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Wie Autos zum Film kommenEine Halle voller Fernsehstars

Lesezeit 5 Minuten
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Markus Zimmermann (rechts) und sein Neffe Mika stehen am BMW, den Sophie Haas in Mord mit Aussicht gefahren hat.  Das Auto ist einer von vielen "Fernseh-Stars" in der Halle in Leverkusen.

  1. In Filmen und Serien spielen Autos eine wichtige Rolle.
  2. Markus Zimmermann aus Leverkusen verleiht Autos für Dreharbeiten.
  3. Im Laufe der Jahre ist einiges zusammengekommen, wir haben ihn besucht.

Leverkusen – Wie man mit viel Arbeit und irgendwie ohne Absicht in eine Lebensaufgabe schlittern kann, dafür ist Markus Zimmermann aus Leverkusen ein gutes Beispiel. Der Mann verleiht Autos für Filmaufnahmen und er hat es im Verlauf einiger Jahrzehnte zu einer unvergleichlichen Sammlung gebracht: An die 250 Autos besitzt er, die genaue Zahl weiß er gar nicht. Sie stehen zum größten Teil in einer großen Leverkusener Lagerhalle mit Werkstatt. Wenn sie nicht irgendwo zum Drehen unterwegs sind.

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Im aktuellen Münster-Tatort fährt Professor Boerne diese Corvette aus Leverkusen.

In der Großgarage sind es gefühlte 30 Grad am Nachmittag, das Dach knackt vor Hitze, es riecht nach Benzin. Markus Zimmermann, 57, aufgewachsen an der Bismarckstraße, steigt in die obere Etage seiner Halle. Als erstes zieht eine silberne Corvette den Blick an.

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Eine schwere S-Klasse und ein New Yorker Taxi.

„Das Auto hat Professor Boerne beim neuesten Dreh gefahren“, sagt er. Bisher fuhr der Medizinprofessor, gespielt von Jan Josef Liefers im Tatort Münster, andere Angeberautos. Möglich, dass er jetzt auf den kultigen Sportwagen mit den ausklappbaren Scheinwerfern aus Leverkusen umsteigt.

Taxi von Thiels Vater

Hier unterm Dach stehen Autos soweit man gucken kann. Gleich erkennt der geübte Fernsehzuschauer und Filmfreund einige echte Stars unter den vielen. Das alte Taxi von Kommissar Thiels Vater oder ein rotes BMW-Cabrio, das Sophie Haas (Caroline Peters) in der Serie „Mord mit Aussicht“ durch Hengasch gefahren hat. Das war oft im Bild.

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Ein Pontiac Bonneville, Baujahr 1965, ist ziemlich abgenudelt, die Sitze sind mit Klebeband geflickt, aber genau so wollen ihn die Regisseure.

Andere meint man zu kennen und hat sie vielleicht wirklich schon gesehen. Die vielen Autos etwa, meist waren es sogenannte Schlitten, die der Tatort-Kommissar Freddy Schenk (Dietmar Bär) als Kölner Ermittler fahren durfte. Darunter mehrere Mercedes und ein Opel Rekord Coupé mit aufgeklebten Streifen auf der Motorhaube.

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OP-A 100, dieses Kennzeichen kann eigentlich nur ein Leichenwagen tragen.

Daneben der Saab, den Bastian Pastewka für Jahre gefahren hat. Bekannt geworden ist der metallic-grüne Opel Diplomat B aus „Der letzte Bulle“. Als der Schauspieler Henning Baum den Wagen in einem anderen Film gesehen hat, soll er sinngemäß gefragt haben, was sie dort mit seinem Auto machten.

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Den Opel Rekord Coupé vorne fuhr Dietmar Bär "Freddy Schenk" im Tatort.

Einen Ford Capri in Ocker hat Zimmermann eigens für Hannelore Hoger für die Serie Hotel Heidelberg gekauft. Ein Klassiker steht neben dem anderen. Der Gangster-Citroën-11CV steht mit offener Haube, heute bevorzugen Regisseure den dunklen BMW für ihre Ganoven. Alleine 43 Mercedes stehen bei Zimmermann.

Durch Zufall ans Filmgeschäft

Das dürfte vielleicht kein Zufall sein, denn mit dieser Marke hat er begonnen, an alten Mercedes geschraubt, Teile verkauft, ein Maschinenbau-Studium brach er schließlich ab, ans Filmgeschäft geriet er mehr durch Zufall: „Meine ersten Filmautos habe ich bei Eltern von Freunden und bei Bekannten ausgeliehen.“

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Den Diplomat kennt man aus der Serie und aus dem Film "Der letzte Bulle".

