Montag trifft sich das deutsche Tennis-Team in Stuttgart, beginnt mit der Vorbereitung auf die Qualifikationspartie im Billie-Jean-King-Cup.
Interview mit Tatjana Maria„Als Mama von zwei Kindern ist es besonders, das Wimbledon-Halbfinale erreicht zu haben“

Familienmensch und Spitzensportlerin: Tatjana Maria
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Im Interview spricht Lars Müller-Appenzeller mit der Württembergerin Tatjana Maria über ihre Mutter-Rolle.
Frau Maria, Gastspiele zu Hause in Deutschland sind selten, zwei Heimspiele in Stuttgart noch seltener: Freuen sich Ihre Töchter schon auf die Oma?
Tatjana Maria: Und wie! Wir haben schon alles organisiert, meine Mutter kommt frühzeitig nach Stuttgart, wird bei Charlotte und Cecilia im Zimmer schlafen, Zeit mit den beiden verbringen. Es werden besondere Tage, weil viele von der Familie kommen werden, darunter meine beiden Brüder, aber auch von der Seite meines Mannes, der aus Straßburg stammt.
Das klingt mehr nach Familientreffen als nach Tennisturnier.
(lacht) Natürlich steht der Sport an erster Stelle, und ich werde auch alles dafür tun, gut vorbereitet zu sein. Aber es ist schön, Unterstützung von seiner Familie bekommen zu können.
Tatjana Maria: Kinder lieben Turnierkindergärten
Wie wichtig ist die Unterstützung bei Turnieren durch Turnierkindergärten – wie in Stuttgart?
Meine Kinder lieben es, in diese Kindergärten zu gehen. Sie können den ganzen Tag mit anderen Kindern spielen und Zeit verbringen. Aber das gibt es leider eigentlich nur bei den Grand-Slam-Turnieren. Dadurch, dass wir oft alleine reisen, wäre es nicht schlecht, zwei, drei Stunden am Tag die Möglichkeit einer Kinderbetreuung zu haben.
Ist es selbstverständlich, als Mutter von Turnier zu Turnier durch die Welt zu reisen, oder ist es eher jede Woche aufs Neue eine organisatorische Herausforderung?
Wir sind gut organisiert und sehen das alles ziemlich entspannt. Deswegen klappt das bei uns auch gut. Wir haben unseren Weg gefunden mit den beiden. Sie lieben es zu reisen, das macht es einfach. Wir genießen die Zeit.
Seit dem Einzug ins Halbfinale von Wimbledon 2022 genießen Sie besondere Anerkennung: mehr als Sportlerin oder mehr als Mutter?
Für beides! Für mich als Mama von zwei Kindern ist es etwas ganz Besonderes, das erreicht zu haben. Ich habe so viele Nachrichten bekommen und werde selbst jetzt noch von Leuten angesprochen, die mir sagen: Das war unglaublich in Wimbledon, wir haben so mitgefiebert, unglaublich, wie du das machst! Das bedeutet mir sehr, sehr viel. Mich macht das einfach nur stolz. Ich hoffe, dass ich ein Vorbild bin für viele.
Jetzt sind Sie ein Vorbild – hat sich Angelique Kerber nach der Geburt ihrer Tochter schon gemeldet und Sie um Tipps gebeten?
(lacht) Nein, noch nicht. Ich werde sie auf alle Fälle im Juni beim Turnier in Bad Homburg sehen, wo sie Turnierbotschafterin ist. Aber ich glaube nicht, dass sie Tipps von mir braucht. Sie wird alles selber gut auf die Reihe bekommen. Falls es doch Fragen gibt, helfe ich natürlich sehr gerne.
Nachdem Angelique Kerber pausiert, Andrea Petkovic und Julia Görges ihre Karriere beendet haben, sind Sie im Billie-Jean-King-Cup in einer neuen Rolle – auch in der Mutter-Rolle?
Ich bin wirklich eine Teamspielerin. Mir ist das besonders wichtig, weil ich im Mannschaftssport aufgewachsen bin, lange Handball gespielt habe – meine Eltern kommen vom Handball. Deshalb glaube ich, dass ich den jüngeren Spielerinnen etwas mitgeben kann. Auch weil ich schon etwas älter bin, zwei Kinder habe, immer noch da bin. Ich freue mich einfach darauf, mit ihnen zusammen eine Woche verbringen zu können.
