Die Tierschutzorganisation Peta schlägt Alternativen vor: Statt Hühnchen rupfen Weinblätter rollen, statt Fliegen schlagen besser Erbsen auf eine Gabel laden.
Tierschützer fordern AlternativenIst „Hühnchen rupfen“ für Tiere diskrimierend?

Verunglimpft man Tiere mit Ausrücken wie „ein Hühnchen rupfen“? Tierschützer sagen: ja - und schlagen alternative Sprachbilder vor.
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Althergebrachte Redewendungen, über die man kaum nachdenkt, können diskriminierend sein. Gehört dazu auch „Hühnchen rupfen“ oder „zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen“? Die Tierschutzorganisation Peta findet: ja. Das sei diskriminierend gegenüber den Tieren. Sie schlägt Alternativen vor: Statt Hühnchen rupfen Weinblätter rollen, statt Fliegen schlagen besser Erbsen auf eine Gabel laden.
Der Vorstoß sei als Denkanstoß gegen die Tierausbeutung gedacht, sagt Biologin Yvonne Würz, bei Peta Fachreferentin Zoo und Zirkus. Die Organisation hat vor zwei Jahren Alternativen für zehn Redewendungen entwickelt. Neben den Weinblättern und Erbsen kommt darin auch Calzone vor: statt „die Katze aus dem Sack lassen“ als Ausdruck für eine Überraschung schlägt sie „die vegane Calzone aufschneiden“ vor.
Speziesismus: Diskriminierung gegen Lebewesen
Es geht um Speziesismus, die Diskriminierung gegen Lebewesen aufgrund ihrer Spezie (Art). Oder, wie der vegan lebende Schauspieler Steffen Groth („Die Bergretter“, „Soko Leipzig“) für Peta in Audiospots sagt: „Speziesismus bedeutet, dass Menschen anderen Tieren alles nehmen, was ihr Leben ausmacht. Wir lassen sie leiden und ermorden sie millionenfach auf grausame Weise, weil unsere Lust auf Fleisch, Leder oder Wolle scheinbar wichtiger ist als ihr Leben.“
Aus der Sprachwissenschaft ist bekannt, dass Denkmuster geändert werden können, wenn die Sprache verändert wird. „Speziesismus ist in so gut wie jeder Hinsicht mit Rassismus und Sexismus vergleichbar, nur sind die Opfer der Diskriminierung halt Tiere statt Menschen“, sagt der Ökolinguist Reinhard Heuberger von der Universität Innsbruck. „Wenn die Möglichkeit besteht, das Mensch-Tier-Verhältnis über einen geänderten Sprachgebrauch zu verbessern, überwiegen aus meiner Sicht die Vorteile, solche Redewendungen zu ersetzen.“ Erst seit einigen Jahrzehnten finde langsam ein Kulturwandel statt.
Tiere nicht nur unter dem Nutzen-Aspekt ansehen
„Jahrhundertelang wurden Tiere ausschließlich unter dem Gesichtspunkt betrachtet, welchen Nutzen sie für die Menschen erbringen konnten“, schreibt Winfried Ulrich im Ethik-Buch „Menschen und andere Tiere“ der Philosophin Mara-Daria Cojocaru. Ulrich bringt Beispiele, wie Tiervergleiche seit jeher für negative Charakterisierung der Menschen genutzt werden: etwa „dumme Gans“, „Rabeneltern“, „hundeelend“, „affig“, „krebsen“.
Heuberger sagt, Ökolinguistinnen und -linguisten seien sich der Gefahr bewusst, als Political-Correctness-Aktivisten abgestempelt zu werden. Mit politisch korrekter Sprache ist gemeint, keine Ausdrücke zu verwenden, die jemand anders als beleidigend oder herabwürdigend empfinden könnte.
Bei englischen Redewendungen hat Peta teils pfiffige Lösungen gefunden, die näher am Original sind. „Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen“ heißt auf Englisch: „Kill two birds with one stone“. Die vorgeschlagene Alternative: „Feed two birds with one scone“ – auf Deutsch: statt „Zwei Vögel mit einem Stein töten“ neu „Zwei Vögel mit einem Gebäck füttern“. Eine Linguistin hat 2023 untersucht, wie zielführend das ist, und kommt zu dem Schluss, dass die ähnlich klingenden Ausdrücke mehr Chancen haben, angenommen zu werden. (dpa)