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„Ich war schockiert“Tierarzt ist bei Prozess in Siegburg erschüttert über verhungerten Hund

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Eine 44-Jährige soll ihren Chihuahua verhungern haben lassen. Der als Zeuge geladene Tierarzt zeugte sich erschüttert. Symbolfoto.

Eine 44-Jährige soll ihren Chihuahua verhungern haben lassen. Der als Zeuge geladene Tierarzt zeugte sich erschüttert. Symbolfoto.

Die 44-jährige Besitzerin musste sich vor dem Siegburger Amtsgericht verantworten. Die Strafe fiel härter aus als vom Staatsanwalt gefordert.

 „Seit 35 Jahren bin ich Facharzt für Kleintiermedizin, aber so etwas habe ich noch nie gesehen.“ Dr. Guido Wygand fand deutliche Worte. Vor Gericht stand eine Frau, die ihren Chihuahua vernachlässigt haben soll. Völlig abgemagert musste der apathische Hund vom Tierarzt eingeschläfert werden. „Der Sterbevorgang hatte schon eingesetzt, als das Tier zu mir in die Praxis gebracht wurde“, erinnert sich der Veterinärmediziner. „Ich war schockiert über den Zustand des völlig abgemagerten Hundes. Die Bilder von damals habe ich heute noch immer im Kopf.“ Deshalb machte er auch eine Meldung ans Kreisveterinäramt über den Vorfall.

So kam der Prozess vor dem Siegburger Amtsgericht wegen eines Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz ins Rollen. „Wer einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt, macht sich strafbar. Dazu gehört auch, dass man ein krankes Tier ärztlich behandeln lassen muss, um unnötige Schmerzen zu verhindern“, klärte Richterin Seda Ataer die 44-jährige Angeklagte auf.

Völlig verdreckt und mit Kot verschmiert in einer Kammer eingesperrt

Die war sich keiner Schuld bewusst und schilderte den Fall aus ihrer Sicht. Der Hündin Szyka hätte sie im Jahr 2014 in ihrer Heimat Polen das Leben gerettet. „Das Tier war bei einer alten Frau in einer Kammer eingesperrt.“ Völlig verdreckt und mit Kot verschmiert hätte der kleine Hund weder hören noch sehen können. Durch den fehlenden Auslauf sei er zudem bewegungsunfähig gewesen. „Nur 300 Gramm hat meine Szyka damals gewogen, als ich sie befreit hatte“, berichtete sie in ihrer Aussage. Liebevoll hätte sie den Hund bis auf 1300 Gramm Gewicht aufgepäppelt. Aufgrund seiner gesundheitlichen Schäden in der Jugend hätte das Tier nicht mehr zunehmen können. Die Hündin hätte zudem immer wenig gegessen.

Zusammen mit dem Vertreter der Staatsanwaltschaft, Patrick Franke, schauten sich Richterin und die Angeklagte noch einmal die Bilder der eingeschläferten Hündin an, die der Tierarzt gemacht hatte. „Es ist doch offensichtlich, dass das Tier über einen längeren Zeitraum hinweg vernachlässigt wurde“, so Ataer. Das bestätigt auch der Tierarzt, der als Zeuge aussagte. „So sieht ein Hund nicht aus, wenn er nur einige Tage krank ist. Die Vernachlässigung muss sich über einen längeren Zeitraum erstreckt haben.“

Die Haut der Hündin über den hervorstehenden Knochen hatte Druckgeschwüre gehabt

Die Haut über den hervorstehenden Knochen hätte Druckgeschwüre gehabt. Dekubitus nennen das die Mediziner. Es passiere selten, dass Tiere in einem schlechten Zustand seien, wenn sie eingeschläfert würden. Oft könne man in der Praxis nicht entscheiden, wie es dazu gekommen sei. Doch bei dem Chihuahua sei die Vernachlässigung offensichtlich gewesen, so der Arzt.

Die Angeklagte stritt dies ab und behauptete, die Hündin hätte noch am Morgen eine Schüssel Futter gefressen und Wasser getrunken. Dann sei es ihr schlecht gegangen, auf dem „Weg zum Tierarzt sei Szyka dann ohnmächtig geworden und in sich zusammengesackt.“

60 Tagessätze à 30 Euro forderte die Staatsanwaltschaft als Strafe. Richterin Ataer war das zu wenig. Sie verurteilte die Angeklagte zu 90 Tagessätzen à 30 Euro, also 2700 Euro.