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Geschlagen und gequältMutter und Tochter wie Sklaven gehalten

Lesezeit 3 Minuten

Symbolbild

Washington – Wieder herrscht Erschütterung in den USA, wieder waren Nachbarn anscheinend ahnungslos. Eine geistig behinderte Mutter und ihr Kind sind etwa zwei Jahre lang in einem Wohnhaus in Ashland (Ohio) praktisch wie Sklaven gehalten worden. Sie wurden gequält, misshandelt, mit Waffen bedroht und mussten manchmal Hundefutter essen.

Befreit wurden sie nur zufällig, wie US-Medien unter Berufung auf Behördenvertreter berichteten. Die zuständige Staatsanwaltschaft gab am Dienstag (Ortszeit) Anklagen gegen drei der mutmaßlichen Peiniger bekannt. „Wir werden wieder einmal daran erinnert, dass moderne Sklaverei auch bei uns existiert“, sagte Staatsanwalt Steven Dettelbach.

Das Verbrechen weckt böse Erinnerungen: Erst im Mai wurden in Cleveland (ebenfalls Ohio) drei Frauen gerettet, die vor rund zehn Jahren entführt und seitdem gefangen gehalten worden waren. Während in diesem Fall einem 52-jährigen als Einzeltäter der Prozess gemacht werden soll, wurden in Ashland eine Frau und zwei Männer angeklagt.

US-Medien berichteten außerdem unter Berufung auf Gerichtspapiere von einem vierten Angeklagten. Die Behörden schwiegen sich aber zunächst darüber aus, ohne Gründe dafür zu nennen.

Die Öffentlichkeit erfuhr aber Einzelheiten über die grausame Behandlung, denen die Frau und ihre heute fünf oder sechs Jahre alte Tochter ausgesetzt waren. Befreit wurden sie bereits im vergangenen Oktober, nachdem die Frau in einem Laden beim Diebstahl eines Schokoriegels erwischt worden war. Sie habe darum gebeten, ins Gefängnis zu kommen, weil sie bei Menschen lebe, die gemein zu ihr seien, so der Nachrichtensender CNN. Dies habe die Behörden stutzig gemacht.

Wie Staatsanwalt Dettelbach vor Journalisten schilderte, waren die Frau und ihr Kind im Keller eines heruntergekommenen Hauses untergebracht - zusammen mit Pitbulls, Pythons und einer Giftschlange. Die Frau sei geschlagen und zur Arbeit im Haus und im Garten gezwungen worden - mit der Drohung, wenn sie nicht gehorche, griffen sie die Tiere an.

In einem Fall sei sie angewiesen worden, ihr Kind zu schlagen. Ihre Peiniger hätten das per Handy als Video aufgenommen und gedroht, sie wegen Kindesmisshandlung anzuzeigen, sollte sie zu flüchten versuchen.

Mutter und Kind hätten auf Zementboden schlafen müssen, wiederholt sei ihnen Essen verweigert worden, und manchmal hätten sie nicht zur Toilette gehen dürfen. Die Frau wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft auch absichtlich verletzt und dann mindestens dreimal in die Notaufnahme von Krankenhäusern geschickt.

Ihre Peiniger wollten sich demnach dadurch Drogen beschaffen: Die Schmerzmittel, die das Opfer erhielt, hätten sie für sich selbst verwendet. Medienberichten zufolge kassierte einer der Verdächtigen die Sozialhilfe der geistig behinderten Frau. Sie habe im Alter von 15 Jahren eine Hirnverletzung erlitten und die geistigen Kapazitäten einer 13- oder 14-Jährigen, zitierte die Zeitung „Plain Dealer“ einen Polizeivertreter.

„Sie haben versucht, dem Opfer die menschliche Würde zu nehmen“, sagte Staatsanwalt Dettelbach. Frau und Kind seien „schlechter behandelt worden als die Tiere im Haus“. Die Familien der Verdächtigen wiesen die Anschuldigungen unterdessen als „lächerlich“ zurück.

Rund 100 Kilometer von Ashland entfernt sollte am Mittwoch in Cleveland der mutmaßliche Entführer der drei Frauen, Ariel Castro, zu einer Anhörung vor Gericht erscheinen. Castro wird neben Kidnapping vorgeworfen, eine der Entführten vergewaltigt, geschwängert und sie dann derart misshandelt zu haben, dass sie das Kind verlor. Die Frauen sind heute 32, 27 und 23 Jahre alt. (dpa)