Noch Dutzende Vermisste in MiamiFührten Klimawandel und Wasserspiegel zum Einsturz?

Noch immer geht die Suche in den Trümmern weiter.
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Washington/Miami – Überwachungskameras zeigen, dass es nicht nicht einmal zehn Sekunden dauerte, bis der 12stöckige Teil der 55 Wohnungen umfassenden Apartmentanlage „Champlain Towers South“ in der Stadt Surfside nördlich von Miami vollständig kollabiert war. So hatten die Bewohner, von denen bis Freitagnachmittag noch mindestens 159 vermisst wurden, keine reale Chance, sich am frühen Donnerstagmorgen gegen 1.30 Uhr in Sicherheit zu bringen.
Die meisten Menschen in der vor 40 Jahren gebauten Anlage hätten vermutlich geschlafen, so Rettungskräfte. Die Zahl der geborgenen Toten stieg inzwischen auf vier Personen. Doch für jene, von denen Verwandte und Freunde bisher noch kein Lebenszeichen erhielten, sanken die Überlebenschancen in dem tonnenschweren Gewirr aus Beton und Stahl stündlich.
Ob Deutsche unter den Vermissten sind, ist noch unklar
Zu jenen, nach denen weiter gesucht wurde, zählt auch eine Frau, die gerade aus New York in die Anlage gezogen war, um sich von einer Covid-19-Infektion zu erholen. Und ein Chirurg aus Argentinien und sein Lebensgefährte, die sich in Florida impfen lassen wollten. Die Schwester der First Lady von Paraguay zählt ebenso zu den Vermissten wie ihr Ehemann, ihre Kinder und eine Hausangestellte. Ob sich auch Deutsche in der bei Kurzzeit-Urlaubern beliebten Anlage befanden, war noch unklar. Man werde die Hoffnung auf Überlebende nicht aufgeben, hieß es gestern bei der Feuerwehr, die die Arbeiten in dem Trümmerfeld auch mit Suchhunden koordiniert.
Wie konnte es zum Einsturz kommen?
Gleichzeitig haben die Spekulationen darüber begonnen, warum ein erst 40 Jahre altes Gebäude, das angeblich regelmäßig vom Management einer Sicherheitsprüfung unterzogen wurde, einstürzen konnte. Ein Ingenieur hatte schon im Jahr 1999 festgestellt, dass es Bewegungen innerhalb des dem Meer zugewandten Bauwerks gebe. Da diese allerdings nur zwei Millimeter pro Jahr ausmachten, sah man offenbar keinen Grund für eine Sperrung des Hochhauses.

Die Trümmer des eingestürzten Hochhauses in Surfside
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Experten wiesen jetzt darauf hin, dass allerdings schon geringfügige Bewegungen die Stabilität gefährden könnten, wenn gleichzeitig beim Bau verwendete Stahlträger durch die Wassernähe Rost ausgesetzt seien. Hinzu kommt, dass die Apartmentanlage einem Bericht der „Washington Post“ zufolge ein Fundament hat, das auf einem porösen Boden aus Sand und aufgeschütteten organischen Substanzen steht.
Gleichzeitig sei der Grundwasserspiegel in der Region in den letzten Jahrzehnten ständig angestiegen. Kürzlich war Berichten zufolge erst das Dach des Hochhauses erneuert worden. Gebäude in der Stadt Surfside müssen alle 40 Jahre vom Bauamt neu zertifiziert werden. Da das Bauwerk gerade diese Zeitmarke überschritten hatte, war erst vor wenigen Tagen eine Inspektion abgeschlossen worden. In dem Bericht hätten sich nach Angaben der Stadt keine Indizien für eine lebensbedrohliche Situation für die Bewohner befunden.
Milliardenausgaben gegen die Folgen des Klimawandels
Allerdings hatte sich die Inspektion offenbar nicht der Frage gewidmet, ob ein steigender Wasserspiegel und die anhaltende Küstenerosion eine Gefahr für das Gebäude darstellen. Die Stadt Miami muss einer internen Planung zufolge in den nächsten 40 Jahren vermutlich fast vier Milliarden US-Dollar ausgeben, um die Stadt vor dem durch den weltweiten Klimawandel ansteigenden Meeresspiegel zu schützen. Und einige Gebiete müssen vermutlich von Bewohnern für immer aufgegeben werden.

Ein Mann betet nahe dem Unglücksort
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Schon jetzt sei die Frisch- und Abwasserversorgung im Bezirk Miami-Dade County gefährdet, hieß es in Berichten. Und: Nach dem Einsturz des Hochhauses sei durchaus davon auszugehen, dass auch andere Bauwerke in Küstennähe gefährdet seien.