„Wunder von Taipeh“Diese Pionierinnen des Frauenfußballs kommen aus Bergisch Gladbach

Diese Fußballerinnen holten 1981 den Weltpokal. Monika Degwitz-Steinmetz (hinten li., neben Anne Trabant-Haarbach, Hannelore Geilen und Brigitte Klinz) trainierte die Mädchen von Union Rösrath. Doris Kresimon (vorne links, neben Ingrid Nandzik) war Torjägerin.
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- Die SSG 09 Bergisch Gladbach gewann 1981 den Weltpokal, zu einer Zeit, als Frauenfußball noch nicht ernst genommen wurde.
- Wie sich die Spielerinnen in ihrer Jugend in die Jungenmannschaften mogelten und wie es dann bergauf ging, davon erzählt unsere Autorin.
Bergisch Gladbach – „Es war wie in der Schule. Wenn man in der Ecke stehen muss, obwohl man nichts getan hat“, vergleicht Anne Trabant-Haarbach das bis 1970 geltende Verbot für Frauen in Vereinsmannschaften Fußball zu spielen. Die Frauen, die elf Jahre später in Taipeh 1981 Weltmeister wurden, schrieben Fußball-Geschichte – als Vereinsmannschaft der SSG 09 Bergisch Gladbach. Im Kinofilm „Das Wunder von Taipeh“, der derzeit nur in der Kölner Filmpalette (Lübecker Straße 15) um 17.30 Uhr zu sehen ist, lässt Regisseur John David Seidler die Fußballerinnen berichten, gegen welche Widerstände diese Fußballerinnen, die 1984 ihren Weltpokaltitel sogar noch verteidigten, zu kämpfen hatten.
Unter falschem Namen bei Jungs mitgekickt
Petra Landers, noch heute mit dem „Retro Team Germany“ am Ball: „Einem Hund wirft man einen Stock. Wenn ich einen Ball sehe, muss ich ihm hinterher laufen.“ In ihrer Heimat Emlichheim sah Klein-Anne Trabant-Haarbach bewegte Bilder von der WM 1954: „Mein Traum war schon damals, dieses auch einmal zu erleben.“ Am 22. Oktober 1981 war es so weit. Anne Trabant-Haarbach war am Ziel aller Träume: Mit ihrer SSG 09 Bergisch Gladbach besiegte sie im Endspiel der WM in Taipeh die Niederlande und reckte den Weltpokal in die Höhe. „Ich habe Fußball gespielt, um das zu erleben“, sagt auch Petra Landers mit Funkeln in den Augen.
Als die Herren des Deutschen Fußballbundes (DFB) noch die Auffassung vertraten, Frauen seien besser in der Küche „aufgehoben“, oder mögen ein Ballettröckchen statt ein Trikot anziehen, bedienten sich einige Spielerinnen einer List, um dennoch Fußball zu spielen: Brigitte Klinz etwa spielte unter einem Jungennamen in einer Jungenmannschaft mit – bis die körperliche Entwicklung sich nicht mehr verbergen ließ. Unter dem Namen FC Mini kickte ein Team aus Bergisch Gladbach (in Miniröcken) gegen ein Kneipen-Team aus Köln-Ehrenfeld.

Vor dem Abflug nach Taiwan am 6. Oktober 1981 verabschiedete Bürgermeister Franz Karl Burgmer (l.) die Fußballerinnen der SSG 09 Bergisch Gladbach.
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1970, nach erteilter Genehmigung durch den DFB, schossen Frauen-Teams überall aus dem Boden. Mäzen Toni Esser verhalf dem FC Mini zu einer Mitgliedschaft bei der SSG 09. In der Männerwelt der 09er waren die Minis aber noch nicht willkommen. Sie mussten auf dem Kradepohl trainieren. Torfrau Hannelore Geilen: „Das war abenteuerlich. Dort hüpften in den Duschen Frösche.“ Frauen durften nun offiziell Fußball spielen. Aber in der öffentlichen Wahrnehmung war dieser Sport noch immer nicht etabliert. Busenschutz für Kampfsportlerinnen wurde ihnen empfohlen. Statt wie „die Großen“ (Männer) 45 durften sie zunächst nur 30 und später 35 Minuten spielen.
Mit der Übernahme des Managements durch Hans Gronewold ging es steil aufwärts, nicht nur sportlich, sondern auch hinsichtlich der Trainings- und Spielbedingungen. Es folgte der Umzug ins Gladbacher Stadion. Nun quakte es nicht mehr unter der Dusche. Spätestens mit dem Gewinn der 1. Deutschen Meisterschaft 1977 im Endspiel gegen Frankfurt-Niederrad waren die 09-Frauen akzeptiert.
Der Weg zum Titel
0:0 gegen Indien, 5:2 gegen Haiti, 1:1 gegen Finnland, 2:1 gegen Neuseeland, 6:0 gegen Thailand, jeweils 4:0 gegen Norwegen und die Niederlande, 1:1 gegen Taiwan und 6:2 gegen die Schweiz. So wurden 1981 Hannelore Geilen, Bärbel Domhoff, Gaby Dlugi, Brigitte Klinz, Loni Winkel, Monika Degwitz, Bettina Krug, Erika Neuenfeldt, Hildegard Frauenrath, Anne Trabant-Haarbach, Doris Kresimon, Ingrid Gebauer, Petra Landers, Gisela Dahl, Angelika Budny Weltpokalsieger.
Und dann kam ein Brief des DFB. Taiwan hatte 1981 Deutschland zur Weltmeisterschaft eingeladen. Und Deutschland, immerhin nach 1954 und 1974 schon zweimaliger Weltmeister der Männer, hatte keine Frauen-Nationalmannschaft. Also wurde in Frankfurt entschieden, das derzeit beste deutsche Vereinsteam, die SSG 09 Bergisch Gladbach, zu entsenden. Kaum zu glauben, aber wahr: allerdings auf eigene Kosten. Monika Degwitz-Steinmetz aus Rösrath erinnert sich: „Wir haben Waffeln auf dem Markt verkauft, Autogrammstunden gegeben.“ Lokale Sponsoren, wie allen voran Instant Krüger, unterstützten generös.
Elf Tage später war die SSG 09 Bergisch Gladbach inoffizieller Fußball-Weltmeister. Eine Würdigung des großartigen Erfolgs durch den DFB blieb aus. Doris Kresimon: „Es gab keine Reaktion aus Frankfurt.“ 1989 erhielt die erste deutsche Frauenfußballnationalelf für den EM-Titel ein Kaffee-Service. Allerdings nur 1b-Ware. . .
Spielertrainerin war „ein harter Hund“
Anne Trabant-Haarbach hatte aus jungen Frauen, die Freude am Fußball hatten, ein Winner-Team geformt: neun Deutsche Meister-Titel, vier Pokalsiege, zweimal inoffizieller Weltmeister – bis heute unerreicht.
Die Spielertrainerin wird in dem 85-minütigen Dokumentarfilm von etlichen Spielerinnen geschildert als „ein harter Hund“. Trabant: „Das muss man sein, wenn man Erfolg haben will. Mit den heutigen Spielerinnen wäre das nicht mehr möglich. Wir sind die Nachkriegsgeneration, die diese Bedingungen akzeptierte. Hannelore Frauenrath: „Wir kamen ja damals nicht alle aus Gladbach, haben Entbehrungen hingenommen, haben Frauen-Geschichte geschrieben.“