DFB-PokalfinaleBayer holt mit Frust und in Unterzahl das Double

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Pokalsieg: Bayer Leverkusen Trainer Xabi Alonso hebt das Objekt der Begierde in den Berliner Himmel.

Pokalsieg: Bayer Leverkusen Trainer Xabi Alonso hebt das Objekt der Begierde in den Berliner Himmel.

Bayer 04 Leverkusen hat seine großartige Saison 2023/24 gekrönt und nach der Deutschen Fußball-Meisterschaft auch den DFB-Pokal gewonnen. 

Es war kein fußballerischer Leckerbissen und keine Demonstration der Macht. Bayer 04 Leverkusen wird all dies aber nicht sonderlich interessieren. Was am Ende zählt, ist der verdiente 1:0 (1:0)-Sieg im Finale des DFB-Pokals 2024 gegen den 1. FC Kaiserslautern, der nach dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft das Double für die Werkself bedeutet. „Ein sehr geiles Gefühl. Den Pokal in die Höhe zu heben, ist einfach ein schöner Moment“, freute sich Mittelfeldspieler Robert Andrich. 

Drei Tage nach der 0:3-Pleite im Europa League-Finale gegen Atalanta Bergamo erzielte Granit Xhaka den entscheidenden Treffer. Nach einem Platzverweis gegen Odilon Kossounou musste Bayer 04 eine Halbzeit lang in Unterzahl spielen.

Die Leverkusener sind erst der sechste Bundesligist seit 1963, dem der Double-Gewinn geglückt ist. „Double, das klingt fantastisch. Gerade nach der Niederlage am Mittwoch in Dublin, der einzigen in 53 Pflichtspielen. Diesen Sieg hat sich die Mannschaft verdient“, freute sich Sportchef Simon Rolfes.

Bayer-Coach Xabi Alonso reagierte mit fünf Wechseln in seiner Startelf auf die bittere Niederlage von Dublin. Kapitän Lukas Hradecky stand für Matej Kovar im Tor. Außerdem rotierten Odilon Kossounou, Robert Andrich, Jonas Hofmann und Patrik Schick für Piero Hincapie, Exequiel Palacios, Josip Stanisisc und Amine Adli ins Team. In der Erwartung, dass sich der Zweitligist als krasser Außenseiter tief aufstellen würde, setzte Alonso mit Schick wieder auf einen echten Stoßstürmer. 

Die Lauterer hatten sich nach dem Zweitliga-Klassenerhalt unter Trainer-Urgestein Friedhelm Funkel viel Mut für die Sensation zugeredet. Die erste Leverkusener Saisonniederlage beim  0:3 gegen Bergamo und die gewaltige Unterstützung der eigenen Fans nährten die Hoffnung. Fast 45.000 Anhänger der „Roten Teufel“ sangen 45 Minuten vor dem Spiel im Berliner Olympiastadion das Pfälzer-Lied.

Gewaltige Choreo mit Riesenteufel

Ein imposanter Chor, dem kurz vor dem Anpfiff ein grandiose Choreo folgte. Ein riesiger Teufel, der sich den Pokal gekrallt hatte und alle im Wettbewerb besiegten Gegner nebst 1. FC Köln und auch schon Bayer 04 mit seinem Dreizack zu einem goldenen Brei verkochte.  

Choreografie der Fans von Kaiserslautern kurz vor Spielbeginn.

Choreografie der Fans von Kaiserslautern kurz vor Spielbeginn.

Funkel forderte das „beste Spiel der Saison“ und kramte aus der Motivationskiste seine eigenen Erfahrungen von vier Endspielteilnahmen als Spieler und Trainer hervor: „Sonst spreche wenig von früher, aber Berlin ist außergewöhnlich, sagte der 70-Jährige.“

Des Trainers Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Koussonou sah gleich beim ersten Lauterer Konter und einem Foul gegen Kenny Redondo eine allerdings sehr zweifelhafte Gelbe Karte von Schiedsrichter Bastian Danckert (3.). Direkt danach prüfte Daniel Hanslik Hradecky aus 17 Metern (4.). Der Außenseiter begann frech und bewies Mut. Jede Aktion des in Sondertrikots mit dem Konterfei des kürzlich verstorbenen Weltmeisters Andreas Brehme angetretenen Zweitligisten bejubelte der eigene Anhang frenetisch.

Lautern startet frech, Xhaka trifft

Der Deutsche Meister schaute sich das Aufbegehren des FCK zehn Minuten lang an und zog dann rasch die Zügel an. Florian Wirtz scheiterte nach einem Solo noch am ehemaligen Kölner Torwart Julian Krahl (15.). Eine Minute später streichelte der in Dublin viel gescholtene Granit Xhaka einen abprallenden Ball aber schon aus 20 Metern zum 1:0 links oben ins Eck (16.). 

Nachdem Alejandro Grimaldo (26./27.) und Schick (26.) das 2:0 verpasst hatten, nahm die Werkself zu schnell einen Gang raus und ließ Kaiserslautern durch mit langen Ballbesitz-Phasen viel hinterherlaufen. Es gab aber nicht zwingendes mehr, weil die wenig souveränen Leverkusener zu langsam nach vorne spielten und die Pfälzer engagiert verteidigten.

