Laut Staatsanwaltschaft gibt es noch kein Obduktionsergebnis der Leiche. Die Hintergründe der Tat sind weiterhin unklar.
Kerzen vor der TürNachbarn trauern um getötete Troisdorferin – Lebensgefährte in U-Haft

Kerzen stehen nach dem tödlichen Angriff auf die 30-Jährige vor ihrer Haustür.
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Am Tag nach dem tödlichen Angriff auf eine 30-jährige Troisdorferin hat die Staatsanwaltschaft Bonn Haftbefehl gegen den 29-jährigen Lebensgefährten der Frau erlassen. Es bestehe dringender Tatverdacht wegen Totschlags, teilt ein Sprecher mit. Der Mann sitze inzwischen in Untersuchungshaft.
Weiterhin ist unklar, was sich am Samstagmorgen, 3. Mai, im Haus an der Großstraße abspielte. Fest steht nur, dass die 30-Jährige blutend im Treppenaufgang gelegen hatte und ihr Freund, der für den Angriff verantwortlich sein soll, den Notruf gewählt hatte. Rettungskräfte waren ausgerückt, ein Hubschrauber war im Sportpark Oberlar gelandet. Doch niemand konnte der Frau mehr helfen, sie starb im Krankenhaus.
Nachbarn stellen Kerzen auf Treppenstufen des Hauses in Troisdorf ab
Das Haus der Getöteten liegt in der Roten Kolonie, einer mehr als 100 Jahre alten Arbeitersiedlung, benannt nach den roten Dächern. Vor der Tür der Doppelhaushälfte mit Anbau steht noch ein Osterstrauch mit Plastikeiern, ein Paar Sportschuhe steht vor der Tür. Die Polizei hat das Haus versiegelt. Auf den Treppenstufen haben Anwohnerinnen und Anwohner Kerzen abgestellt.
Einige von ihnen stehen am Sonntagmittag in Gruppen zusammen auf der Straße. Es ist offensichtlich, worüber sie sprechen. Sie seien überrascht, schockiert. „Sie waren ein ganz normales, unauffälliges Pärchen. Gestern Abend sind sie noch Händchen haltend nach Hause gekommen, ich habe sie auf der Straße gesehen“, sagt ein Nachbar.
Mir tun beide leid. Sie, weil sie nicht mehr da ist. Und er hat ja auch kein normales Leben mehr.
Als er die Blaulicht-Fahrzeuge auf der Straße gesehen habe, habe er zunächst noch an einen Einsatz an der nahen Baugrube gedacht. Er wolle nicht spekulieren, was zu der Tat geführt haben könne – und ärgert sich über Medienberichte, nach denen der 29-Jährige schon öfter aggressiv geworden sei. „Da müssen wir die Ermittlungen abwarten.“
Eine ältere Frau sagt, ihr täten beide leid, Opfer und wahrscheinlicher Täter. „Sie, weil sie nicht mehr da ist. Und er hat ja auch kein normales Leben mehr.“ Auch sie habe beide oft auf der Straße gesehen. „Manchmal haben sie gegrüßt, aber sie waren sehr nett.“
Leiche der 30-Jährigen wurde am Wochenende obduziert
Die Bonner Staatsanwalt führt die Ermittlungen der Polizei in dem Fall weiter. „Die Leiche ist am Wochenende obduziert worden, der Bericht liegt aber noch nicht vor“, sagt Sprecher Martin Kriebisch. Auch ob sich der 29-Jährige zu der Tat geäußert hat, könne er noch nicht sagen. Da die beiden liiert waren, liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei der tödlichen Attacke um einen Femizid handeln könnte. Die Staatsanwaltschaft hält sich mit einer Beurteilung zurück: „Wie das zu werten ist, müssen die weiteren Ermittlungen zeigen“, sagte Kriebisch.
Als Femizid wird die Tötung einer Frau aufgrund ihres Geschlechts bezeichnet. Das bedeutet, dass sie aufgrund von Vorstellungen geschlechtsbezogener Ungleichwertigkeit getötet wird, insbesondere dann, wenn sie zum Beispiel dem vermeintlichen Rollenverhalten nicht entspricht. In den meisten Fällen werden Frauen von ihren Lebensgefährten oder Ex-Partnern getötet. Im Jahr 2023 waren es in Deutschland 155 Frauen, die auf diese Weise ums Leben kamen, also etwa jeden dritten Tag eine.
Zwei von ihnen lebten im Zuständigkeitsgebiet der Polizei des Rhein-Sieg-Kreises. 18-mal wurden im häuslichen Kontext sexuelle Übergriffe oder Vergewaltigungen angezeigt, 91-mal eine gefährliche Körperverletzung. 436-mal registrierte die Polizei Fälle einfacher Körperverletzungen gegenüber Frauen. Im vergangenen Jahr gab es laut Polizei-Statistik keine Tötungen, aber 24 sexuelle Übergriffe, 87 gefährliche und 449 einfache Körperverletzungen gegenüber Frauen im häuslichen Umfeld. Die Dunkelziffer dürfte höher liegen.