Nach den Engpässen während der Corona-Pandemie hat sich der Fahrradmarkt im Rhein-Sieg-Kreis gewandelt. Wie bewerten Händler die Situation?
Viele RabattaktionenVolle Lager folgen auf Corona-Boom bei Fahrradhändlern in Rhein-Sieg

Preisvorteile bei Fahrrädern können derzeit an die Kunden weitergegeben werden. (Symbolbild)
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„Kommt Zeit, kommt (hoffentlich bald) Rad“ war in den vergangenen zwei Jahren für all diejenigen das Motto, die auf ein neues Fahrrad vom Händler warteten. Der „Corona-Boom“, Lieferengpässe und Produktionsstopps sorgten für lange Wartezeiten bei den Fahrradläden. Jetzt stehen die „Corona-Räder“ in den Lagern, die Auswahl ist groß.
„Die Lieferkettenprobleme aufgrund der Corona-Pandemie gehören beim Fahrradhandel der Vergangenheit an“, so Burkhard Stork, Geschäftsführer des Zweirad-Industrie-Verbandes (ZIV). Die Lager bei den Herstellern und Händlern seien gut gefüllt. Die Zeit der ebenfalls pandemiebedingt hohen Kosten in der Vorproduktion für Rohstoffe, Teile und Transport sei vorbei, Preisvorteile könnten an die Kunden weitergegeben werden. „Jetzt ist genau der richtige Moment, sich ein neues Fahrrad oder E-Bike zu kaufen“, betont Burkhard Stork. Was sagen die Händler vor Ort?
Bei XXL Feld in Sankt Augustin gibt es lange Lieferzeiten bei E-Bikes
„Ein Überangebot von Rädern“ sieht Peter Feld, Inhaber von XXL Feld in Sankt Augustin, zurzeit nicht. „Während der Coronazeit hat es Lieferunterbrechungen gegeben. Nun ist die Produktion wieder angelaufen. Die bestellten Räder werden ausgeliefert an den Händler“, erklärt er auf Nachfrage der Redaktion.
Das könne dazu führen, dass im Bereich der Mountainbikes ohne E-Motor zurzeit die Lager gut gefüllt sind. Die Engpässe aus der Corona-Zeit seien damit beseitigt. Je nach Nachfrage könne es aber zu Rabattaktionen in Höhe von bis zu 20 Prozent kommen. Das gelte jedoch nicht für Räder mit E-Antrieb, dort gebe es noch immer „Lieferzeiten von sechs bis neun Monaten.“ Die Nachfrage sei nach wie vor groß.
Borens in Siegburg erklärt die Rabattaktionen auf 2021er-Modelle
Das bestätigt auch Qassim Chohan, Filialleiter von Borens in Siegburg. „Von einem Überangebot kann nicht geredet werden.“ Dass die bestellten Modelle aus 2021 nun rabattiert werden, liege auch daran, dass es von den Herstellern inzwischen eine Preiserhöhung auch für diese Modelle gegeben habe. „Wir haben unsere Kalkulation aber für den Preis aus dem Jahr 2021 gemacht und können damit unter dem aktuell empfohlenen Verkaufspreis bleiben.“
Söndgerath in Niederkassel erwartet Rückgang bei normalen Rädern
„Wir kriegen gerade die Ware aus zwei Jahren“, berichtet Dennis Kordt, Inhaber des Radstudios Söndgerath in Niederkassel. Glücklicherweise habe er im vergangenen Jahr eine neue Lagerfläche dazubekommen, daher sei fehlender Platz derzeit kein Problem. Und auch die Nachfrage sei weiterhin da: „Noch sieht es gut aus“, sagt Kordt. Dabei unterscheide sich der Absatz von E-Bikes und „normalen“ Fahrrädern durchaus.
„Im normalen Segment erwarten wir einen Rückgang von knapp 15 Prozent – den wir aber mit einem gestiegenen Absatz bei den E-Bikes kompensieren wollen.“ Sorge, auf den Rädern sitzen zu bleiben, hat Kordt derzeit nicht. Vielmehr sieht er Vorteile für die Kunden: „Die Auswahl ist super, wir finden gerade für jeden Geschmack das passende Fahrrad.“
Mit Blick auf den deutschen Fahrrad- und E-Bike Markt sieht der ZIV große Potenziale. So lag der durchschnittliche Verkaufspreis im Jahr 2022 bei 500 Euro für ein Fahrrad und 2800 Euro für ein E-Bike. „Wenn man sich die Preisentwicklungen anschaut, dann ist es nicht einfach so, dass E-Bikes immer teurer würden. Ganz im Gegenteil, man bekommt heute viel mehr Rad fürs Geld“, betont Burkhard Stork. Gleichzeitig hätten sich auch die Ansprüche verändert. Kunden wünschten sich heute höherwertige Komponenten, beispielsweise bei Schaltung, Bremsen, Reifen und Beleuchtung. Auch ein starker Akku und ein gutes Design sind bei den Kunden gefragt.
Wave-Bikes in Hennef-Stoßdorf spürt die nachlassende Nachfrage
Waldemar Fischer von Wave-Bikes in Hennef-Stoßdorf erinnert sich daran, dass im vergangenen Jahr die Nachfrage größer war als das Angebot. „Die Ware kam nicht. Was geliefert werden sollte, hat sich gestaut. Im November und Dezember 2022 wurde dann sehr viel geliefert. Das mussten wir abnehmen“, sagt Waldemar Fischer, der mit seinen Brüdern Alex und Valentin (daher heißt es eigentlich WAVe, das e für E-Bikes) das Geschäft vor einigen Jahren übernommen hat.

Waldemar Fischer verkauft und repariert mit seinen Brüdern Alex und Viktor in Hennef-Stoßdorf Fahrräder.
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Die Nachfrage ist geringer geworden. „Vermutlich, weil die Leute wegfahren können. Da werden zwei Jahre Urlaub nachgeholt. Das erzählen uns zumindest Kunden“, berichtet Waldemar Fischer. Im Verkauf sind die Pedelecs inzwischen ganz weit vorn, machen 90 bis 95 Prozent aus. Und davon wiederum gehen 65 bis 70 Prozent aufs Jobrad oder ähnliche Leasingangebote.
„Wir müssen die Preise reduzieren. Die Kunden vergleichen sehr viel mehr als früher. Rabatte hatten wir zwar schon immer, aber nicht so wie jetzt.“ Ungebrochen allerdings ist der Betrieb in der Werkstatt. „Die Werkstatt ist immer voll.“