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EichenhochzeitDieses Paar ist seit 80 Jahren verheiratet

Lesezeit 3 Minuten

So sehen 80 Jahre Eheglück aus: Helen und Maurice Kaye, 101 und 102 Jahre alt, in ihrer Wohnung in Bournemouth.

London – In jenem Jahr leitete der "Schwarze Freitag" an der New Yorker Börse die Weltwirtschaftskrise ein, Thomas Mann wurde für sein Werk "Die Buddenbrooks" mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet und der blutige Kampf zwischen der Gang von Al Capone und der Bande von George "Bugs" Moran gipfelte im berühmt-berüchtigten Valentinstags-Massaker. Es war das Jahr 1929. In der britischen Hauptstadt London lebten zwei Teenager, die keinen Sinn für die Weltgeschehnisse hatten. Etwas für die beiden viel Bedeutenderes geschah: Helen und Maurice Kaye verliebten sich. Sie 16, er 17 Jahre alt. Sie arbeitete im Geschäft ihrer Mutter, als er mit seinem Vater in den Laden spazierte. Am Ende blieb er drei Stunden, bis seine künftige Schwiegermutter ihre Tochter fragte: "Wer wirft ihn heraus, du oder ich?" Als sie ihn hinausgeleitete, spielte er seinen größten Trumpf aus: sein Auto. "Damals hatten nicht sehr viele Leute einen Wagen, das machte ihn interessant", erinnert sich Helen Kaye.

Es war der Beginn einer Liebe, die bis heute andauert. 1934 gaben sie sich das Jawort, und in der vergangenen Woche feierten sie ihren 80. Hochzeitstag. Wie selten solch ein Ereignis ist, zeigt ein Blick in Stammbücher, in denen die Namen für Hochzeitsjubiläen aufgelistet sind. Die Eichenhochzeit fehlt meistens. Nur wenige Paare schaffen es, acht Jahrzehnte verheiratet zu sein.

Sie sitzen in ihrem Wohnzimmer und spielen Bridge, wie sie das seit Jahren regelmäßig tun. Noch immer leben sie zusammen in einem Apartment im südenglischen Küstenort Bournemouth, können sich selbst versorgen. Wenn die 101 Jahre alte Dame erzählt, hakt sie sich bei ihrem Mann ein, so dass ihre fein manikürten Fingernägel, das Pink abgestimmt auf ihren Lippenstift, gut zur Geltung kommen. Das Geheimnis ihrer glücklichen Ehe? Darauf haben sie viele Antworten. "Tolerant gegenüber einander sein und gewillt sein, zu vergeben und zu vergessen", sagt Helen Kaye zum Beispiel. Und weiter: "Wir sind sehr geduldig miteinander und wir lieben uns."

„Solange ich ihr zustimme, ist alles gut“

Der 102-jährige Maurice Kaye trägt wie schon auf dem schwarz-weißen Hochzeitsfoto einen Schnauzer und zeigt sich gegenüber der BBC pragmatischer: "Solange ich ihr bei allem zustimme, ist alles gut." Sie lacht, als hätte sie diesen Witz schon hundertfach gehört. "Das ist nicht wahr", entgegnet sie dann. "Ich dachte, unsere Ehe hält keine Woche, aber es ist erstaunlich, dass sie schon 80 Jahre währt", sagt er mit einem Augenzwinkern.

Romantik ist eben nicht sein Ding, Blumen gab es beispielsweise nur einmal, wie Helen Kaye erzählt. Gehalten hat die Liebe trotzdem. Auf der Kommode hinter ihnen und auf dem Wohnzimmertisch vor den beiden stehen zahlreiche Fotos, die, liebevoll eingerahmt, von dem langen gemeinsamen Leben erzählen.

Nachdem sie geheiratet hatten, übernahm Maurice die Fabrik seines Vater sowie zwei Läden in London. Dann brach der Zweite Weltkrieg aus. Er ging zur Armee, sie sprang für ihn ein und leitete die Geschäfte. Doch 1944 nahm der Krieg ihnen alles: Sowohl die Arbeitsstätten als auch ihr Zuhause wurden zerstört. Sie zogen nach Bournemouth, wo sie vier Kinder bekamen. Mittlerweile sind die Familienfeste Großveranstaltungen: Das Paar hat sieben Enkel und sechs Urenkel. Trotzdem haben Helen und Maurice Kaye schon wieder ein neues Ziel: Sie wollen noch ihre Ururenkel aufwachsen sehen.