Ein deutsch-amerikanisches Paar soll seine Kinder jahrelang in einem verwahrlosten Haus bei Oviedo isoliert haben. Die Eltern handelten wohl aus Angst vor Corona.
Spanisches HorrorhausIm Fall von Oviedo sind noch viele Fragen unbeantwortet

In diesem Haus sollen die Eltern ihre drei Kinder eingesperrt haben.
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Stets mit Mund-Nase-Maske, abgeschirmt von anderen Inhaftierten und unter ständiger medizinischer Beobachtung: So verbringen jene Eltern, die ihre drei deutschen Kinder fast vier Jahre lang in einem Haus bei der nordspanischen Stadt Oviedo eingesperrt haben sollen, ihre ersten Tage in der Justizvollzugsanstalt von Asturien. Der Fall erschütterte Spanien – und sorgt mittlerweile auch international für Schlagzeilen.
Kinder lebten in verwahrlosten Verhältnissen
Das Paar – ein 53-jähriger Deutscher und seine 48-jährige Ehefrau mit deutschem und US-amerikanischem Pass – befindet sich seit vergangenem Mittwoch in Untersuchungshaft. Nach einer ersten medizinischen Einschätzung wurden beide in die therapeutische Einheit des Gefängnisses verlegt. Wie die Regionalzeitung La Nueva España berichtet, sollen sie psychiatrisch begutachtet werden, um ihr Verhalten besser einordnen zu können.

Spanische Polizisten haben drei Kinder befreit, die von ihren deutschen Eltern jahrelang zu Hause in der nordspanischen Stadt Oviedo eingesperrt worden waren.
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Die Familie war im Dezember 2021 nach Oviedo gezogen. Offiziell war nur der Vater beim Einwohneramt gemeldet. Der Vermieter des Hauses schöpfte jedoch bald Verdacht, dass sich mehr Personen als vereinbart auf dem Grundstück aufhielten – unter anderem wegen eines auffällig hohen Wasserverbrauchs.
Als sich die Polizei Zutritt zu dem Haus verschaffte, bot sich den Einsatzkräften ein Bild des Grauens: Drei verängstigte Jungen im Alter von acht bis zehn Jahren lebten in verwahrlosten Verhältnissen – zwischen Fäkalien, gebrauchten Hygieneartikeln und einem kranken, einäugigen Kater. Trotz der unhygienischen Zustände weist der Ermittlungsbericht auf einen auffälligen Reinlichkeitswahn der Eltern hin: Im Haus liefen rund um die Uhr Ozongeräte zur Luftreinigung. Die Beamten vermuten, dass die Familie sich aus Angst vor einer Corona-Infektion radikal selbst isolierte.
Lernzimmer mit Büchern im Haus eingerichtet
Obwohl die Kinder nie eine Schule in Spanien besucht haben, sind sie laut Ermittlern alphabetisiert und können sich gut ausdrücken. Im Haus war offenbar ein Lernzimmer eingerichtet – mit Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien.
Die Eltern hatten dem Vernehmen nach bereits in Deutschland versucht, eine Ausnahmegenehmigung für Homeschooling zu erhalten. Als diese abgelehnt wurde, könnte das der Auslöser für die Flucht nach Spanien gewesen sein. Der Vater soll promovierter Akademiker aus Hamburg sein, er hatte Philosophie studiert, arbeitete zuletzt jedoch freiberuflich als Personalberater. Das Blatt „La Nueva España“ zitiert einen früheren Geschäftspartner aus Berlin, der sich fassungslos zeigt: „Wir hatten nur ein paar Videokonferenzen. Er wirkte professionell. Ich hätte nie etwas Derartiges geahnt.“
Die drei Jungen stehen mittlerweile unter staatlicher Obhut in einer Betreuungseinrichtung der Region Asturien. Laut der dortigen Sozialministerin Marta del Arco sind sie körperlich wohlauf, eine psychologische Begutachtung steht noch aus. Die Kinder seien ruhig und zurückhaltend.
Möglicherweise übernehmem Verwandte das Sorgerecht
Die Behörden prüfen nun, ob eventuell Verwandte der Familie das Sorgerecht übernehmen können.
Die Ermittlungen gegen das Paar laufen derweil weiter. Die Polizei übermittelte inzwischen der zuständigen Untersuchungsrichterin den Ermittlungsbericht. Die Eltern bleiben zunächst in Untersuchungshaft. Vorgeworfen werden ihnen unter anderem Freiheitsberaubung, Kindeswohlgefährdung und psychische Misshandlung.