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Abschlussbericht zu LügdeErmittlungen gefährden Aufklärung anderer Sexualdelikte

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Lügde aktuell 130519

28 Kinder sollen auf dem Campingplatz in Lügde missbraucht worden sein.

Düsseldorf/Lügde – Die Ermittlungen im Fall Lügde gefährden offenbar die Aufklärung anderer Sexualdelikte in Nordrhein-Westfalen. Mit entsprechenden Fällen befasste Polizisten klagten in Gesprächen mit unserer Redaktion, dass sie bei ihrer Arbeit nicht voran kämen, weil die Ermittlungskommission „Eichwald“ zu viele Kapazitäten binde.

Sebastian Fiedler, NRW-Chef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter sagte: „Es stimmt, dass die Konzentration von Spezialisten auf den Fall Lügde die Ermittlungen von anderen Sexualdelikten in NRW verzögert.“

Die auf zeitweise 76 Beamte aufgestockte Ermittlungskommission „Eic hwald“ klärte monatelang den wohl schwersten Fall von Kindesmissbrauch in der Landesgeschichte auf. Enorme Kapazitäten erforderten die Auswertung von Millionen Fotos und Videos mit kinderpornografischem Material, die sichergestellt wurden.

Das NRW-Innenministerium schloss auf Anfrage nicht aus, dass die Aufklärung anderer Fälle unter der Ermittlungskommission „Eichwald“ gelitten hat. Ein Sprecher sagte: „Die Kreispolizeibehörden, die dortigen Führungskräfte und kriminalpolizeilichen Sachbearbeiter und auch das Ministerium werden alles dafür tun, auch in allen anderen Ermittlungsverfahren die notwendigen Ermittlungen innerhalb der zulässigen Fristen zu bearbeiten.“ In den übrigen Kreispolizeibehörden stünden nach wie vor Fachkräfte zur Aufklärung von Sexual- und Kindesmissbrauchsdelikten zur Verfügung. „Es liegt jedoch in der Natur der Sache, dass bei außergewöhnlich komplexen Kriminalfällen Personal gebündelt und temporär au s anderen Aufgabenbereichen zugeordnet wird“, so der Sprecher.

Genügend Beweise gesammelt

Die intensiven Ermittlungen scheinen sich jedoch teilweise gelohnt zu haben. Der Bielefelder Anwalt Peter Wüller, der vier Opfer vertritt, sagte unserer Redaktion, er halte Haftstrafen bis zu 14 Jahren bei den zwei Hauptbeschuldigten für gut denkbar. Behutsame Befragungen von missbrauchten Kindern und Jugendlichen hätten so klare Aussagen ergeben, dass jedem der zwei Haupttäter genügend schwere Verbrechen nachgewiesen werden können. Er hält es für gut möglich, dass die zwei Männer nach der Haft in Sicherheitsverwahrung kommen: „Wer sich über viele Jahre an kleinen Kindern vergeht, ist als Hangtäter zu betrachten. Der darf nie wieder freikommen.“

Wüller gibt sich schockiert über das Ausmaß der Verbrechen, wie sie die Ermittlungsakten zeigen: Kinder seien gezwungen worden, sich gegenseitig zu missbrauchen. Die beiden Hauptbeschuldigten hätten Kinder „reg elrecht untereinander getauscht.“ Kindern sei mit „Wohnwagenarrest“ gedroht worden. Er sei aber auch darüber schockiert, dass die Taten sich unbemerkt über viele Jahre mit dutzenden Opfern hinzogen, obwohl „hunderte anderer Menschen“ auf dem Campingplatz waren. „Das verstehe ich nicht.“

Wie viele Fälle von Sexualdelikten und Kindesmissbrauch die NRW-Polizei derzeit aufklärt, ist nicht bekannt, erklärt das Innenministerium. Es gäbe nur vorläufige Zahlen. Für das vergangene Jahr weist die Kriminalstatistik in NRW 14.076 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und 2422 Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch aus.