„Schokoladenpapst“Siegburger Georg Bernardini testete weltweit tausende Schokoladen

Der Siegburger Georg Bernardini wird als "Schokoladenpapst" bezeichnet.
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Siegburg – Mit einer Zigarette und einem Espresso in der Hand steht Georg Bernardini auf einem Parkplatz in einem Siegburger Industriegebiet. Er gilt als „Schokoladenpapst“, zumindest nannten ihn einige Medien in der Vergangenheit so. Eins ist klar: Bernardini kennt sich mit Schokolade und der Branche aus.
Er stellt seine Tasse auf dem Deckel einer Mülltonne ab und kommt direkt zur Sache: „Zucker und Aromastoffe versauen den Geschmack der Menschen“, sagt er. Die konventionelle Industrie wolle möglichst viel Zucker in der Schokolade verarbeiten, weil der billiger sei als andere Zutaten. Bernardini will es besser machen – und über schlechte Schokolade aufklären.
Der gelernte Konditor begann im Jahr 1992 seine Karriere als Pralinenunternehmer und gründete mit einem Freund eine Pralinenmanufaktur in Siegburg. Die beiden nahmen Bernardinis Angaben zufolge einen Kredit über 150.000 Mark auf und investierten ihr Privatvermögen in die Geschäftsidee. Aber die Aufträge fehlten, der Umsatz blieb aus, und die Geschäftspartner kämpften um ihre Existenz.
Schokoladenpapst aus Siegburg ärgert sich über einige seiner Produkte
„Im ersten Jahr hatten wir teilweise nicht einmal genug Geld für Essen“, erzählt Bernardini. Erst Mitte der 1990er Jahre landeten sie einen Großauftrag, der die Firma laut Bernardini vor der Pleite bewahrte. Von dem eingenommenen Geld bauten er und sein Geschäftspartner eine Produktionsstätte in Bad Honnef, Umsatz und Gewinn gingen steil nach oben.
Für Georg Bernardini zählte vor allem der unternehmerische Erfolg. „Geld bedeutet Freiheit“, sagt er. „Ich wollte so viel Geld verdienen, dass ich mit 45 Jahren ausgesorgt habe.“ Im Jahr 2010 war es so weit: „Ich wusste, wenn ich meine Anteile am Unternehmen verkaufe, dann muss ich nie wieder arbeiten.“ Bernardini war 42 Jahre alt und verkaufte seine Anteile, das Unternehmen erlöste damals rund zehn Millionen Euro jährlich. Danach schrieb er zwei Bücher über Schokolade, war gerngesehener Experte in den Medien.

Die Manufaktur „Georgia Ramon“, die Bernardini früher gehörte, besucht er heute noch gern.
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Heute ärgert er sich über einige der Produkte, die er damals hergestellt und verkauft hat. Schon einige Jahre, bevor er seine Anteile verkaufte, begann Bernardini an den Produkten seines Unternehmens zu zweifeln. „Unsere Pralinen wollte ich selbst nicht mehr essen“, sagt er. „Oft waren da Aromastoffe drin, und die Schokolade haben wir auch nicht selbst herstellt.“ Also begann er, selbst Schokolade zu produzieren. „Da habe ich verstanden, wie gut Schokolade sein kann.“
Siegburger Georg Bernardini testete tausende Schokoladen aus der ganzen Welt
Bernardini testete Tausende Schokoladen aus der ganzen Welt und schrieb sein Wissen nieder. Seine Schokoladenführer gelten als Standardwerke. Es gibt kaum eine Schokoladensorte, die Bernardini nicht exakt beschreiben kann. Er kennt den Geschmack und die Qualität der Zutaten, ärgert sich oft über zu viel Zucker und fällt dann ein Urteil zur jeweiligen Sorte. Von den klassischen Supermarktmarken hält er nicht – zu viel Zucker, zu wenig Kakaobohnen.
Ab dem Jahr 2015 versuchte es Bernardini wieder als Schokoladenunternehmer, diesmal mit seiner neuen Firma „Georgia Ramon“. Sein Ziel diesmal: Transparenz. Georgia Ramon produziert auf rund 100 Quadratmetern in einem Siegburger Industriegebiet. Eine Kühlkammer, eine Produktionshalle, ein Pausenraum – die Fläche reicht für das kleine Schokoladenunternehmen.
Bernardini steht im Flur, öffnet mit beiden Händen einen Jutesack und greift hinein. „So werden hochwertige Kakaobohnen geliefert“, sagt er und lässt die dunklen Bohnen durch seine Finger gleiten. Der bittersüße Geruch des Kakaos sticht in der Nase. Auf dem Boden stapeln sich Säcke voller Bohnen, zwei „Georgia Ramon“-Mitarbeiter werden sie per Hand in die Produktion tragen und dort weiterverarbeiten. Handarbeit hat ihren Preis: Eine 50-Gramm-Tafel der Edelschokolade kostet rund sechs Euro.
Georg Bernardini mag den Titel „Schokoladenpapst nicht“
Auch „Georgia Ramon“ hat Bernardini im Jahr 2020 verkauft. Manchmal besucht er seine ehemalige Kollegin und seinen Nachfolger in der Manufaktur in Siegburg – und ist stolz auf das, was er geschafft hat. „Ich wollte mich mit »Georgia Ramon« selbst verwirklichen“, sagt er. „Und Schokolade produzieren, mit der ich zufrieden bin.“
Seinen Titel trägt er derweil mit Skepsis. „Schokoladenpapst“, Bernardini hält kurz inne, „das muss nicht sein. Ich mag diesen Bezug zum Religiösen nicht. Aber es ist natürlich eine Schmeichelei.“