Nach 38 JahrenRhein-Sieg-Kreis schließt Sprachheilkindergarten

Im Februar 2017 demonstrierten Eltern gegen die drohende Schließung des Sprachheilkindergartens.
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- Nach 38 Jahren wird der Sprachheulkindergarten in Siegburg geschlossen.
- Eltern und Kinder demonstrierten gegen die Schließung – ohne Erfolg.
- Zur Begründung der Schließung heißt es, dass Sonderkindergärten nicht mehr zeitgemäß seien.
Siegburg – Ein origineller wie sinniger Name hat schon bald nur noch Erinnerungswert. Die „Sprechdachse“, der Sprachheilkindergarten auf dem Brückberg, schließt Ende des Monats.
Das Aus nach fast 38 Jahren kommt nicht überraschend. Im Winter 2017 gab es bereits Überlegungen, die Einrichtung in Trägerschaft des Rhein-Sieg-Kreises aufzugeben. Anlass gab die angekündigte Änderung der Finanzierungsgrundlage durch den Landschaftsverband Rheinland, der rund 70 Prozent der Kosten trug und die „Sprechdachse“ als Auslaufmodell sah; zum einen, weil das Gebäude nicht den modernen Ansprüchen genügte, zum anderen, weil man – Stichwort Inklusion – auf die gemeinsame Betreuung von Kindern mit und ohne Handicap setzte.
Protest im Regen
Unter Regenschirmen protestierten damals Väter und Mütter, die sich zur „Elterninitiative zum Erhalt der Sprechdachse“ zusammengeschlossen hatten, mit ihrem Nachwuchs vor dem Kindergarten an der Arndtstraße. „Leider vergeblich“, stellt Sabine Nelles von der Initiative heute fest. Es gab nur einen Aufschub.
Einstimmig hatte sich der Kreistagsausschuss für Inklusion und Gesundheit im März 2017 dafür ausgesprochen, weitere drei Jahre stark sprachentwicklungsverzögerte oder sprachentwicklungsgestörte Kinder in der kreisweit einzigartigen Kita mit bis zu 24 Plätzen in zwei Gruppen zu betreuen. Im Dezember 2018 folgte im Kreistag dann gegen die Stimmen der SPD-Fraktion der Beschluss, die Trägerschaft im Sommer 2020 zu beenden.

Die lustigen Dachse am Eingang entsprechen nicht mehr der Stimmung in der Kita. Die Tage der „Sprechdachse“ sind gezählt.
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„Die Eltern der Kinder, die im Kindergarten betreut werden, sind regelmäßig darüber informiert worden, genauso wie die Eltern, die ihre Kinder seit Dezember 2018 neu angemeldet haben“, teilte Antonius Nolden von der Kreispressestelle gestern auf Anfrage mit. Für alle Kinder, die aktuell den Sprachheilkindergarten besuchten, sei eine Anschlussbetreuung sichergestellt. „Die Eltern haben in Absprache mit den Jugendämtern ihres Wohnorts und mit Unterstützung der Kindergartenleitung einen Platz in einer anderen Kita bekommen“, so Nolden. Ein Teil der Kinder wechsele in die Grundschule.
Konzeptionelle Aspekte
Bei der Entscheidungsfindung habe der Fokus nicht auf finanziellen, sondern auf konzeptionellen Gesichtspunkten gelegen: „Vor dem Hintergrund der UN-Behindertenrechtskonvention werden Sonderkindergärten im Allgemeinen als nicht mehr zeitgemäß angesehen. Kinder mit und ohne Förderbedarf sollen in Regel-Kindergärten gemeinsam betreut und gefördert werden und zwar dort, wo sie wohnen.“
Diese Form der Inklusion ist allerdings umstritten und wird sowohl von Mitarbeitern des heilpädagogischen Kindergartens als auch von betroffenen Eltern kritisiert. Eine Befürchtung ist, dass die Kinder in der „normalen“ Kita gehänselt werden könnten. „Eine Förderung, wie sie die Kinder bräuchten, werden sie nicht mehr erhalten“, sagt Sabine Nelles, die auch Nachteile für das Personal der „Sprechdachse“ sieht. Ein Teil der Mitarbeiter sei noch nicht richtig untergebracht oder werde nicht der Qualifikation entsprechend eingesetzt.