Festtage mal andersVier Menschen aus dem Rhein-Sieg-Kreis, die am Fest arbeiten

Lesezeit 5 Minuten
Ein Polizist in Uniform steht an der geöffneten Tür eines Streifenwagens. Es ist Nacht.

Alexander Bermann (53), Dienstgruppenleiter der Polizei auf der Wache in Troisdorf, hat an Heilgabend Nachtdienst.

Während die meisten Menschen mit der Familie Weihnachten feiern, müssen andere arbeiten. Wir stellen vier mit unterschiedlichen Berufen vor. 

Die Finger auf der Tastatur, das Schreibblöckchen daneben, die Fotos vom Termin bereits ins System geladen; ein Auge auf dem Bereitschaftshandy, wo Feuerwehr und Polizei bei schweren Bränden oder Unfällen die Presse benachrichtigen: So verbringen Journalisten den Großteil der Weihnachtstage. Auch andere Menschen haben Dienst, wenn in den Wohnzimmern der Tannenbaum beleuchtet ist und das Festessen auf den Tisch kommt.

Was ist das Besondere an diesen Tagen zu arbeiten, wie fühlt es sich an, was ist vielleicht sogar schön? Das wollten wir von Menschen wissen, die ganz unterschiedliche Berufe haben und haben sie besucht.

Zorica Avenoso vom Restaurant Calabria in Siegburg arbeitet seit Jahren an den Festtagen 

Im „Calabria“ in Siegburg brummt es. Die langen Tafeln sind voll besetzt, Zorica Avenoso steht hinter der Theke und zapft schnell ein Bier, bevor die nächsten Bestellungen serviert werden. Zack-zack geht das, die Gäste lassen es sich gut gehen.

Eine Frau mit Brille, dunklem T-Shirt und Jacke lächelt. Im Hintergrund sitzen Menschen an Tischen und essen.

Zorica Avenoso (51), Chefin des Restaurants Calabria in Siegburg, arbeitet seit vielen Jahren an Weihnachten.

An den Festtagen arbeitet die 51-Jährige solange sie den Job macht, erzählt sie: 1992 stieg sie in die Gastronomie ein, machte sich 2003 mit dem italienischen Ristorante selbstständig. „Ich musste immer eine Betreuung für meine Tochter finden“, erinnert sie sich, denn ihr Mann steht als Koch in der Küche. „Ich konnte nie mit ihr feiern.“ Das sei schon hart gewesen.

Dafür erlebte sie, wie die Kinder der Stammgäste größer wurden. Manche kämen schon seit vielen Jahren. „Die Familien kommen jedes Jahr zu Weihnachten zu uns, ich sehe, wie die Kinder erwachsen werden. Manche haben sogar schon selber Kinder!“

Eine vertraute Geste kann sie sich dann einfach nicht verkneifen: Sie strubbelt den inzwischen Erwachsenen liebevoll durchs Haar. „Das habe ich doch immer gemacht“, sagt sie lachend.

Gianna Skroblin von Hof Huppenhardt in Much kümmert sich auch an Weihnachten um die Tiere

Schubkarren mit Mist stehen auf dem Hof und warten darauf, auf dem Misthaufen ausgeleert zu werden. Ballen von Einstreu stehen gestapelt vor dem Tor. Eine neugierige Ziege linst über den Zaun. Laut erschallt Weihnachtsmusik, „Last Christmas“ und „Jingle Bells“. Im Stalltrakt gackert ein Huhn und pickt Körnchen aus dem Stroh. Tierpflegerin Gianna Skroblin kehrt die Halme zusammen, das Huhn gackert lauter.

Ochs, Esel und jede Menge andere Tiere sind hier in den Ställen, und das nicht nur an diesem Heiligabend. „Für uns ist Weihnachten ein ganz normaler Arbeitstag“, sagt die Leiterin des Tierschutzhofes Huppenhardt in Much. Feiertag oder nicht: „Wir müssen füttern, ausmisten, Medikamente verabreichen, kranke Tiere versorgen, die anderen Tiere rein und rausbringen.“

Eine Frau mit einem großen Dutt hält einen Hahn im Arm. Sie trägt einen Arbeitsoverall, im Hintergrund steht ein Schaf hinter einem Zaun.

Gianna Skroblin (31) ist Tierpflegerin und Hofleiterin von Hof Huppenhardt in Much. Mit Hahn Ferdinand schmeißt sie auch an Weihnachten den Laden.

