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„Enormer Integrationswille“Sankt Augustins Bürgermeister will Abschiebung von Abdou Diallo verhindern

Lesezeit 4 Minuten
Abdou Diallo mit Moritz Pesch, der die Petition gestartet hat.

Abdou Diallo mit Moritz Pesch, der die Petition gestartet hat.

Die Petition für ein Bleiberecht für den Senegalesen, der in Sankt Augustin Birlinghoven Fußball spielt, hat schon über 32.000 Unterschriften.

Mehr als 32.000 Menschen haben inzwischen die Petition unterschrieben, die sich für ein Bleiberecht von Abdou Diallo einsetzt. Der 26-Jährige aus dem Senegal lebt in Sankt Augustin, spielt in Birlinghoven Fußball und hat eine Arbeitsstelle. Trotzdem soll er abgeschoben werden, seine Duldung läuft Anfang Juni aus. Seine Mitspieler vom SV Birlinghoven haben deswegen eine Petition gestartet.

Zum Kreis der Fürsprecher zählt nun auch Sankt Augustins Bürgermeister Max Leitterstorf. Birlinghovens Ortsvorsteher Hansjörg Kuhl, der zugleich Abdou Diallos Bevollmächtigter ist, hatte ihn in dessen Umfeld eingeladen, um einen persönlichen Eindruck rund um die drohende Abschiebung gewinnen zu können. Daraufhin traf sich Leitterstorf mit Diallo, dessen Arbeitgebern und den Kickern des Kreisligisten.

Sankt Augustins Bürgermeister Max Leitterstorf wünscht sich für Diallo „eine klare Perspektive in Deutschland“

Leitterstorf erklärte, dass irreguläre Migration grundsätzlich deutlich begrenzt werden müsse. „Als Bürgermeister einer mittleren kreisangehörigen Stadt sehe ich die enormen Herausforderungen, die rund um die Migration der letzten zehn Jahre entstanden sind. Dazu gehören die finanzielle Belastung der Kommunen, die Schwierigkeiten, Flächen und Gebäude zur Unterbringung bereitzustellen, und die Gefahr der gesellschaftlichen Spaltung“, erklärte Leitterstorf. Viele Städte seien bei der Unterbringung und Integration an der Grenze dessen, was möglich sei.

Diese Position dürfe jedoch nicht den Blick auf den einzelnen Menschen verstellen. „Im Gespräch habe ich aus erster Hand und sehr glaubwürdig viele verschiedene Aspekte über das Leben von Abdou Diallo erfahren. Erstens kann er sich bereits auf Deutsch verständigen und bemüht sich über die Maßen, im Alltag und in Unterrichtsstunden seine Deutschkenntnisse zu verbessern“, sagte Leitterstorf. „Mir wurde berichtet, dass er von Anfang an darum gebeten hat, nicht auf Englisch, sondern auf Deutsch, mit ihm zu reden, damit er möglichst schnell lernen könne.“

Derzeit arbeitet Abdou Diallo als Tankschutzmonteur.

Derzeit arbeitet Abdou Diallo als Tankschutzmonteur.

Seine Chefin bei der Firma Alta habe ihn zweitens „wie ein Familienmitglied“ ins Herz geschlossen und habe dabei betont, wie großartig er sich menschlich, aber auch als besonders zuverlässiger Mitarbeiter im Unternehmen eingefügt habe. „Drittens liegt nicht nur ein enormer Integrationswille, sondern bereits eine Integrationsleistung vor. Mitglieder des Fußballvereins haben mir berichtet, wie sich Abdou Diallo nicht nur beim Training und den Spielen, sondern auch abseits des Platzes einbringt.“

Auch wenn die Stadt nicht für Diallos Fall zuständig ist, bittet Leitterstorf die beteiligten Stellen um Prüfung, ob diese Punkte eine Härtefallregelung oder eine anders begründete Bleibeperspektive ermöglichen. „Ich bin der festen Überzeugung, dass es im Interesse nicht nur des Arbeitgebers und des Fußballvereins, sondern auch allgemein unserer Gesellschaft ist, wenn solche Musterbeispiele der Integration eine klare Perspektive in Deutschland haben.“

Abdou Diallo aus Sankt Augustin: Anerkennung des Asylrechts ist ausgeschlossen

Dass Abdou Diallo noch Aussicht auf Anerkennung seines Asylgesuchs hat, ist ausgeschlossen. Lioba Hebauer, Sprecherin des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) teilt mit, dass sein Asylantrag bereits im Dezember 2022 abgelehnt worden sei, und zwar, weil selbiges zuvor auch in Spanien geschehen war. „Ein weiteres Asylverfahren wäre nur möglich gewesen, wenn sich neue Erkenntnisse oder Elemente ergeben hätten, die für ein Schutzersuchen sprechen.“

Diallo habe erneut angeben, dass er im Senegal von Verwandten Gewalt erlebt habe und sein Onkel ihn mit dem Tode bedroht habe, was kein neues Asylverfahren rechtfertige. Angesichts der humanitären Lage und den Lebensverhältnissen im Senegal könne die Abschiebung nicht ausgesetzt werden.

Während das BAMF für die Asylverfahren zuständig ist, regelt das Land NRW das Aufenthaltsrecht, dass sich an das Asylverfahren anschließt. Ein Sprecher des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration teilt jedoch mit, dass man sich zu Einzelfällen grundsätzlich nicht äußere. „Bei der Frage, ob eine Beschäftigung erlaubt werden kann, müssen die Ausländerbehörden prüfen, ob ein Beschäftigungsverbot vorliegt. Dieses gilt insbesondere für Personen aus sogenannten sicheren Drittstaaten“, heißt es. Senegal zähle dazu.

Mit Blick auf den hohen Arbeits- und Fachkräftebedarf verfolge das Land Nordrhein-Westfalen grundsätzlich das Ziel, die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten zu unterstützen und zu erleichtern. Das Ministerium wünsche sich eine vollständige Abschaffung der Beschäftigungsverbote.

„Denn die Menschen, die zu uns kommen, wollen sich in den meisten Fällen hier eine Perspektive aufbauen und am Arbeitsmarkt teilhaben. Dafür ist es notwendig, auf allen Ebenen die bürokratischen Hürden abzubauen und eine schnelle Anerkennung und Integration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen.“ Hier sei aber der Bund gefragt.

„Wir haben nun den Petitionsausschuss des Landtags und die Härtefallkommission angerufen. Unser Ziel ist zunächst, die Duldung zu verlängern und mit dem in Aussicht stehenden Ausbildungsplatz gegebenfalls einen Aufenthaltstitel zu erreichen“, sagt Betreuer Hansjörg Kuhl. Für Abdou Diallo bedeutet das weitere Wochen in Unsicherheit.