Nach dem Messerangriff in Illerkirchberg steht ein 27 Jahre alter Flüchtling in Ulm vor Gericht. Ein Urteil könnte am 4. Juli fallen.
Getötete 14-JährigeProzessbeginn halbes Jahr nach Messerangriff von Illerkirchberg

Der Staatsanwaltschaft zufolge wollte der Mann am Tattag mit einem Messer beim Landratsamt Ausweispapiere erzwingen. (Archivbild)
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Ihre Wege haben sich am 5. Dezember zufällig gekreuzt, eine 14-Jährige überlebt das nicht, ihre Freundin wird schwer verletzt: Der Messerangriff im baden-württembergischen Illerkirchberg sorgte bundesweit für Schlagzeilen, am Freitag beginnt der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter vor dem Landgericht Ulm.
Verteidigerin beschreibt ihren 27-jährigen Mandanten als „mitgenommen“
Die Verteidigerin des 27-Jährigen, der vor fast sechs Monaten zwei Schulmädchen in Illerkirchberg mit dem Messer angegriffen haben soll, hat ihren Mandanten als deutlich mitgenommen beschrieben. Seine Stimmung sei gedämpft, sagte die Juristin vor dem Prozessbeginn. Bis auf ein kleines Verfahren wegen Fahrens ohne Führerschein sei er strafrechtlich völlig unbelastet
Die Staatsanwaltschaft wirft dem 27 Jahre alten Flüchtling aus Eritrea Mord und versuchten Mord mit gefährlicher Körperverletzung vor. Der Staatsanwaltschaft zufolge wollte der Mann am Tattag mit einem Messer beim Landratsamt Ausweispapiere erzwingen.
Angeklagter habe spontan entschlossen, die Schülerinnen zu töten
Als er sein Haus verließ, sind die beiden Mädchen demnach daran vorbeigelaufen. Sie waren auf dem Weg zur Schule. Der Angeklagte soll angenommen haben, dass sie das Messer gesehen hatten. Daraufhin habe er spontan beschlossen, die Schülerinnen zu töten. So habe er verhindern wollen, dass die beiden die Polizei rufen und seinen Plan durchkreuzen.
Die 14 Jahre alte Schülerin starb an ihren Verletzungen im Krankenhaus, ihre Freundin überlebte schwer verletzt. Der Mann wurde kurz nach der Tat festgenommen.
Illerkirchbergs Bürgermeister spricht von „Unerträglichkeit“
„Das Unerträgliche daran ist einfach dieses Zufällige: zur falschen Zeit am falschen Ort“, sagt Illerkirchbergs Bürgermeister Markus Häußler (parteilos). Die Gemeinde im Alb-Donau-Kreis mit rund 5000 Einwohnern kommt auch rund sechs Monate nach der Tat nicht zur Ruhe. „In so einer Zeit reagieren zu müssen, die negativen Auswirkungen so gering wie möglich zu halten – das war sehr intensiv“, sagt Häußler.
Man habe nach der Tat viel Aufklärungsarbeit zur allgemeinen Sicherheitslage gemacht, über Ängste geredet und sie ernst genommen. Auch ein Selbstschutzseminar sei bezuschusst worden. „Wir arbeiten immer noch auf“, betont der 37-Jährige.
Flüchtlingsunterkunft wurde abgerissen
Das Verbrechen geschah vor einer Flüchtlingsunterkunft. Inzwischen ist sie abgerissen worden, dafür hatte sich der Vater der Getöteten ausgesprochen. Wie der Platz gestaltet werde, darum kümmerten sich die Bürgerschaft und der Gemeinderat, erklärt Häußler. Übergangsweise werde eine Wiese gesät. „Perspektivisch soll dort etwas Schönes entstehen.“
Für den Prozess sind insgesamt fünf Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil könnte am 4. Juli fallen. (dpa)