Nach Facebook-Aufruf20.000 Motorradfahrer besuchen in Ostfriesland todkranken Kilian

20.000 Motorradfahrer sind nach Ostfriesland gekommen, um dem krebskranken Kilian eine Freude zu machen.
Copyright: picture alliance/dpa
Rhauderfehn – Mit so einer Resonanz hatte wohl niemand gerechnet: Tausende Motorradfahrer kamen am Samstagmittag in Ostfriesland zusammen, um einem schwer kranken Sechsjährigen eine Freude zu bereiten. Der Aufruf dazu hatte sich in den Tagen zuvor über die sozialen Netzwerke wie ein Lauffeuer verbreitet.
Kilian hat wohl nicht mehr lange zu leben
Kilian Sass aus Rhauderfehn ist unheilbar an Lymphom-Krebs erkrankt und hat der Prognose der Ärzte zufolge nicht mehr lange zu leben. Deshalb wollten ihm Motorradfahrer aus ganz Deutschland und selbst aus der Schweiz seinen sehnlichsten Wunsch erfüllen: an seinem Haus vorbeizufahren und Krach für ihn zu machen.
Die Anteilnahme war riesig, zig Biker kündigten ihr Kommen an, sodass der ursprüngliche Ablauf der Fahrt aus Sicherheitsgründen seitens der Organisatoren noch einmal geändert wurde. Bei Facebook musste der Aufruf wieder gelöscht werden, weil der betreffende Post unzählbare Male geteilt wurde.
Marktplatz in Rhauderfehn rappelvoll
Dass es dann aber so viele werden würden, die auch wirklich kommen, hatte anfangs niemand erwartet: Bereits gegen 10 Uhr füllte sich der Marktplatz in Rhauderfehn nach und nach. Noch weit vor 12 Uhr platzte dieser aus allen Nähten. Für diesen Fall hatte die Polizei zwei weitere Ausweich-Treffpunkte in der näheren Umgebung ausgewiesen. Auch diese waren rasch belegt.
Die Mobilfunknetze waren völlig überlastet, gefühlt jeder wollte unzählige Handyfotos über die verschiedenen Kanäle von Ostfriesland hinaus in die Welt schicken. Über weite Strecken brachen deshalb die Netze zusammen.
Viele der angereisten Biker wollten jedoch nicht nur Krach für den Sechsjährigen machen, sondern zudem finanziell noch etwas Gutes tun. Dafür hatten die Organisatoren einen gelben Motorradhelm zu einer Spendenbox umfunktioniert, die sich schnell füllte.
20.000 Motorradfahrer überraschen krebskranken Kilian
An die 20000 Motorradfahrer, darunter nicht nur Teilnehmer aus der Region, sondern zum Beispiel auch aus den Niederlanden, machten sich schließlich mit halbstündiger Verspätung auf den Weg. Der Präsident des Motorradclubs Norderney, Peter Wieczorek, war seit halb acht unterwegs – inklusive Schiffsfahrt von der Nordseeinsel aufs Festland. „Eine Selbstverständlichkeit“, sagte er zu der Anreise, „wenn wir dem Jungen so eine Freude machen können“. Petra Cassens stimmte zu. Die Bikerin hatte selbst zweimal Krebs. Und auch sie hat ein Kind verloren. „Ich weiß, wie sich die Eltern fühlen“, sagte sie.

Motorradfahrer fahren am Haus des krebskranken Kilian vorbei.
Copyright: dpa
Begleitet wurde der Tross von der Polizei. Bevor sich die Biker in Gang setzten, sprach einer der Organisatoren, Ralf Pietsch, zu den Teilnehmern. „Ich bin sprachlos“, erklärte er. Er bedankte sich bei allen, die gekommen waren, um dem kranken Jungen eine Freude zu machen: „Die Biker-Familie hat euch gerufen, weil Kilian uns gerufen hat.“ Und dann hörte man Kilian selbst per Audio-Mitschnitt: „Ihr müsst alle kommen.“ Ein Gänsehaut-Moment.
An der Langholter Straße, die von unzähligen Menschen gesäumt war, war das Haus der Familie Sass unübersehbar bunt geschmückt: Luftballons flatterten in der Luft, auf einem großen Banner wurden die Biker aufgefordert, sich im Vorbeifahren akustisch bemerkbar zu machen. Und die Biker waren laut – wie es sich Kilian gewünscht hatte. Stundenlang cruisten die Teilnehmer an dem Wohnhaus des Sechsjährigen vorbei und winkten ihm zu.Kilian selbst beobachtete das Spektakel durch das Fenster.
Biker fahren drei Stunden am Haus vorbei
Obwohl sein gesundheitlicher Zustand sehr schlecht ist, war er noch am Freitag aus dem Krankenhaus entlassen worden, um den Rummel vor seinem Haus miterleben zu können. Dabei ahnte er aber bis zuletzt nicht, was ihn am Samstag dort erwarten würde. Denn die Aktion sollte eine Überraschung für den motorradbegeisterten kleinen Jungen werden.
Erst nach rund drei Stunden hatten alle Biker das Haus passiert. Die Polizei zog anschließend ein sehr positives Fazit der Aktion. Pressesprecherin Frauke Bruhns berichtete von einem insgesamt reibungslosen Ablauf: Neben der erwarteten Verkehrsbehinderung habe es lediglich einen kleinen Unfall gegeben, bei dem ein Motorradfahrer leicht verletzt ins Krankenhaus gebracht wurde. Die Polizei bedankte sich anschließend bei allen Mitwirkenden für die Unterstützung, Disziplin und Rücksichtnahme.