Düsseldorfer Firma vermitteltWarum Autisten zu gefragten IT-Berater werden

Christoph Schmolinga arbeitet als Berater bei der Firma „Auticon“. Kniffelige Aufgaben liegen dem Autisten.
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- Düsseldorfer Firma vermittelt zunehmend Menschen mit Asperger-Syndrom in die Software-Entwicklung
- Bei der Vermittlung soll nicht verschwiegen werden dass Autisten eine spezielle Art von Mensch sind.
- Wir zeigen, wie die Firma arbeitet und wie herasufordern das Berufsleben für Autisten sein kann
Düsseldorf – Autisten sind immer Außenseiter? Nein. Greta Thunberg ist weltweit bekannt, weil die 16-jährige Schwedin die Schüler-Proteste gegen die Klimaerwärmung anführt. Für die Autistin mit Asperger-Syndrom gibt es kein anderes Thema als den Klimawandel. Thunberg: „Es ist sehr üblich, dass Menschen im Autismus-Spektrum ein besonderes Interesse haben.“
Ein erfolgreicher Autist ist auch Christoph Schmolinga, den ich im Büro der IT-Beratungsfirma Auticon in Düsseldorf treffe. „Natürlich benötige ich ein passendes Arbeitsumfeld, denn zu viel Hektik stört mich sehr“, sagt er, „doch wenn es stimmig ist, kann ich mich umso besser auf knifflige Aufgaben in der Softwareentwicklung oder im Testen von Software konzentrieren.“
Auticon hat bereits mehr als 200 Autisten als Experten für Software oder das Prüfen von Programmen angestellt. Zwölf arbeiten im Düsseldorfer Büro. Henkel, Bayer oder PWC sind Auftraggeber. „Wir sind mit den Beratern von Auticon sehr zufrieden“, sagt Andreas Lewandowski, Chef der Dortmunder Technikfirma Comnovo, „sie finden mit ihrer sehr speziellen Inselbegabung oft Fehler in einem Programm, die andere übersehen würden.“
„Autisten lieben Genauigkeit“
Dabei soll nicht verschwiegen werden dass Autisten eine spezielle Art von Mensch sind. Schmolinga lacht zwar im Gegensatz zu vielen Menschen mit autistischer Neigung oft, schaut mir aber beim Gespräch selten in die Augen. Vor dem Treffen werde ich darauf hin gewiesen dass er oft länger brauche um zu antworten. So kommt es. Ich frage, wie alt er sei. 37 Jahre sagt er, fügt aber sofort hinzu, im Juni werde er 38. „Autisten lieben Genauigkeit“, sagt Auticon-Job-Coach Sebastian Gent.
Der Einstieg ins Berufsleben ist für viele Autisten herausfordernd, weil neben den fachlichen Anforderungen ein geschmeidiger Umgang wichtig ist – oft eher nicht die Stärke dieser Menschen, die Kritik oft sehr direkt äußern. So arbeiten bei Auticon auch viele Berater, die trotz hoher Intelligenz und viel Wissen das Abitur oder das Studium nicht erfolgreich beendeten. Schmolinga ist eine Ausnahme. Das Informatikstudium in Gießen schloss er erfolgreich ab, auf dem Gymnasium in Hessen fühlte er sich wohl. „Der Klassenverband hat mich sehr stark unterstützt. Das war ein großes Glück, die haben mein Wesen verstanden.“ In der Abiturzeitung schrieben sie über ihn: „Stille Wasser sind tief.“ Schmolinga erzählt gerne davon, lächelt.
Eine Herausforderung war, als ihn Auticon nach Kiel entsandte. Das Unternehmen unterstützte ihn beim Anmieten einer Wohnung, es gab Anbindung an einen Job-Coach vor Ort, aber einfach war es nicht: „Die acht Monate in Kiel waren eine Bewährungsprobe. Da musste ich raus aus meiner Komfortzone. Aber ich sah, dass ich auf eigenen Beinen stehen kann. Jetzt kann ich mir auch vorstellen, dass man mich nach Großbritannien oder Skandinavien schickt.“
Autismus
Etwas unter ein Prozent der Menschen hat eine Störung im autistischen Spektrum.
Autisten können soziale Signale oft schwer einschätzen, sind in sich gekehrt, haben oft Furcht vor Veränderung, sind als Menschen mit Asperger-Syndrom aber häufig sehr intelligent.
Als Hobbys nennt Schmolinga Gaming, mit entfernt wohnenden Freunden spielt er über das Internet verschiedene Spiele. „Für dieses Hobby investiere ich auch gerne Geld.“ Aber er wandert auch gerne alleine oder mit den Eltern, bei denen er noch lebt. „Ich mag die Stille im Wald oder in den Bergen.“ Teure Kleidung oder ein teures Auto sind für ihn uninteressant: „Mit High-Live und High-Society habe ich nichts zu tun.“
Anders als viele andere Menschen im Autismus-Spektrum braucht er nicht unbedingt einen Arbeitsplatz ganz für sich, doch er muss sich konzentrieren können. „Totale Stille ist nicht mein Ding, dann höre ich lieber Musik.“ Er ergänzt: „Am Rand der Gruppe fühle ich mich wohl, wichtig ist aber, dass die Telefone nicht laufend laut klingeln.“
Dabei arbeitet er oft auch mit anderen Auticon-Beratern gemeinsam im Frankfurter Büro. „Dieser Teamgeist gefällt mir. Da wird auch nicht unterschieden, ob einer nun autistische Neigung hat oder ob er angestellt ist, um uns als Coach zu unterstützen.“
Größter Erfolg war, ein Testprogramm in den Entwicklungsprozess für eine Software einzubinden. Ein zweiter Erfolg war, ein Online-Programm für das Baumanagement mit zu übersetzen Englische Vokabeln beherrscht er fast perfekt: „Mein gutes Gedächtnis hat mir immer sehr geholfen.“
Bei einer ersten Arbeitsstelle ging er schon bald, weil man sich nicht verstand. „Menschlich kamen wir nicht zurecht.“ Nach einigen Jahren praktisch ohne Job startete er dann zuerst bei „Maßarbeit“in Frankfurt, dann 2014 bei Auticon. „Lücken im Lebenslauf“ sind bei unseren Leuten häufig, sagt Auticon-Geschäftsführer Ralph Metzroth.