Der Kölner Handelsriese stellt im Zuge der Binden-Affäre Zusammenarbeit mit DFB ein. Warum Rewe das tut und was der 1. FC Köln dazu zu sagen hat, haben wir hier zusammengefasst.
Binden-Affäre „One Love“Warum Rewe die Rote Karte zieht und was der 1. FC Köln dazu sagt

Was raus muss, muss raus: Das bei Rewe erhältliche DFB-Sammelalbum zur WM in Katar wird ab sofort kostenlos abgegeben.
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Lionel Souque gilt als fußballverrückt. Kaum ein anderer Förderer verfolgt die Geschehnisse rund um den 1. FC Köln so intensiv wie der Vorstandsvorsitzende der Rewe Group. Der Kölner Handelsriese engagiert sich seit der Saison 2007/08 als Haupt- und Trikotpartner des Fußball-Bundesligisten, und damit so lange wie kein anderer Unterstützer in der Geschichte des Geißbock-Clubs. Souque ist nicht nur bei den Spielen der Profis regelmäßiger Gast, sondern auch bei der Frauen-Mannschaft und dem Nachwuchs. Der Aufsichtsratschef des FC ist mit Leib und Seele dabei.
Doch die Liebe Lionel Souques zum runden Leder kennt Grenzen. Dann nämlich, wenn für ihn eine rote Linie überschritten ist. So geschehen bei der Weltmeisterschaft in Katar, wo der Weltverband Fifa mit dem kurzfristigen Verbot der als Zeichen für Menschenrechte und Vielfalt gedachten „One Love“-Kapitänsbinde einen neuerlichen Eklat ausgelöst hat. „Die skandalöse Haltung der Fifa ist für mich als CEO eines vielfältigen Unternehmens und als Fußballfan absolut nicht akzeptabel“, reagierte der 51-Jährige am Dienstag mit Empörung.
Rewe ist der erste Sponsor, der tätig wird
Der Kritik des Franzosen folgten ebenso deutliche Taten: Als erster großer Sponsor beendete Rewe mit sofortiger Wirkung die langjährige Zusammenarbeit mit dem DFB. Dieser hatte am Montag mitgeteilt, dass Kapitän Manuel Neuer bei der WM entgegen der ursprünglichen Planung doch nicht mit der „One Love“-Binde auflaufen werde. Dazu entschieden sich der DFB und die anderen beteiligten europäischen Verbände, nachdem die Fifa mit Sanktionen gedroht hatte. Ein Schritt, der von vielen Menschen als Einknicken vor dem mächtigen Weltverband gewertet wird.
„Fußball ist für uns unter anderem Fair Play, Toleranz und Zusammenhalt – diese Werte halten auch wir hoch“, verdeutlichte Lionel Souque den Standpunkt des Kölner Großunternehmens, das in 21 europäischen Ländern präsent ist und 2021 einen Gesamtaußenumsatz von 76,5 Milliarden Euro erzielte. Und weiter: „Wir stehen ein für Diversität – und auch Fußball ist Diversität. Diese Haltung leben wir und diese Haltung verteidigen wir – auch gegen mögliche Widerstände.“
Die skandalöse Haltung der Fifa ist für mich als CEO eines vielfältigen Unternehmens und als Fußballfan absolut nicht akzeptabel.
Mit der Trennung vom DFB wolle sich das Unternehmen in aller Deutlichkeit von der Haltung der Fifa und den Äußerungen von Präsident Gianni Infantino distanzieren. Deshalb werde Rewe auf seine Werberechte aus dem Vertrag mit dem DFB insbesondere im Zusammenhang mit der WM verzichten. Im Internet erntete der Konzern dafür gewaltigen Zuspruch.
