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„Mer bruche Jeld för Kultur“33. Kölner Geisterzug mit Kritik an Kürzungen der Stadt

Lesezeit 3 Minuten
Geisterzug.

Für Vielfalt gingen die Geister auf die Straße.

Zum 33. fand der Umzug statt. Seit einigen Jahren immer vor Weiberfastnacht.

Die Geister sind auch dieses Jahr wieder zu Tausenden unterwegs gewesen: Am Samstagabend zog der Kölner Geisterzug bereits zum 33. Mal durch die Altstadt. In diesem Jahr waren es erneut zahlreiche kritische Karnevalisten, die ihren Unmut über stadt- und bundespolitische Entwicklung deutlich machten. Das diesjährige Zugmotto richtete sich vor allem an die Stadt Köln und gegen die Kürzungen im städtischen Kulturbereich: „Mer bruche Jeld för Kultur, do sin mer Jeister stur.“

Der Geisterzug gehört für viele so fest zum Kölner Karneval wie Kamelle und Alaaf. Der Kreativität war auch diesmal wieder keine Grenze gesetzt: Zauberer, Hexen, Untote, Fabelwesen und Teufel zogen vom Eigelstein quer durch die Altstadt, bis zum Friesenwall, zur Mittelstraße und schließlich zum  Apostelnkloster. Dort fand eine Abschlusskundgebung mit Musik und kurzen Redebeiträgen statt.

Sorge um Kultur in Deutschland: „Mehr Geld in die Kunstförderung“

Jeder Jeck konnte sich dem Zug anschließen – so auch Dagmar und Sören, die extra aus Bonn angereist waren. Die beiden jungen Bonner sorgen sich vor allem um die Kultur in Deutschland: „Deutschland spart sich aktuell kaputt. Die Leitkultur soll allerdings aufrecht erhalten werden, das ist absurd. Es muss mehr Geld in die Kunstförderung, aber auch in die Teilhabe aller an Kunst und Kultur investiert werden“, erklärte Sören in der Menge.

Es muss mehr Geld in die Kunstförderung, aber auch in die Teilhabe aller an Kunst und Kultur investiert werden.
Sören

Viele Stimmen, Plakate und Sprechchöre richteten sich in diesem Jahr gegen den Rechtsruck im Land, und forderten den Schutz der Demokratie. „Wahrsagen ist schön, aber demokratisch wählen ist besser“ betonte ein Geist auf seiner Papptafel, während um ihn herum ausgelassen getanzt und getrommelt wurde. Warnungen vor der AfD waren ebenso deutlich zu sehen und zu hören wie Aufrufe zur Völkerverständigung: Ein tanzender Tod mahnte zum Frieden, während ein großes Transparent Albert Einstein und seine Aussage hervorhob: „Ein kluger Kopf passt unter keinen Stahlhelm.“

Bunt kostümiert und wie immer kreativ zogen die Geister.

Seitenhiebe gegen die Stadtpolitik fanden sich ebenfalls zuhauf: „Das Phantom – die Oper“ hielt ein Vampir in die Luft, als Anspielung auf die sich seit mehr als zwölf Jahren hinziehende Sanierung der Bühnen in Köln. „Kein Hokuspokus – Cash für Kultur!“ forderte ein Schlapphut. Passend dazu erklang der Karnevalshit: „Su lang die Leechter noch brenne“.

„Lieber jeck als Krieg!“

Manch anderer war vor allem beim Jeisterzoch dabei, um Spaß zu haben: „Wir haben uns 2015 als ‚Tote Funken‘ gegründet und sind jedes Jahr beim Geisterzug dabei – das passt perfekt zu uns. Der Tod steht für den Frieden, und dafür stehen wir. Lieber jeck als Krieg!“, lachten Peggy und Heiko aus Köln.

Auch vier Freundinnen aus Mülheim an der Ruhr, Nicole Kirsten, Tina und Nicole, waren beim Umzug am Start: „Wir lieben den Geisterzug – der ist nicht so reglementiert wie andere Karnevalszüge. Es herrscht eine ausgelassene Stimmung, und man kann politische Zeichen setzen“, erläutert Tina. Die vier Schirme der Damen stehen für den Schutz von Klima und Kultur. „Es müssen Gelder für die Kultur freigegeben werden – das ist bei uns in Mülheim genauso wie in Köln. Damit die Menschen nicht auf dumme Ideen kommen und die Demokratie vergessen“, hebt Kirsten hervor.

NRW
Geisterzug

Leuchtende Beispiel für den Kölner Karneval

Viele Kölner Institutionen liefen mit, darunter Vertreter der Offenen Jazz Haus Schule, welche in der Eigelsteintorburg beheimatet ist. Martin Theile, stellvertretender Leiter der OJHS, betonte: „Wir setzen uns hier dafür ein, dass in den nächsten Jahren ein Paradigmenwechsel stattfindet, der die Förderung von Kunst und Kultur ausbalancierter gestaltet, zwischen den freien Akteuren und den großen Kultur- Institutionen der Stadt.“

Geisterzug

Nicole, Kirsten, Tina und Nicole sind extra aus Mülheim an der Ruhr angereist: „Der Geisterzug ist ein Aufruf zur Demokratie – damit die Menschen nicht auf dumme Gedanken kommen“, sagt Kirsten.

Der Geisterzug, der zwischenzeitlich finanziell auf der Kippe stand, kann glücklicherweise auch im kommenden Jahr stattfinden, wie Veranstalter Erich Hermans erklärt: „Wir haben unglaublich viele Spenden von Privatpersonen, Karnevalsvereinen und Firmen entgegengenommen. So haben wir sogar ein Polster bis 2026. Tausend Dank dafür vom Ähzebär Verein und abertausenden von jecken Geistern, die diesen Zug so sehr lieben!“