Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Drei Mal im neuen DAXWie drei Kölner Brüder den Onlinehandel umkrempelten

Lesezeit 3 Minuten

Oliver Samwer ist wohl der bekannteste der drei Brüder.

Köln – Die E-Mail, die Oliver Samwer im Jahr 2011 an sein Team bei Rocket Internet verschickte, ist inzwischen berühmt berüchtigt. Seine Mitarbeiter forderte er darin zu nichts Geringerem auf, als den globalen Online-Handel in einem „Blitzkrieg“ zu erobern. „Ich bin der aggressivste Mann im Internet auf dem Planeten. Ich werde sterben, um zu gewinnen, und ich erwarte von euch dasselbe!“

Samwer-Brüder prägen die Digitalszene

Er hatte nicht zu viel versprochen. „Paten des Internets“ werden Oliver Samwer und seine Brüder Alexander und Marc genannt, denn niemand hat die deutsche Digitalszene so geprägt wie die drei Gründer und Investoren. Bei den größten Digitalunternehmen des letzten Jahrzehnts hatten sie ihre Finger im Spiel: Im neuen Dax 40 sind mit Zalando, Hello Fresh und Delivery Hero gleich drei Internetfirmen aus dem Brutkasten der Brüder vertreten.

Der Aufstieg des Trios beruht auf einem ebenso einfachen wie umstrittenen Geschäftsmodell: Sie kopierten Erfolg versprechende US-Webseiten, brachten sie auf den deutschen und internationalen Markt und verkauften sie wieder für viel Geld. Ihre Klonfabrik heißt Rocket Internet, eine Firma, die keine Produkte produziert, sondern andere Firmen.

Vermögen bei deutlich mehr als einer Milliarde Euro

Dabei sind die Drei berüchtigt für ihre aggressive Vorgehensweise. Schätzungen zufolge beläuft sich das Vermögen der Brüder auf deutlich über eine Milliarde Euro. Kritik an ihrem Geschäftsgebaren perlt an den Geschwistern ab. Am Ende komme es nicht darauf an, ob man als Erster eine Idee gehabt habe, sondern darauf, ein Unternehmen aufzubauen, das langfristig existiere und Kunden zufriedenstelle, so Oliver Samwer.

Die drei Brüder gelten als intelligente Überflieger. Nach Einser-Abis und Abschlüssen an internationalen Spitzenunis wie Harvard und Oxford gelang den gebürtigen Kölnern bereits 1990 ihr erster Coup: Mit dem Internet-Auktionshaus Alando klonten sie 1:1 das US-Original Ebay. Bereits vier Monate später verkauften sie ihre Firma an Ebay-Gründer Pierre Omidyar – für angeblich 43 Millionen Dollar.

Mit dem Erlös gründeten die Samwers im Jahr 2000 nach einem japanischen Vorbild Jamba – und bewiesen damit erneut ihr goldenes Händchen: Der Klingeltonanbieter wurde bei Jugendlichen schnell beliebt, bei Eltern aufgrund hoher Telefonrechnungen berüchtigt. Der Jamba-Verkauf wenige Jahre später brachte den Brüdern über 270 Millionen Dollar ein.

Rocket Internet im Jahr 2007 gegründet

2007 riefen sie schließlich Rocket Internet ins Leben. Das Unternehmen startete als Inkubator für Neugründungen von Internetfirmen. Nach dem Vorbild von Google, Amazon und Alibaba sollte es das erste deutsche Internet-Unternehmen werden, das weltweit erfolgreich ist, die führende Plattform außerhalb der USA und Chinas.

Mit der Zeit wandelte sich das Unternehmen dabei zunehmend zum reinen Investor, der ohne Rücksicht auf Verluste rasch ein rasantes Wachstum finanziert. Haben Firmen eine merkliche Marktmacht erreicht, werden sie an die Börse gebracht. So geschehen mit dem Online-Modehändler Zalando, dem Mahlzeitenlieferdienst Delivery Hero oder dem Kochbox-Lieferanten Hello Fresh – den drei größten Erfolgen von Rocket Internet. Die meisten anderen Beteiligungen blieben jedoch defizitär, weswegen die Start-up-Schmiede immer wieder mit Verlusten zu kämpfen hatte.

Das könnte Sie auch interessieren:

Auch Rocket Internet zog es 2014 mit großem Tamtam an die Börse. Nur sechs Jahre später die Kehrtwende: 2020 wurde die Firma wieder von den Kurszetteln gestrichen. Die verbliebenen Aktionäre wurden zudem verprellt, denn was die Brüder für die Aktien zu zahlen bereit waren, betrug weniger als die Hälfte des Ausgabepreises.

Dabei war Rocket Internet für Investoren ohnehin keine erfolgreiche Geldanlage. In den sechs Jahren an der Börse hatte sich der Aktienkurs halbiert und die Firmengründer es nicht geschafft, die Start-up-Fabrik rentabel zu machen. Die Vision vom deutschen Amazon oder Google hatte sich in Luft aufgelöst.

Der Fokus der Samwer-Brüder ist ohnehin längst ein neuer: Die Milliarden aus ihrem Klon-Imperium investieren sie nun in Immobilien und erneuerbare Energien. Die nächste Markt-Eroberung des Trios scheint bereits im vollen Gange.