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Gericht soll entscheidenDarf ein Schäfer einen Wolf eigenmächtig erschießen?

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Wolf

Symbolfoto

Winsen – Wendelin Schmücker hat genug vom Wolf. Drei Mal sind die Schafe des Berufsschäfers in den zurückliegenden Jahren Opfer des Raubtiers geworden. Massaker habe der Wolf angerichtet, umschreibt es Schmücker. Er fand jedes Mal tote Schafe und solche, die so schwer verletzt waren, dass der Tierarzt sie einschläfern musste.

Wolfsabweisende Zäune konnten das Raubtier nicht stoppen. Deswegen will Schäfer Schmücker im wahrsten Wortsinn aufrüsten: Vor Gericht will er sein Recht erstreiten, mit einer Flinte auf Wölfe zu schießen. Am kommenden Dienstag wird vor dem Verwaltungsgericht in Lüneburg verhandelt: Schäfer Schmücker gegen den Staat.

Der Staat ist in diesem Fall die Stadt Winsen in Niedersachsen, genauer gesagt das Ordnungsamt als Waffenbehörde. Denn die hat den Antrag auf Bewaffnung von Schmücker abgelehnt. Er habe kein „Bedürfnis“, befand die Behörde.

Schon drei Mal wurden seine Schafe vom Wolf angegriffen

Das war im Oktober 2018. Wenige Tage später kam es zum zweiten Angriff auf Schmückers Schafe. Er klagte gegen den Bescheid. Zwischenzeitlich gab es im April 2022 den dritten Angriff. Nun soll endlich verhandelt werden. Das Verwaltungsgericht in Lüneburg ist zuständig.

Schmückers Ansinnen ist einigermaßen aussichtslos. Denn der Wolf ist nach wie vor streng geschützt. Obwohl er sich immer weiter ausbreitet, gilt er als vom Aussterben bedroht. Eine Untersuchung im Auftrag des Landes Niedersachsen kam zu dem Ergebnis, dass schon bald mehr als 1000 Wölfe durch das Flächenland streifen könnten.

Will seine Schafe mit Waffen vor dem Wolf schützen: Wendelin Schmücker aus Niedersachsen.

Und trotzdem dürfen die Tiere nur auf amtliche Anordnung hin erschossen werden. Aber auch nur dann, wenn ein und derselbe Wolf zweimal nachweislich Schutzmaßnahmen überwunden hat. Reißen jeweils unterschiedliche Wölfe aus einem Rudel bei mehreren Angriffen Schafe, kann der Abschuss nach Lage der rechtlichen Dinge nicht genehmigt werden. In anderen europäischen Ländern wird der Wolfsbestand indes durch Bejagung begrenzt.

Schmückler will nun selber zur Waffe greifen

Aktuell wird geprüft, wie es sich mit einem Wolfsrudel in Wittmund verhält. In Ostfriesland waren mehrfach Nutztiere attackiert worden. Reicht das für einen Abschuss einzelner Problemwölfe? Landesumweltminister Olaf Lies (SPD) zeigte sich in einer Mitteilung skeptisch, ob die Beweislage reicht. Lies mahnte aber auch: „Wir müssen als Staat Handlungsfähigkeit beweisen, also Tiere aus besonders auffälligen Rudeln gezielt abschießen, bevor verzweifelte Weidetierhalter selbst zur Waffe greifen.“

Genau das hat Schäfer Schmücker vor. Allerdings auf legalem Wege und deswegen klagt er. Der Halter von 650 Mutterschafen ist Vorsitzender des Fördervereins Deutsche Schafhaltung und in dieser Funktion einer der führenden Köpfe der Anti-Wolf-Bewegung. Wenn sich das Raubtier immer weiter ausbreitet, sieht er seinen Berufsstand existenziell bedroht.

Zwar bekommen Schäfer pro getötetem Schaf eine Entschädigung. Aber ihr Geld verdienen viele von ihnen eigentlich mit den Lämmern. Ein totes Schaf lammt nicht. Ein überlebendes Schaf erleidet häufig eine Fehlgeburt nach einem Wolfsangriff. Dem Schäfer fehlen dauerhaft Einnahmen.

Schmücker geht es uch darum, im Ernstfall sich und sein Eigentum zu schützen. „Was soll ich denn machen,“ fragt er, „wenn ich bei meinen Schafen bin und plötzlich kommt ein Rudel Wölfe aus dem Wald? Da hilft es mir auch nicht, wenn ich mit Stöckchen werfe.“

Und wenn das Gericht ihm die Bewaffnung verweigert? Dann will er weiter streiten und die Berufung beantragen. Er kämpfe ja schließlich nicht nur für sich. Seine Tochter wolle den elterlichen Betrieb in Winsen irgendwann einmal übernehmen.