Rewe erntet im Netz großen Zuspruch für die Entscheidung
Eigenen Angaben zufolge hatte Rewe dem DFB bereits im Oktober mitgeteilt, den auslaufenden Werbevertrag nicht zu verlängern – damals noch ohne inhaltliche Verbindung zu dem umstrittenen Wüstenturnier. Doch nun kommt es zur vorzeitigen Trennung. Nach den aktuellen Entscheidungen der Fifa stelle Rewe den Vertrag mit dem DFB schon ab sofort ruhend und verzichte auf Werberechte. Dies habe Rewe dem DFB bereits mitgeteilt, hieß es weiter.
Zudem werde das bei Rewe derzeit erhältliche DFB-Sammelalbum zur WM in Katar ab sofort kostenlos abgegeben. Die Kosten dafür trage der Konzern. Die bisherigen Erträge des Albums werde Rewe nach Ablauf der Promotion vollständig spenden. An wen, blieb zunächst offen. Der deutschen Nationalmannschaft und allen Spielern wünschte Rewe trotz des Schritts ausdrücklich viel Erfolg bei der WM, die für die DFB-Auswahl am Mittwoch (14 Uhr, ARD) mit dem Duell gegen Japan beginnt. „Wir stehen an eurer Seite und fiebern mit euch mit!“, betonte Lionel Souque.
Das ist ein starkes Statement. Auf die Entscheidung unseres Hauptpartners sind wir stolz und unterstützen diese Haltung zu 100 Prozent.
Der 1. FC Köln begrüßte die Entscheidung seines wichtigsten Geldgebers, mit dem er sich auch im sozialen Bereich engagiert: „Unser Hauptpartner Rewe steht wie wir für Diversität. Das ist ein starkes Statement. Auf die Entscheidung unseres Hauptpartners sind wir stolz und unterstützen diese Haltung zu 100 Prozent.“ Bereits am Montag hatten die Geißböcke in der Diskussion um die „One Love“-Binde Stellung bezogen. „Haltung steht über jeder Regel. Lebe wie du bist ist für den 1. FC Köln unverhandelbar. Wir würden das Tragen der Regenbogen-Binde oder der One Love-Binde unterstützen und jede Sanktion gegenüber unseres Verbandes mittragen. Wir haben zudem großen Respekt vor der Symbolik iranischer Spieler während ihrer Nationalhymne, die für ihre Werte viel riskieren“, erklärte Präsident Werner Wolf.
Auch der Organisator des Kölner Come-Together-Cups, Andreas Stiene, begrüßt die Entscheidung von Rewe: „Danke für dieses glasklare Positionierung für Menschenrechte, Miteinander und Vielfalt im Fußball“, teilte er via Facebook mit. Die Handelskette ist auch Hauptsponsor des Freizeitfußballturniers, das sich seit fast drei Jahrzehnten für Toleranz und Gleichberechtigung von queeren Menschen einsetzt. „Wer im Angesicht von Unrecht schweigt, macht sich des Unrechts mitschuldig“, sagte Stiene mit Verweis auf eine Kölner Petition zur WM in Katar.
An der Deutschen Sporthochschule Köln hat eine Gruppe von Studierenden der internationalen Sportpolitik den Hashtag #haltungzeigen ins Leben gerufen. Damit verweisen die Studenten auf eine Petition, die eine klare Haltung zur WM fordert. „Es gibt Werte, für die der Sport und für die wir als Studierende stehen: Solidarität, Fairplay, Respekt, Würde, Vielfalt und Gleichheit.“ Einflussreiche Stakeholder, die sich diese Werte des Fußballs immer wieder zu eigen machten, dürften diese WM nicht einfach hinnehmen und schönfärben. Gefordert wird eine klare Benennung der Missstände. Nur so könne ein Wandel herbeigeführt werden. Es brauche einen konkreten Plan von Sport und Politik, „wie wir in Zukunft mit der Austragung von und Teilnahme an Sportgroßveranstaltungen umgehen“. Bis Dienstagnachmittag fand die Petition 35 000 Unterzeichner.