Expertin zur ungewöhnlichen SichtungWas macht die Robbe eigentlich im Rhein?

Die Robbe im Rhein bei Krefeld ist abgetaucht und vermutlich Richtung Meer zurückgeschwommen.
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- In Krefeld tummelte sich am Montag ein ungewöhnlicher Besucher im Rhein: Eine Robbe schwamm seelenruhig durch das Gewässer.
- Eine Expertin erklärt, wie das Tier hier eigentlich überleben kann.
Krefeld – Das Tier wurde von Augenzeugen gesichtet, ein Fotograf bekam es sogar vor die Linse. Der Aquazoo Löbbecke Museum bestätigte dann die Vermutung: Ja, es ist eine Robbe, die gerade durch den Rhein bei Krefeld schwimmt. Zuletzt wurde vor sechs Jahren ein Seehund im Rhein gesichtet, damals in Düsseldorf.
Ulrike Meinfelder ist Tierärztin und stellvertretende Leiterin der Seehundstation Friedrichskoog an der Westküste von Schleswig-Holstein. Dort werden Seehunde und Kegelrobben tierschutzgerecht aufgezogen und verletzte Tiere gepflegt. Mit unserer Redaktion hat Meinfelder über die Lebensumstände der Krefelder Rhein-Robbe gesprochen.
Frau Meinfelder, eine Robbe im Rhein – das klingt erst einmal ungewöhnlich. Wie oft kommt es vor, dass sich diese Tiere vom Salzwasser aus der Nordsee ins Süßwasser, 270 Kilometer entfernt, begeben?
Ulrike Meinfelder: Dass Robben auch im Süßwasser leben, kommt schon mal vor. Sie fühlen sich in beiden Gewässern wohl. Gerne halten sich Robben zum Beispiel in Flussmündungen auf. Da kann es auch mal sein, dass sie einige Meter oder Kilometer in den Fluss schwimmen. Eine Strecke von mehr als 200 Kilometern ist zwar selten, aber nicht total ungewöhnlich.

Ulrike Meinfelder (links) ist Expertin in Sachen Robben.
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Wovon ernährt sich das Tier im Rhein?
Meinfelder Wie auch in der Nordsee: von Fisch. Ob es ein Süß- oder Salzwasserfisch ist, ist der Robbe egal. Robben sind Nahrungsopportunisten und keine besonderen Feinschmecker. Das bedeutet, sie fressen, was sie kriegen können.
Bisher berichten Augenzeugen nur von der einen Robbe im Rhein. Fühlt sich das Tier womöglich einsam?
Meinfelder Einsam? Nein, Robben sind Einzelgänger. Sie halten für gewöhnlich immer Abstand zueinander, anders als zum Beispiel Seelöwen. Diese Tiere tummeln sich gerne zusammen, manchmal ja sogar übereinander. Das würden Robben nie machen. Bei ihnen sind das eher lose Verbände. Nur wenn Gefahr droht, dann warnen sie sich auch gegenseitig.
Apropos Gefahr – was wäre die größte für die Rhein-Robbe?
Meinfelder Schiffe oder kleinere Boote sind für die Robben kein größeres Problem - vorausgesetzt, sie sind gesund. Die Tiere haben wahnsinnig gute Sinne und bekommen solche Gefahren eigentlich immer mit. Anders sieht das bei Verschmutzungen der Gewässer aus. Das ist für Robben immer ein Problem. Und natürlich: der Mensch. Wenn sich die Robbe gerade an Land ausruht und sich dauernd jemand nähert, sie fotografieren will oder womöglich noch versucht sie anzufassen, dann bedeutet das großen Stress für sie. Und Stress ist für kein Tier gut.
Was denken Sie, bleibt die Robbe im Rhein oder schwimmt sie irgendwann wieder zurück in Richtung Nordsee?
Meinfelder Erfahrungsgemäß schwimmen Robben immer irgendwann wieder zurück. Ein gesundes Tier könnte für die Strecke sogar nur wenige Tage brauchen. Ob stromaufwärts oder -abwärts, das ist dabei egal. Die Tiere sind ja schließlich Kummer gewohnt – Sturm „Sabine“ hat sie ja auch ordentlich durchgewirbelt. Das packen die schon.