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Hauptjob KantineLohmarer Spitzenkoch kommt mit dem Dinner zu den Kunden nach Hause

Lesezeit 4 Minuten
Platz ist in der kleinsten Küche: Koen Arts, der schon in Kölner Sternerestaurants kochte, bietet Menüs in Privathäusern an.

Platz ist in der kleinsten Küche: Koen Arts, der schon in Sternerestaurants kochte, bietet Menüs in Privathäusern an.

Die Sterneküche: zu aufreibend. Die Kantine: zu wenig herausfordernd. Der Lohmarer Spitzenkoch Koen Aarts kommt deshalb zu den Kunden nach Hause.

Mit kleinen Kindern schön essen zu gehen, das kann Stress bedeuten für die Eltern, den Nachwuchs oder andere Gäste im Lokal. Der junge Familienvater Koen Arts kennt die Probleme von allen Seiten. Der Spitzenkoch aus Lohmar hat jahrelang in Kölner Sternerestaurants gearbeitet. Jetzt bietet er an, bei seinen Kunden daheim aufzutischen. Nebenberuflich. Seine Brötchen verdient er seit einiger Zeit in einer Kantine.

Platz ist in der kleinsten Küche, das weiß der 39-Jährige. Notfalls bringt er zusätzliche, transportable Arbeits- und Ablageflächen mit. Er koche frisch, nur aufwendige Speisen bereite er am eigenen Herd vor: „Eine Soße lässt sich nicht in einer halben Stunde zusammenrühren.“ Sein Equipment – Messer, Reiben, Töpfe – transportiert er im Kofferraum seines Pkw. Auch für Geschirr, Besteck und Tischdeko sorgt der Koch.  

Der Lohmarer wechselte von der Spitzengastronomie in die Kantine

Sein Konzept „Zu Hause – zu Gast“ soll einerseits für entspannten Genuss sorgen, andererseits mehr Spannung in sein eigenes Leben bringen. Denn die Arbeit in einer Betriebskantine war nach herausfordernden Jahren doch ein Bruch mit der gehobenen Gastronomie. Fünf Jahren arbeitete er in den Kölner Sternerestaurants La Société und Lärchenhof, machte eine Fortbildung zum Konditormeister und war einige Jahre als Küchenchef im Kölner Hotel Pullman und im traditionsreichen Aachener Café Lammerskötter tätig.

Die Familie habe nach dem Wechsel aufgeatmet. Ein Beispiel: Als oberster Patissier habe er mal in seiner Freizeit sieben Rhabarber-Dessert-Rezepte austüfteln sollen. Ergebnis: Keines schmeckte dem Chef. „Und dafür habe ich ein ganzes Wochenende investiert.“ Seine Frau, die als Lehrerin arbeitet, habe ihm irgendwann die rote Karte gezeigt und ihn an seine familiären Pflichten erinnert: „Hier ist kein Hotel.“  

Bei privaten Kochevents mit Freunden und Familie erlebte er, wie angenehm ein Dinner daheim für eine kleinere Gesellschaft sein kann. „Die Kinder spielten im Wohnzimmer, und die Gäste mussten sich aufgrund der Wohnortnähe keine Gedanken über den Hin- und Rückweg oder über Parkgebühren machen.“ Auch die Gastgeber könnten sich zurücklehnen: Koen Aarts hinterlässt die Küche picobello sauber. 

Koch beantragte bei der Stadt Lohmar einen Reisegewerbeschein

Die Idee für den Nebenjob war geboren. Doch zunächst mussten die Formalitäten mit den Behörden, der Stadt und dem Finanzamt, geklärt sein. Nun hat der Lohmarer einen Reisegewerbeschein, und er bewirbt seinen Service in den sozialen Medien.   

In Absprache mit den Kunden erarbeite er drei Menüvorschläge, gehe selbstverständlich auf Allergien und Unverträglichkeiten ein. Er kaufe die Zutaten, achte dabei auf Regionalität und Saison („kein Spargel im Winter, keine Erdbeeren zu Weihnachten“). Sechs Personen ist die Mindestanzahl, sonst lohne sich der Aufwand nicht. Maximal koche er für 25 Gäste. 

Hochzeit, Kommunion oder Taufe seien Anlässe, aber auch „ein toller Abend mit Freunden oder kleinen Firmenfeiern in angemieteten Räumen“, sagt der zweifache Vater. Fine Dining gibt es nicht zum Schnäppchenpreis, die Kunden müssen mit Kosten von 75 bis 95 Euro pro Person rechnen für drei bis vier Gänge. Vegetarisch sei natürlich günstiger als Rinderfilet oder Fisch.      

Koen Aarts denkt schon weiter in die Zukunft. Laufe die Selbstständigkeit gut an, würde er gern auch eine Weinbegleitung anbieten. Nicht nur ausschenken, sondern etwas dazu erzählen. Eine besondere Stimmung zu zaubern, das sei sein Ziel. Essen könne Emotionen transportieren und schnell das Eis brechen. Wie ein Schwarzwälder-Kirsch-Dessert im Weckglas als Reminiszenz an die Lieblingstorte der Kindheit: „Das fand die Frau ganz toll.“ 

Das Auge isst mit: Der Lohmarer Koch ist auch Konditormeister und zaubert kunstvolle Kreationen.

Das Auge isst mit: Der Lohmarer Koch ist auch Konditormeister und zaubert kunstvolle Kreationen.

Zum Schluss erzählt der Niederländer eine Anekdote von einer skurrilen Vorspeise, die als Überraschung bei einer privaten Hochzeitsfeier serviert wurde: Matjes, Zwiebeln, Milchbrötchen und Biersauce. Diese Kombi erntete Stirnrunzeln und Gelächter – und weckte beim Brautpaar und den engsten Freunden Erinnerungen an eine lange zurückliegende Feier in Renesse.

„Es war 1997, die Jugendlichen hatten in den Dünen genächtigt und morgens Hunger.“ Zum Frühstück kramte jeder heraus, was er in der Tasche hatte. Es schmeckte unvergleichlich. Auch mehr als 20 Jahre später.     

Sein Lieblingsgericht der Kindheit? Der holländische „Boorenstamp mit Rookworst“, das Pendant zum norddeutschen Grünkohl mit Mettwurst.