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Unglück in FrankreichJugendförderung Leverkusen trauert um einen guten Freund

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Der überflutete Zeltplatz an der Ardéche

Saint-Julien-de-Peyrolas/Leverkusen – Es gehört zur besonderen Tragik des Unglücks von Saint-Julien-de-Peyrolas, dass der Mann, den halb Südfrankreich seit Tagen suchte, an dem Ort gestorben ist, an dem er am liebsten war. Zu dem er regelmäßig mit seinem Motorrad oder seinem Wohnwagen kam. Hunderte Kilometer aus Köln, wo er lebte. Von dem er gelegentlich weiter nach Spanien fuhr, weil es ihm auch dort so gut gefiel. An dem Ort aber, an dem er wohl so gerne war wie an keinem anderen, im malerischen Tal der Ardèche. „Er war ein echter Frankreich-Liebhaber“, sagt Hendrik Dalinghaus von der Jugendförderung St. Antonius Leverkusen, deren Zeltlager vor einer Woche in den Fluten verschwand.

Bis zuletzt, sagt Dalinghaus, hätten die Mitarbeiter der Jugendförderung gehofft, dass der Vermisste nach der Überschwemmung noch lebend gefunden wird. Doch wie die Staatsanwaltschaft Nîmes am Mittwochabend bestätigte, konnte eine Leiche, die Tage nach dem Unglück gefunden worden war, als der vermisste Betreuer identifiziert werden. „Traurige Gewissheit“ heißt es in Nachrichten und Pressemitteilungen in einer solchen Situation häufig. Dalinghaus sagt es persönlicher: „Wir haben einen guten Freund verloren.“

Bedachter Umgang mit Kindern

Ihren Freund lernten Dalinghaus und die anderen Vereinsmitglieder an Ostern dieses Jahres kennen, als sie sich genau diesen Ort in Südfrankreich für die Sommerferien aussuchten. Dort habe der Frankreich-Freund zu der Zeit Urlaub gemacht und sei auf die Mitarbeiter der Jugendförderung gestoßen, erzählt Dalinghaus: „Als wir ihm sagten, was wir hier vorhaben, war er direkt Feuer und Flamme“. Kurz darauf wurde er Teil des Betreuer-Teams. Busfahrer, er kannte sich schließlich aus in der Region. In der Ferienfreizeit fuhr er die Kinder und Jugendlichen in Kleinbussen vom Zeltlager zu Kanufahrten, Klettertouren und Wanderungen, was ihn sehr beliebt machte.

Auch seine EDV-Kenntnisse dürften dabei eine Rolle gespielt haben. „Er hat den Kindern bei allen technischen Problemen geholfen“, sagt Dalinghaus, dem vor allem sein bedachter und besonnener Umgang mit den Kindern in Erinnerung bleiben wird. „Er hatte immer ein offenes Ohr für die Kinder, war für sie ein direkter Ansprechpartner“, sagt Dalinghaus.

Wie genau der Betreuer ums Leben kam, wird noch ermittelt. Er wurde 66 Jahre alt, hinterlässt eine eigene Tochter, einen Stiefsohn und eine Schwester. Bis zu seinem Tod wohnte er im rechtsrheinischen Köln. Unterdessen gehen die Aufräumarbeiten in dem überfluteten Camp in Frankreich weiter. „Viele Helfer sind aus Leverkusen hierher gekommen, um mit anzupacken“, sagt Dalinghaus. Für die Teilnehmer des Zeltlagers organisiert die Jugendförderung psychosoziale Hilfsangebote und Besprechungsrunden, an denen auch Eltern teilnehmen können.

Organisatoren klagen über Berichterstattung

Am Donnerstagnachmittag wandten sich die Organisatoren des Zeltlagers an die Öffentlichkeit und wehren sich gegen die aus ihrer Sicht falsche Berichterstattung über das Unglück. Die Vorsitzenden des Vereins Jörg Esser und Michael Prenzlow wiesen Vorwürfe zurück, nach denen die Camp-Leitung Wetter-Warnungen 48 Stunden vor der Überflutung ignoriert habe. „Wir wurden zwar vorab telefonisch über eine zu erwartende erhöhte Niederschlagsmenge informiert“, schreiben Esser und Prenzlow.

Auch sei ihnen mitgeteilt worden, dass es durch die lange Trockenheit durch den Regen zu einem schnellen Wasseranstieg kommen konnte. Von einem Hinweis auf eine bedrohliche Überflutung des Zeltplatzes sei aber nicht die Rede gewesen.