Seither sucht und kauft er seine Wagen lieber selbst zusammen. Er verkauft sie in der Regel nicht nach dem Dreh, so bleiben sie verfügbar, auch wenn sie nach Jahren noch mal für eine neue Folge gebraucht werden. Zimmermann sagt, er habe immer viel in den Fuhrpark investiert. „Für mich brauche ich eigentlich nichts.“

"Ich kaufe nur was mir gefällt"

Wenn er nicht eines seiner Filmautos vor einer Vermietung zur Probe fährt, bevorzugt er einen einfachen Mini.„Ich kaufe nur Autos, die mir selbst gefallen“, schlecht scheint er mit dieser Maxime insgesamt nicht gefahren zu sein, aber natürlich stehen in der Halle auch ein paar Wagen, bei denen er sich getäuscht hat: Einen Renault 205 Cabrio etwa oder einen VW-Buggy hat er noch nie vermietet obwohl er findet: „Mehr 70er-Jahre geht doch nicht.“ Die „fleißigsten“ unter seinen Mietautos stehen ganz vorne in der Halle, schnell verfügbar. Leichenwagen (Kennzeichen: OP-A 100) mit der zugehörigen Sargtrage.

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Links den Capri kaufte Zimmermann für Hannelore Hoger, der Citroën 11CV ist der klassische Ganovenwagen. Für zeitgenössische Gangster werden heute gerne dunkle BMW eingesetzt.

Am besten geht ein Mitsubishi Lancer von 1988 in Blau. Vielleicht gerade weil es ein ganz einfaches neutrales Auto scheinbar mit wenig Charakter ist. Neu in der Firma ist ein ähnlich schnörkelloser Nissan. Zimmermann: „Ich glaube der hat Potenzial“. Der bekommt gerade ein Rolldach, damit man auch von oben in den Inneraum filmen kann.

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Sie sind verstaubt wie nach einer Fahrt durch die Wüste. Damit fing es an: alte Mercedes aller Art.

Wenns geht, kauft er Autos mit Automatikgetriebe, damit sich die Schauspieler auf die Rolle und nicht aufs Schalten konzentrieren. Viertürer und Schiebedach für mehr Licht und Einblick werden bevorzugt. Zimmermann sagt, er kenne alle seine Autos, könne alle reparieren, wenn’s drauf ankomme: „Ich bekomme alles ans Laufen. Wenn Samstag ein Regisseur anruft und ein bestimmtes Auto für Montag bucht, repariere ich den zur Not noch Sonntagnacht.“

Neffe Mika zeigt Interesse

Die Firma sei „um ihn herum“ entstanden, es sei quasi unmöglich, dass jemand anderer sie führen könne, aber sein Neffe Mika interessiere sich jetzt dafür. Zimmermanns Gefühl für Motoren grenzt ans esoterische. Einen 12-Zylinder Jaguar kaufte er mit Getriebeschaden in Rotterdam.

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Einer der Bestseller ist der neutrale und schnörkellose blaue Mitsubishi Lancer.

Durch vorsichtiges Fahren und Schalten, sagt er, habe sich der Antrieb selbst wieder in Ordnung gebracht. Manchmal muss improvisiert werden: Wenn ein Tank nicht mehr dicht ist, bekommen die Autos einen tragbaren Boots-Tank in den Kofferraum. Für ein paar Meter vor der Kamera reicht das. Überhaupt werden die Autos nur angemeldet, die dauerhaft gebucht sind und wenn ohne Absperrungen gedreht wird.

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V12: Ein Jaguar, der mal einen Getriebeschaden hatte.

Im Leverkusener Straßenverkehrsamt sei es früher besonders schnell und lösungsorientiert zugegangen, deshalb hat er hier seinen Firmensitz. Manchmal müsse er ein Auto wegen ein paar Minuten Dreh anmelden. Sein Wunsch ans Amt: Filmaufnahmen mit einfacher roter Nummer machen zu dürfen, dann wäre das viel weniger Bürokratie für alle.

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Der Nissan links ist neu in der Halle, ein besonders einfaches Auto - aber gerade deshalb hat er "Talent" für den Film.