Tatjana Maria: Eine Schwangerschaft ist keine Verletzung
Das erste Mal waren Sie 2006 im Fed-Cup im Einsatz. Was hat sich seither im Tennis verändert?
Es sind auf alle Fälle neue Spielerinnen da (lacht). Auf der Tour hat sich nicht so viel verändert, leider. Ich denke, dass es mittlerweile an der Zeit ist, einige Regeln bezüglich der Schwangerschaft zu verändern. Wir haben zwar mittlerweile einige Mütter auf der Tour. Dennoch wird eine Schwangerschaft nach wie vor wie eine Verletzung geregelt. Das ist nicht richtig, das ist etwas komplett anderes.
Ihr letzter Einsatz im Billie-Jean-King-Cup war 2021 beim 4:0 gegen Brasilien. Wie geht es diesmal aus?
Ich hoffe auf das gleiche Ergebnis. Wobei diesmal aber Beatriz Haddad Maia dabei sein wird. Sie ist eine Topspielerin, die Nummer 14 der Welt. Und im Doppel sind die Brasilianerinnen auch stark. Das wird also nicht einfach für uns. Aber bei einem Teamwettbewerb kommt es auf noch etwas mehr an. Ich glaube, dass wir ein super Team haben und dass viel möglich ist.
Im Anschluss findet an selber Stelle der Porsche-Tennis-Grand-Prix statt – ein Geschenk?
Auf alle Fälle, weil wir schon eine Woche früher auf dem Platz trainieren und auch vorab Matches spielen können. Das ist definitiv ein Vorteil.
Was ist Ihr Ziel für das Turnier?
Das ist schwer zu sagen, weil ich es zuletzt 2012 gespielt habe. Es ist schon super schön, überhaupt dabei zu sein. Natürlich versuche ich, mich in der Billie-Jean-King-Cup-Woche so gut wie möglich auch auf das Turnier vorzubereiten. Mein Spiel ist für diesen Platz ganz gut, glaube ich.
Aus deutscher Sicht war das Turnier schon besser besetzt – wie steht es um den Nachwuchs?
Das mache ich mir überhaupt keine Sorgen. Jeder geht seinen eigenen Weg, manche brauchen länger, andere sind früher weiter oben. Das Spannende ist ja, dass man nicht weiß, was die Zukunft bringt. Aber es wird auf alle Fälle etwas Schönes kommen: Wir haben im Deutschen Tennis Bund einige Mädels, die auf alle Fälle noch weiter nach vorne kommen werden.
Gibt es dennoch etwas, was sich der DTB woanders abschauen sollte?
Grundsätzlich haben die Länder, die ein Grand-Slam-Turnier ausrichten, mehr Geld zur Verfügung, mehr Möglichkeiten. Das System in Frankreich finde ich gut: Sobald man besser ist, geht man nach Paris, dort trainieren alle zusammen. Auf der Tour sieht man deshalb auch die Franzosen die ganze Zeit beieinander: Sie sind alle zusammen aufgewachsen. In Deutschland trainiert jeder in seinem Landesverband. Es wäre schöner, wenn in Deutschland mehr zusammen gemacht würde.
Charlotte mit den drei Pässen
Ihre neunjährige Tochter Charlotte gilt als Riesentalent. Wenn es so weit käme: Für welches Land würde sie spielen?
Noch ist alles offen, sie hat alle Pässe, könnte für die USA spielen, für Frankreich und für Deutschland. Im Moment sehen wir das Thema sehr relaxed. Das Wichtigste ist, dass sie es liebt, Tennis zu spielen. Im Dezember ist sie erst neun geworden: Sie hat noch Zeit.
Wie weit führt Ihr Weg noch auf der Tennis-Tour?
Ehrlich gesagt glaube ich, dass es noch ziemlich lange so weitergeht: Wenn ich nicht mehr spiele, wird Charlotte spielen – wir werden weiter reisen. Es ist wichtig, dass ich körperlich fit bin, dass es mir gut geht, dass ich Spaß habe. Ich setze mir kein Endziel. Charlotte hat noch sechs Jahre, bis sie auf der Tour spielen dürfte. (lacht)