 65 bis 80 Prozent weniger Material und Energieverbrauch, was rund 65 bis 80 Prozent weniger Treibhausgasausstoß bedeute, erklärt der Maschinenbauingenieur. 

Gerät spart Energie und Wasser

Dabei kommt es – erster Punkt – aufs Material für die Gussformen an, in denen aus kleinen EPP-Kügelchen zum Beispiel Kopfstützen für die Autoindustrie  werden, Massagebälle und -rollen und Isolierbehälter, Produkte der Mutterfirma Overath GmbH (siehe „Von der Holzwolle zur Iso-Box“).  Die Formen wurden früher aus einem Aluminiumblock herausgefräst, die Aluherstellung verbraucht extrem viel Energie. Nur acht Kilogramm wiegt ein Edelstahldruck-Erzeugnis, ein Bruchteil des früheren.

Zweiter Punkt: die Konstruktion. Durch schmale Dampfkammern kann das Werkzeug wesentlich schneller erhitzt und wieder abgekühlt werden, was Energie und Wasser spart. „War die Form früher nach einer Minute kalt, sind es nun drei Sekunden“, erklärt Ginkel.

Von der Holzwolle zur Iso-Box

Die Overath GmbH produzierte bis Anfang der 80er Jahre Holzwolle. Als Udo Overath den elterlichen Betrieb in Donrath übernahm, baute er ihn in drei Jahren zum führenden Anbieter von Mehrwegverpackungen aus PE-Schaumstoffen um. Das wohl bekannteste Produkt ist die Isolierbox für Gastronomen, weiterentwickelt zur Flip-Box.  Der Betrieb zog auf das alte ASB-Grundstück in Scheiderhöhe um.

Insgesamt hat die Overath-Gruppe, zu der auch das Werk in Oebisfelde (Sachsen-Anhalt) gehört, 150 Beschäftigte, in Lohmar sind es 70. (coh)

Dritter Punkt: die Wirtschaftlichkeit, der Ausstoß wurde verdoppelt. Doch die Maschine zu programmieren und zu bedienen sei nicht ohne. Sechs Jahre dauerte es bis zur Serienreife. Der 3D-Druck ist sehenswert: Das Edelstahlpulver fließt wie Wasser auf die Platte in 0,05 Millimeter dünnen Schichten. Der Laser schreibt ins Pulverbett seine Spur. War bei den alten Produkten noch erkennbar, dass sie aus Kunststoffkügelchen  bestehen, entstehen nun makellose, designte Oberflächen mit Lederstruktur, mit Holzmaserung, mit Hologrammen, was bei den Auftraggebern gut ankomme. 

Hersteller geben Richtung vor

Die Autoindustrie sei ein wichtiger Kunde. Etwa 200 EPP-Teile steckten in jedem Fahrzeug: „Das Material ist recyclingfähig, sehr leicht, geräuschdämmend und brennt nicht.“ Die großen Hersteller gäben zunehmend die Richtung vor – auch beim Thema Umweltschutz, erzählt Philipp Ginkel. Nicht nur die direkten Zulieferer, sondern auch deren Zulieferer müssten in naher Zukunft klimaneutral produzieren.  „Da sind wir auf einem guten Weg.“