NRW-Unwetter und StarkregenWarum der Regen Fluch und Segen zugleich ist

Viele Bauern befürchten Ernteausfälle beim Getreide.
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Statt Sonnenbrille und Sonnencreme braucht es derzeit Regenschirm und Gummistiefel. Das extrem regnerische Wetter soll noch bis Donnerstag anhalten, mancherorts gibt es massive Überschwemmungen. Und das, wo in NRW die Sommerferien im vollen Gang sind. Aber nicht nur daheim gebliebene Schüler und Urlauber sind von den Wetterextremen wenig begeistert.
Auch Landwirten macht der viele Regen in diesem Sommer zu schaffen. Die Waldbauern freuen sich dagegen über den Niederschlag. Der Regen ist Fluch und Segen zugleich.
Talsperren gut gefüllt
Die Regenfälle sind für die Talsperren der Region kein Problem, sagen die zuständigen Verbände. Seit einigen Tagen würde bereits vorsorglich Wasser aus den Talsperren im Bergischen in die Flüsse abgegeben werden, um Hochwasser vorzubeugen, sagt Susanne Fischer, Pressesprecherin beim Wupperverband. „Im Juli fallen durchschnittlich 113 Liter pro Quadratmeter an der Bevertalsperre“, sagt Fischer. „Nun sind 100 Liter pro Quadratmeter in zwei Tagen angekündigt.“ Fischer rechnet mit einem Anstieg der Pegel und einer Überschreitung der Meldegrenzen. Nach dem Regen werde weiterhin Wasser aus den Talsperren in die Flüsse abgegeben, weswegen die Flusspegel örtlich noch etwas länger erhöht sein könnten.
„Alle Talsperren sind in diesem Jahr überdurchschnittlich gut gefüllt“, sagt Marcus Seiler, Pressesprecher vom Wasserverband Eifel-Rur. „Trotzdem ist in allen Talsperren genug Platz für anstehende Niederschläge.“ Derzeit gibt der Verband rund elf Kubikmeter Wasser in die Rur bei Heimbach. „Wir können die Abgabe auf bis zu 60 Kubikmetern erhöhen“, so Seiler. Die Regenfälle werden den Flusspegelstand aber nicht wirklich erhöhen. Und sollte der August trocken werden, sei die Wasserversorgung gesichert, so Seiler. (jes)
Eigentlich sollten die Erdbeeren von Landwirt Karl-Josef Engels auf dem Feld derzeit saftig rot sein. Stattdessen haben immer mehr Früchte faule Stellen. Die Qualität leide unter dem vielen Regen der letzten Wochen, sagt der Landwirt, der in Troisdorf den Engelshof betreibt. Auch die Himbeeren seien relativ weich und hielten sich deswegen nach der Ernte nur wenige Tage, berichtet Engels. Viele Kunden würden das auf eine mangelnde Qualität schieben, doch Erdbeersorten, die besonders geschmacksintensiv seien, hielten sich nicht so lange, sagt er. Freilanderdbeeren seien wegen der Wetteranfälligkeit auch kaum profitabel und würden deswegen an Bedeutung verlieren, sagt Engels. Doch um Erdbeeren zum Selbstpflücken anbieten zu können, ginge es nicht anders.
Getreide
Neben der Obsternte macht Engels jedoch auch die Getreideernte sorgen. Besonders die Qualität der Gerste sei nicht gut, die Ernte sei zu nass. Mit starkem Gebläse versucht der Landwirt nun, die überschüssige Restfeuchte nach der Ernte aus dem Getreide zu bekommen, damit es zu Mehl verarbeitet werden kann. Sollte das Wetter jedoch weiterhin so nass bleiben, sei auch der Winterweizen betroffen und der Raps platze durch den Regen auf. Dann rechnet der Landwirt mit hohen Verlusten. „Für die Getreideernte müsste es das Wetter jetzt 14 Tage trocken bleiben“, sagt Engels. Auch für die anschließende Strohernte sei trockenes Wetter wichtig. Doch Engels beschwert sich nicht nur. „Die Natur braucht das“, weiß er. Und für die Kartoffeln, Zuckerrüben und den Mais sei das Wetter optimal.
Preise
„Sollte das Wetter so bleiben, wird die Preisdifferenz zwischen Futter- und Mahlgetreide sehr groß“, sagt Carl Offergeld, stellvertretender Vorsitzender der Rheinischen Warenbörse.
Durch den vielen Regen seien die Böden zu nass und Trecker und Mähdrescher könnten die Felder nicht befahren. „Irgendwann ist das Getreide nicht mehr für Mehl geeignet“, so Offergeld.
Auf den Preis, den Verbraucher beispielsweise für Mehl im Supermarkt letztendlich zahlen, habe das Wetter nur einen kleinen Einfluss. „Die Preise werden woanders gemacht“, so Offer-geld. Stattdessen sei bei Getreide zum Beispiel, da es börsennotiert ist, die Weltlage entscheidender.
Obstbauern
Optimal ist das Wetter auch für die Äpfel auf dem Hof von Manfred Felten in Meckenheim. Zwar fördere die Nässe Pilzinfektionen an den Bäumen, Felten macht sich deswegen aber wenig Sorgen. „Für die Bäume ist der Regen wichtig“, sagt der Obstbauer.

Den Erdbeeren auf den Feldern macht der viele Regen der letzten Zeit zu schaffen.
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In den vergangenen Jahren musste er immer zusätzlich wässern, hat mittlerweile in seinen Anlagen ein Bewässerungssystem verlegt. Dieses Jahr kommt er ohne aus. Doch auch Felten hofft auch besseres Wetter, vor allem im August: „Die Sonne ist für die Süße der Früchte wichtig.“
Bei den Sauerkirschen hat der Obstbauer bei der ersten Sorte dagegen einen kompletten Ausfall aufgrund des Wetters. „Die sind zu 100 Prozent geplatzt“, sagt Felten. Die Süßkirschen ständen zum Glück in einer überdachten Anlage, deswegen sei der Regen dort egal.
Gastronomie
Den Gastronomen macht das Wetter derzeit noch keine Sorgen, sagt Thorsten Hellwig, Pressesprecher der Dehoga.

Die Gastronomie stört sich an dem Wetter weniger – der Beschäftigungsmangel sei das größere Problem.
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Zwar sei eine stabile Wetterlage mit 25 Grad und Sonne wünschenswert, aber die Corona Maßnahmen und der damit verbundene Beschäftigungsmangel sei gerade eher Thema bei den Wirten.
Wald
Andreas Marx, Koordinator des „Dürremonitors“ beim Helmholtz-Institut sagt: „Für die Landwirtschaft ist 2021 kein ausgeprägtes Dürrejahr. Für die Forstwirtschaft sieht das anders aus.“ In den oberen Bodenschichten gebe es ausreichend Wasser für Sträucher und Büsche. Aber ab 1,50 Meter Tiefe seien die Böden „vielerorts immer noch knochentrocken“. Das mache den Bäumen nach wie vor zu schaffen. Gerade in den ostdeutschen Bundesländern seien die Wasserdefizite so groß, „dass wir schon mehrere Monate mit überdurchschnittlich viel Regen bräuchten, damit sich die Situation in den tieferen Bodenschichten verbessert.“ Das Jahr 2021 war bislang nur durchschnittlich