Nach Abgang von Jeff Chabot1. FC Köln droht Notstand in der Innenverteidigung

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Abwehrchef Jeff Chabot (M.) ist schon weg. Sein Spannmann Timo Hübers (r.) könnte den 1. FC Köln ebenfalls verlassen.

FC-Sportchef Christian Keller steht bei der Kaderplanung und bei der noch immer offenen Trainerfrage massiv unter Druck.

Christian Keller hatte bis zuletzt gehofft, das eigentlich Unvermeidliche verhindern zu können. „Wir haben sehr gute Gespräche mit Jeff geführt und wollten ihn nach seiner starken Saison, in der er sich zu einem großen sportlichen Rückhalt und anerkannten Führungsspieler entwickelt hat, unbedingt halten“, beschrieb der Sportchef des 1. FC Köln die Verhandlungen mit Abwehrchef Chabot und fügte lobend hinzu: „Es spricht für Jeff, dass er sehr lange und ernsthaft über einen ligaunabhängigen Verbleib nachgedacht hat.“

Am Ende kam es jedoch so, wie es kommen musste nach dem Abstieg aus der Fußball-Bundesliga. Chabot entschloss sich dazu, seine Ausstiegsklausel zu aktivieren, die er sich im Mai 2023 im Zuge seiner festen Verpflichtung bis 2026 hatte zusichern lassen. Chabot steht vor einem Wechsel zu Vizemeister VfB Stuttgart, der den Geißböcken bereits Justin Diehl weggeschnappt hat. Als Trostpflaster für den Verlust seines in der Abstiegssaison besten Spielers kassiert der FC eine Ablöse von vier Millionen Euro.

Jeff Chabot erfüllt sich „Kindheitstraum“ der Champions League

Mit der verlockenden Aussicht, kommende Saison in der Champions League aufzulaufen, gehe für Jeff Chabot ein „Kindheitstraum“ in Erfüllung, erklärte Christian Keller, der großes Verständnis für die Entscheidung des 26-Jährigen zeigte: „Das akzeptieren und respektieren wir vollauf.“ Überdies bescheinigte Keller dem Innenverteidiger einen folgerichtigen Karrieresprung: „Jeff hat sich diese große sportliche Chance mit seinen Leistungen verdient. Wir sind ihm für diese Leistungen für den FC sehr dankbar und wünschen ihm alles, alles Gute für seine Zukunft.“ Jeff Chabot, der seinen Abgang am Mittwochabend per Alleingang via Instagram publik gemacht hatte, sprach rückblickblickend von „zweieinhalb unvergesslichen Jahren“ in Köln und versprach: „Obwohl ich nun neue Herausforderungen suche, werde ich diesen Verein immer in meinem Herzen tragen. Ich wünsche euch weiterhin viel Erfolg.“

Jeff hat sich diese große sportliche Chance mit seinen Leistungen verdient. Wir sind ihm für diese Leistungen für den FC sehr dankbar und wünschen ihm alles, alles Gute für seine Zukunft.
Christian Keller, Sportchef 1. FC Köln

Chabots lieb gemeinte Worte wirken in diesen chaotischen Tagen am Geißbockheim allerdings nur wie ein frommer Wunsch. Neben dem Innenverteidiger sind sechs weitere FC-Profis im Besitz einer Ausstiegsklausel. Die Entscheidungen des Sextetts sowie von Mittelstürmer Davie Selke (verfügt über keinen Zweitliga-Vertrag) werden die Richtung vorgeben, wo es mit den Geißböcken im Unterhaus hingeht. Auch Chabots Nebenmann Timo Hübers bietet sich nach dem Abstieg die Möglichkeit, den FC per Klausel zu verlassen. Entschließt sich Hübers ebenfalls für eine Luftveränderung, müssten die Kölner ihre Abwehrzentrale neu aufbauen.

Wegen der noch bis Januar 2025 greifenden Transfersperre sind die personellen Möglichkeiten jedoch arg begrenzt. Zusätzlich verschärft wird die Situation durch den langfristigen Ausfall von Luca Kilian (Kreuzbandriss), der weite Teile der Hinrunde verpassen wird. Schlimmstenfalls steht dem FC mit Dominique Heintz vorerst nur ein erfahrener Innenverteidiger zur Verfügung. Während sich Leihrückkehrer Nikola Soldo auch bei Zweitligist 1. FC Kaiserslautern nicht durchsetzen konnte, haben die Talente Elias Bakatukanda, Julian Pauli, Neo Telle und Rijad Smajic bislang keine Erfahrung auf diesem Niveau vorzuweisen. Obendrein hat Benno Schmitz seinen auslaufenden Vertrag noch nicht verlängert. Der Rechtsverteidiger, der weitere finanzielle Abstriche in Kauf nehmen müsste, will abwarten, wie sich die Dinge beim taumelnden FC entwickeln. Ein Paradebeispiel für die verzwickte Situation.

Berater von Christian Eichner dementiert Kontakt zum 1. FC Köln

Sportchef Christian Keller steht daher massiv unter Druck, die Wechselkandidaten von einem Verbleib zu überzeugen. Die wiederum wollen wissen, ob der Kader zusammenbleibt oder auseinanderfällt. Und auch, welcher Coach den Neuaufbau leiten soll. Umso überraschender, dass in der Trainerfrage auch am Donnerstag – fast eine Woche nach Besiegelung eines sich lange abzeichnenden Abstiegs – noch immer Unklarheit herrschte. Keller und Lizenzspielerleiter Thomas Kessler führten in dieser Woche wie angekündigt Gespräche mit Timo Schultz, dessen Vertrag sich nur im Falle des Klassenerhalts automatisch verlängert hätte. Trotz lobender Worte von Keller im Rundschau-Interview im April („Grundsätzlich macht Timo einen guten Job“) schien eine Weiterbeschäftigung nach mehreren indiskutablen Spielen und dem negativen Höhepunkt in Heidenheim ausgeschlossen.

Offenbar besitzt der zweitligaerfahrene Timo Schultz aber zumindest eine Außenseiterchance. Was in Anbetracht der hoch komplizierten Gesamtgemengelage womöglich auch eine Frage der Alternativen ist, zu denen der gehandelte Ex-FC-Profi Christian Eichner (Karlsruher SC) bislang nicht zählt. Eichners Berater Ronny Zeller dementiert gegenüber der Rundschau einen Kontakt nach Köln. Unumstritten ist, dass die Zeit drängt. Bis zum Trainingsstart am 21. Juni bleiben nur vier Wochen, um die unzähligen Herausforderungen zu lösen.

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