Nach Explosion in BeirutLibanesen in Köln sind voller Sorge um ihre Familien

Große Sorgen um seine Eltern macht sich Ahmad El Masri.
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- Die gewaltige Explosion im Hafen von Beirut ist für sich genommen schon eine Katastrophe.
- Aber zudem befindet sich der Libanon in einer tiefen Wirtschaftskrise.
- In Köln lebende Libanesen bangen zurzeit um ihre Familien.
Köln – Eigentlich wäre Ahmad El Masri jetzt da. In dem Land, das gerade die Schlagzeilen bestimmt. Im Libanon. Wo eine gewaltige Explosion im Hafen verheerende Schäden angerichtet hat. Seine Heimat. Die Corona-Pandemie hat verhindert, dass er vor einigen Tagen wie geplant fliegen konnte. Im Grunde ein Glück. Wären da nicht seine Eltern. Ahmad El Masri geht es wie wohl allen in Köln lebenden Libanesen zur Zeit: „Es ist schrecklich. Ein tiefes Trauma. Ich habe jeden Tag Kontakt zu meinen Eltern im Libanon.“
Die gewaltige Explosion im Hafen von Beirut wäre für sich genommen schon eine Katastrophe. „Aber zudem befindet sich der Libanon in einer tiefen Wirtschaftskrise“, sagt El Masri. Das Land am östlichen Mittelmeer ist im internationalen Sprachgebrauch ein sogenannter „failed state“, ein gescheiterter Staat. „Die Korruption hat ein Ausmaß angenommen, davon kann man sich hier gar keine Vorstellung machen.“
„Der letzte Schlag“ für das Land
El Masris Eltern leben in Tripoli, rund 85 Kilometer von Beirut entfernt. Damit sind sie nicht direkt betroffen von der Explosion. Aber diese Katastrophe sei für das ganze Land „der letzte Schlag“. „Sobald es möglich ist, fahre ich dort hin. Ich muss meine Eltern sehen“, sagt der 47-jährige Bauingenieur, der 1992 zum Studieren nach Köln kam und hier ein Ingenieurbüro betreibt.

Hischam Faour am Flughafen in Beirut
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Der Vater von Hischam Faour (46) lebt in Beirut, 14 Kilometer vom Hafen entfernt. „Der Hafen von Beirut liegt mitten in der Stadt, wie in Köln die Altstadt“, sagt er. Das ganze Zentrum sei durch die Explosion zerstört, weiß er von Berichten seiner Verwandten. „Das Leben steht jetzt still. Nun liegt der Libanon total am Boden. Der Hafen war noch einer der wenigen funktionierenden Warenumschlagplätze. “ Mehrfach am Tag telefoniere er mit seinem Vater sowie mit seinem Bruder und seiner Schwester. Auch er wollte in den Sommerferien eigentlich dort sein. Auch ihm machte Corona einen Strich durch diesen Plan. „Ich hoffe, dass ich im Herbst oder spätestens zu Weihnachten fliegen kann“, sagt Faour voller Sorge um seine Liebsten.
Alle Fenster zerborsten
Perla Zayek ist im übertragenem Sinne noch näher dran an der schrecklichen Explosion. „Mein Bruder lebt in dem Viertel, dass sich direkt ans Hafenviertel anschließt.“ Fünfmal telefoniere sie mit ihm am Tag seit dem schrecklichen Ereignis. „Alle Fenster in seiner Wohnung sind zerborsten, die Türrahmen herausgerissen.“ Die Menschen würden dort nun in einer Schockstarre leben. „Die Korruption, die wirtschaftliche Not, keine Elektrizität – man weiß einfach nicht mehr, was man noch machen soll“, beschreibt die 60-Jährige, die schon seit den 80er Jahren in Köln lebt, den Zustand in ihrem Herkunftsland.
Alle drei plädieren dafür, das der Libanon nun alle Hilfe brauche, die mobilisiert werden kann. Und sie warnen zugleich, nicht einfach Hilfsgelder in das Land zu transferieren. Das werde sofort in den Taschen korrupter Politiker und Beamter landen. „Die Hilfe muss nun direkt zu den Betroffenen kommen“, sagt Hischam Faour. „Zu aller erst muss nun aufgeräumt werden“, so Perla Zayek. Ahmad El Masari hat sich gestern auf den Weg nach Essen gemacht, zu einer Solidaritätskundgebung.