Drama durch Corona-KriseTausenden Läden im Einzelhandel droht das Aus

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Eine Verkäuferin mit Mundschutz: Die Corona-Krise belastet den Einzelhandel schwer.

  • Wegen der Corona-Krise befürchtet der Handelsverband Deutschland im Herbst und Winter eine Insolvenzwelle.
  • Bis zur vollständigen Erholung der Branche könnte es noch zwei Jahre dauern, so die Prognose des Verbandes.

Düsseldorf – Der deutsche Einzelhandel wird abseits des auch in der Corona-Krise florierenden Geschäfts mit dem Verkauf von Lebensmitteln noch mindestens zwei Jahre brauchen, um die Folgen der Pandemie zu überwinden. Diese Einschätzung vertritt Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE).

Selbst bei einem verhalten optimistischen Szenario (keine zweite Infektionswelle, Lockerungen in Gastronomie, Kultur, Freizeit und Verwaltung, kontinuierliche Umsatzerholung bis Jahresende und wirksame Rettungspakete der Politik) verliere der Non-Food-Handel (ohne Lebensmittel) in diesem Jahr bis zu 40 Milliarden Euro, sagte Genth am Mittwoch in einer Online-Pressekonferenz. Durch den Lockdown im März und April seien bereits 15 Milliarden Euro verlorengegangen.

Auch der Lebensmittelhandel bußt ein

Und selbst der Lebensmittelhandel wird nach dieser Rechnung vier Prozent Umsatz einbüßen. Für den weiteren Jahresverlauf wird mit einer Insolvenzwelle gerechnet. Genth äußerte die Befürchtung, womöglich müssten 50.000 Geschäfte schließen – jedenfalls dann, „wenn wir nicht zu einer normalen Konjunktur- und Konsumsituation zurückkommen“-, Die Krisenbewältigung werde im kommenden Jahr weitergehen, es gebe einen hohen Druck, „Geschäftsmodelle sowie Standort- und Investitionsentscheidungen anzupassen“.

Das sind die größten Krisen-Verlierer

Die bisher größten Verlierer in der Krise waren während der erzwungenen Ladenschließungen im Frühjahr jene Händler, die Bekleidung, Schuhe und Schmuck verkaufen. In Bekleidungsläden beispielsweise wurde im April nur noch ein Viertel des entsprechenden Vorjahresums atzes erzielt. Umgekehrt profitierten der Lebensmittelhandel von den Hamsterkäufen sowie der Versand- und Internethandel von einer wachsenden Bereitschaft, von der heimischen Couch aus zu shoppen. Bis 2022 werde die Branche brauchen, bis sie wieder das Vorkrisen-Niveau erreichen könne, und das auch nur unter günstigen Bedingungen, so Genth. Dabei profitiert sie vom Wachstum im Online-Handel. Der wächst zwar nicht mehr so stark wie zu Zeiten des Lockdowns, aber bis Jahresende könnte er noch auf ein Plus von 15 bis 20 Prozent kommen.

Umso wichtiger wären aus Sicht des HDE weitere Hilfsmaßnahmen des Staates. Dabei geht es unter anderem um weitere Überbrückungshilfen, um einen Innenstadtfonds zur Unterstützung der Städte und Gemeinden, um Digitalisierungszuschüsse besonders für kleine und mittlere Unternehmen und eine Investitionsoffensive zur Stärkung des Standorts. Genth forderte zudem eine Risikopartnerschaft zwischen Mietern und Vermietern im Handel. Vor allem wenn institutionelle Investoren die Vermieter seien, gebe es Probleme. Fondsgesellschaften beispielsweise, die ihren Sitz im Ausland hätten, seien zum Teil nicht bereit, ihre Mietforderungen zu verringern. Sie würden höchstens Mietstundungen akzeptieren, und das mitunter zu einem Stundungszins von sieben Prozent.

Sonntagsöffnung und Mehrwertsteuersenkung sollen helfen

Auch die Sonntagsöffnung bleibt ein Thema in der Branche. „Ein einfacherer Umgang mit der Sonntagsöffnung wäre wünschenswert“, so Genth. Das würde zum einen zusätzliche Frequenz in die Innenstädte bringen und das Weihnachtsgeschäft entzerren, weil zusätzliche Verkaufstage zur Verfügung stünden. Eine Änderung der Öffnungszeiten könnte allerdings nicht auf Bundesebene entschieden werden, sondern sie wäre Sache der einzelnen Bundesländer.

Die vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer hat nur einen begrenzten Effekt. Zum einen macht die von Genth veranschlagte Umsatzwirkung der Steuersenkun g im Einzelhandel nur drei Milliarden bis fünf Milliarden Euro aus, was gerade mal ein Prozent der Erlöse in der gesamten Branche ausmacht. Zum anderen habe es in den vergangenen Wochen eine Preisoffensive im Lebensmittelhandel gegeben, nachdem Politiker gefordert hätten, die Steuersenkung an die Verbraucher weiterzugeben. Und im Non-Food-Bereich seien die Kosten für die Händler weiterhin hoch. Da können sich manche Unternehmen Preissenkungen wohl gar nicht leisten.

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