Schiedsrichter Bastian Dankert zeigt Odilon Kossounou (2.v.r.) die Gelb-Rote Karte.

Schiedsrichter Bastian Dankert zeigt Odilon Kossounou (2.v.r.) die Gelb-Rote Karte.

Als sich das Spiel Richtung Pausenpfiff schleppte, sorgte Kossounou unnötig für Spannung. Der Ivorer legte sich den Ball an der Mittellinie zu weit vor und stieg im Anschluss Boris Tomiak auf den Fuß. Danckert blieb nichts anderes übrig, als den Leverkusener Abwehrspieler mit Gelb-Rot in die Kabine zu schicken (44.). Die „Roten Teufel“ hätten ihre Überzahl beinahe umgehend zum Ausgleich genutzt, der Schrägschuss von Tobias Raschl zischte aber knapp links am Pfosten vorbei (45.+3). 

Bayer 04 eine Halbzeit lang in Unterzahl

Alonso reagierte auf den Platzverweis mit zwei Wechseln. Amine Adli und Josip Stanisic kamen für Jonas Hofmann und Patrik Schick. Es dauerte aber fünf Minuten, bis die zweite Hälfte richtig beginnen konnte. Die Fans aus Kaiserslautern wechselten nicht nur zur Hälfte ihre Kleidung von rot auf weiß, sondern zündeten auch eine stattliche Pyro-Show.

Kaiserslautern wagte sich zunächst aber auch mit Elf gegen Zehn nicht aus der Deckung. Adli versuchte es aus der Distanz (55.) und nach einer Grimaldo-Ecke hatte Stanisic das 2:0 auf dem Kopf (56.). Auf der anderen Seite prüfte der ebenfalls zur zweiten Hälfte eingewechselte Ragnar Ache Hradecky aus der Distanz (62.). 

Kaiserslautern fehlen offensiv die Mittel

Die zehn Leverkusener zogen sich in der Folge mehr zurück, überließen nach zeitweise bis zu 80 Prozent Ballbesitz dem Zweitligisten das Zepter und lauerten auf schnelle Gegenstöße. Aus dem Duell David gegen Goliath war eines auf Augenhöhe geworden. 

Es blieb spannend, weil der umtriebige Jeremie Frimpong nach einem Konter zwar Krahl aussteigen ließ, dabei aber zu weit nach rechts abkam und zum Abschluss blind in die Mitte flankte (75.). Kaiserslautern fehlten offensiv zwar jegliche Mittel, sie blieben aber bei nur einem Tor Rückstand in diesem Finale.

Nach vorne ging für das immer müder werdende Funkel-Team allerdings nichts. Bayer 04 übernahm auch mit einem Spieler weniger wieder die Kontrolle, ließ durch Wirtz noch einmal den zweiten Treffer liegen (90.).  Der Deutsche Meister geriet aber überhaupt nicht mehr in Gefahr und feierte seinen zweiten Pokalsieg nach 1993, als es auch nur ein 1:0 gegen Underdog Hertha BSC Amateure gab. „Deutscher Doublesieger, deutscher Doublesieger SVB“, schallte es aus 22.000 Leverkusener Kellen.

Siegtorschütze Granit Xhaka jubelt nach dem Schlusspfiff.

Siegtorschütze Granit Xhaka jubelt nach dem Schlusspfiff.

Vizekusen war einmal. Ex-Sportdirektor Rudi Völler weinte auf der Tribüne des Olympiastadions Freudentränen und Xabi Alonso jubelte mit seinen Spielern um die Wette. Lukas Hradecky stemmte schließlich den Pokal in die Höhe und läutete eine lange Partynacht ein. Erst morgen geht es zurück ins Rheinland, wo mehr als 60.000 Menschen dem Double-Gewinner einen großartigen Empfang bieten werden. „Gänsehaut pur. Das hätte vor der Saison niemand geglaubt und tut nach Mittwoch richtig gut. Diese Niederlage saß tief“, sagte Lukas Hradecky und kündigte einen Feier-Marathon an.

In Hoffenheim und Heidenheim feierten sie gleich mit. Die TSG startet durch Bayers Pokalsieg in der Europa League und der Aufsteiger von der Ostalb darf in die Playoffs der Conference League.


Statistik zum Pokalfinale:

Bayer 04 Leverkusen: Hradecky; Kossounou, Tah, Tapsoba; Frimpong (90.+3 Tella), Xhaka, Andrich, Grimaldo (85. Hincapie); Hofmann (46. Adli), Wirtz (90.+3 Hlozek); Schick (46. Stanisic). - 1. FC Kaiserslautern: Krahl; Zimmer (90.+2 Toure), Tomiak, Elveldi, Pucharz; Kaloc, Raschl (83. Klement); Zolinski (74. Tachie), Ritter, Redondo (83. Opoku); Hanslik (46. Ache). - SR.: Dankert (Rostock). - Zuschauer: 74.322. - Tor: 1:0 Xhaka (16.). - Gelb-Rot: Kossounou (44.). - Gelbe Karten: Hradecky; Klement, Elvedi. 

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