Engpässe für Fahrschüler in NRW„Ich muss Wochen auf die Prüfung warten“

Aufklärung: Fahrlehrer Lukas von Zimmermann (links) erklärt einem Fahrschüler technische Details.
Copyright: Foto: Hanano
- Hunderte Fahrschüler in NRW warten derzeit fast dreimal länger auf einen Termin für die praktische Führerscheinprüfung als üblich.
- Grund sind Personalprobleme beim TÜV Rheinland.
Schwalmtal – Es ist 17.15 Uhr am Mittwochnachmittag, als Maike Cremers zu ihrem Fahrlehrer ins Auto steigt. Die 17-Jährige hat eigentlich schon alle ihre Pflichtstunden absolviert und die theoretische Prüfung bereits vor fünf Wochen bestanden. „Aber jetzt bekomme ich erst einmal keinen Termin für meine praktische Prüfung“, sagt die Schülerin. Erst am 5. August wird es soweit sein. „Das heißt, ich muss Wochen auf die Prüfung warten. Darüber ärgere ich mich sehr“, klagt sie. Denn normalerweise wartet man auf einen Termin zwei Wochen.
Maike Cremers ist eine von Hunderten Fahrschülern, die in NRW derzeit lange au f einen Prüfungstermin warten müssen. „Das ist für viele traurig“, sagt ihr Fahrlehrer Horst Wintgen von der gleichnamigen Fahrschule. „So ist keine vernünftige Fahrausbildung mehr möglich. Es vergeht zu viel Zeit von der letzten Fahrstunde bis zur Prüfung“, kritisiert er.
Grund für die massiven Verzögerungen sind personelle Probleme beim TÜV Rheinland, die im März und April aufgetreten sind und bis heute nicht kompensiert werden konnten. Die Fahrschulen würden dadurch vor erhebliche Probleme gestellt werden. „Denn die Schüler wissen kaum noch, was sie machen sollen. Ständig müssen sie vertröstet werden“, sagt Kurt Bartels, Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Nordrhein.
Jeder Dritte fällt durch
In NRW fällt mehr als jeder dritte Fahrschüler durch die theoretische Führerscheinprüfung. 2018 lag die Durchfallquote nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes bei Theorieprüfungen bei 34,8 Prozent. Im Vorjahr waren es 35 Prozent.
Denn entgegen der landläufigen Meinung, dass immer weniger junge Erwachsene einen Führerschein machen würden, sind die Fahrschulen in der Region voll mit Fahrschülern. „Es stimmt nämlich nicht, dass junge Menschen keinen Führerschein me hr machen wollen. Sie fangen nur ein bisschen später damit an. Das Dokument hat nur nicht mehr die höchste Priorität“, sagt Bartels. Während die meisten bis vor einigen Jahren noch mit 18 angefangen hätten, würden sie die Prüfung jetzt mit 23 bis 25 Jahren ablegen. „Sie merken, dass man den Führerschein für den Beruf und die Familie immer noch braucht“, sagt Bartels. Darüber hinaus gebe es ein Stadt-Land-Gefälle. „In ländlicheren Regionen, aber auch in den sogenannten gutbürgerlichen Gegenden fängt man früher mit dem Führerschein an“, erklärt der Verbandsvorsitzende.
Die Zahl der Prüfungen und Fahrschüler hätten insbesondere in den vergangenen fünf Jahren deutlich zugenommen, meint Bartels. Ein Grund dafür seien auch die Flüchtlinge. „Wir haben Arabisch als zwölfte Fremdsprache für die Prüfung zugelassen. Das wird unheimlich gut angenommen“, sagt er.
Horst Wintgen hat wegen der angespannten Lage me hrere Sorgenkinder in seiner Fahrschule, die aus beruflichen Gründen dringend den Führerschein benötigen. Einer von ihnen fängt am 1. Juli bei der Dekra an, braucht dafür aber einen Führerschein, den er normalerweise bis dahin auch bekommen hätte. Wegen des Personalmangels beim TÜV Rheinland aber wird er nun erst am 28. Juli geprüft. „Sagen Sie mal als junger Mensch Ihrem neuen Chef, dass Sie keinen Führerschein haben, weil man dafür keinen Termin bekommt. Der wird Ihnen was erzählen“, betont Wintgen. Zudem arbeiteten viele Fahrschulen auch mit Arbeitsämtern zusammen, die Fristen für Prüfungen setzen. „Das alles kann man jetzt vergessen“, so der Fahrlehrer.
Maike Cremers hat viele Freunde, denen es genauso ergeht wie ihr. Alle seien extrem frustriert, sagt sie. „Dabei habe ich extra einen Intensivkursus gemacht, um schneller fertig zu sein“, sagt die 17-Jährige. Eigentlich wollte sie zwei Wochen nach den Osterferien alles beende t haben und eine Fahrerlaubnis besitzen. Nun wird es frühestens in den Sommerferien soweit sein. „Bis dahin muss ich aber wieder Stunden nehmen“, sagt sie. „Ansonsten wäre ich wohl nicht mehr bereit für die Prüfung.“