Drei Tierpflegerinnen und -pfleger versorgen die rund 100 Tiere täglich, zwischen sieben und acht Uhr morgens geht es los, bis in die frühen Abendstunden. Ehrenamtler unterstützen das Team. „Wir teilen uns den Dienst an Weihnachten immer fair auf“, erzählt Skroblin, „bislang ist es uns immer gelungen, die Dienste an Feiertagen und Sonntagen gut zu verteilen. Außerdem machen wir es uns mit der Musik ja auch weihnachtlich!“

Extra Möhrchen bekommen ihre Schützlinge zu Weihnachten nicht: „Die meisten haben ja gar keine Zähne mehr“, sagt sie. „Aber unser Adventskalender war ein großer Erfolg!“ Über Social Media hatte Huppenhardt eine Wunschliste veröffentlicht, auf der praktische Dinge standen wie Gerät zum Ausmisten. Das sei von Unterstützern dann auch prompt gestiftet worden – und da hätten die Tiere ja nun auch etwas von.

Und Streicheleinheiten sind sowieso immer drin: Hier krault die 31-Jährige das wollige Köpfchen eines Schafs, da nimmt sie Lieblingshahn Ferdinand auf den Arm.

Pfarrerin Barbara Brill-Pflümer aus Lohmar freut sich auf den Gottesdienst an Heiligabend

„Es ist jedes Mal wieder etwas Schönes, in den Festgottesdiensten zu sein und die Botschaft zu sagen“, erläutert die Lohmarer Pfarrerin Barbara Brill-Pflümer von der evangelischen Emmaus-Gemeinde im Bereich Honrath. Sie arbeitet durchaus gern an Heiligabend: „Der Anlass ist ja ein besonderer.“

In diesem Jahr fließt in die Freude auf den Weihnachtsgottesdienst aber auch eine ganz andere Erwartung: „Für uns als Gemeinde ist es spannend zu sehen, wie die Gottesdienste angenommen werden, ob die Kirche voll wird.“

Bereits seit Jahren seien immer weniger Kirchgänger am 1. und 2. Weihnachtstag gekommen, die Zahl der Gottesdienste sei daher zurückgeschraubt worden, berichtet die 56-Jährige. Und ob nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause die Kirchgänger alle wiederkämen, ob angesichts der vielen bedrückenden Themen heutzutage vielleicht gar neue dabei sein werden, könne sie nicht einschätzen.

Eine Frau mit Brille, großem Halstuch und Mantel steht an einem steinernen Taufbecken. Im Hintergrund steht ein geschmückter Christbaum.

Barbara Brill-Pflümer, Pfarrerin der evangelischen Kirche in Lohmar, hält mehrere Gottesdienste an Weihnachten in der Honrather Kirche.

Corona, Krieg, Energiekrise – sie als Pfarrerin müsse   sich überlegen, wie sie das, was die Menschen beschäftige, thematisiere.   „Wie bringt Weihnachten Licht in eine dunkle Welt“, das sei die Frage, die sie sich beim Vorbereiten auf die Gottesdienste stelle.

Gut organisiert geht die Mutter zweier mittlerweile erwachsener Kinder seit Jahren Beruf und Privatleben an den Festtagen an. „Alles an dienstlichen Vorbereitungen muss am 23. Dezember abgeschlossen sein. Und Zuhause, beim Vorbereiten des Essens und Schmücken des Weihnachtsbaums müssen alle mit anpacken!“

An Heiligabend leitet sie drei Gottesdienste, um 16, 17.30 und 23 Uhr, der erste Weihnachtstag gehört traditionell der Familie.

Polizist Alexander Bermann von der Wache in Troisdorf arbeitet, damit andere bei der Familie sein können

Seit 32 Jahren ist Alexander Bermann bei der Polizei und hat schon viele Dienste an Weihnachten geschoben. Zuerst als junger Beamter, damit die Kolleginnen und Kollegen mit Kindern als Familie Heiligabend feiern konnten. Und jetzt, wo sein Sohn längst erwachsen ist, wieder.

Ein normaler Schichtdienst sei der Heiligabend für ihn, sagt der Dienstgruppenleiter auf der Wache Troisdorf. Von 21 Uhr bis 6 Uhr morgens, in derselben Mannschaftsstärke wie immer.

Auch die Einsätze seien wie immer: Verkehrsunfälle, häusliche Gewalt. Manchmal riefen Menschen die Polizei, obwohl es eigentlich keinen Notfall gebe. Das sei am 24. Dezember nicht anders als sonst: „Das Problem der Einsamkeit besteht das ganze Jahr über.“

Und doch sei es für ihn und die Kolleginnen und Kollegen   an den Weihnachtstagen ein besonderer Dienst, sagt der 53-Jährige:  „Es ist etwas feierlicher.“ In den   einsatzfreien Zeiten käme man zusammen, bei einem Kaffee und Weihnachtsplätzchen. Und die Einsätze gingen einem an den Festtagen durchaus auch näher als sonst: „Wenn in unserem Dienst schlimme Dinge passieren, dann ist es umso tragischer.“

Rundschau abonnieren