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Folgen durch Ukraine-KriegWie die Angst in der Lebensmittelbranche umgeht

2 min
Tönnies

Außenansicht mit Logo der Firma Tönnies 

Köln – Die Folgen des Ukraine-Krieges treffen die Lebensmittelbranche in Deutschland offenbar deutlich härter als die Corona-Pandemie. Nahrungsproduzenten bitten bei ihren Abnehmern um höhere Preise und verweisen auf die Gefahr leerer Regale. Für Kunden im Supermarkt zeichnet sich ab, dass die Einkäufe deutlich teurer werden.

Das Schreiben aus dem Hause Tönnies macht gleich im Betreff deutlich, dass außergewöhnliche Zeilen folgen werden: „Not-Brief zur aktuellen Situation“, steht dort; verschickt am Donnerstag an Kunden des Fleischgiganten, also Großabnehmer wie Handelskonzerne. Es gehe darum, „die Zukunft des Unternehmens zu schützen“, schreiben die Geschäftsführer der „Tönnies Foodservice“.

Tönnies warnt in Brief vor fatalen Folgen

Tönnies ist nicht irgendein Lebensmittelproduzent, sondern der größte Fleischkonzern Deutschlands. Niemand anderes schlachtet so viele Schweine und Rinder, verkauft so viel Fleisch wie das Unternehmen aus Rheda-Wiedenbrück. Die Folgen des Ukraine-Krieges bringen offenbar selbst so einen Riesen ins Wanken. Jedenfalls betonen die Verantwortlichen in ihrem Brief mehrfach die dramatische Situation. Die steigenden Kosten in der Produktion hätten „die Grenze des wirtschaftlich Vertretbare jetzt endgültig übertroffen“.

Unter Berufung auf einen Krisengipfel im niedersächsischen Agrarministerium heißt es in dem Schreiben weiter: Lieferausfälle im Geflügelbereich seien nicht mehr zu verhindern, auch im Rindfleischsegment sei die Versorgung nicht sicherzustellen – „es gibt einfach kein Schlachtvieh“. Und im für Tönnies wichtigsten Segment der Schweine sieht es wohl kaum besser aus. Der Konzern erwartet eine „Rekordverteuerung für die Schweineerzeugung“.

Auch Konkurrenz ist in großer Sorge

Tönnies ist nicht allein. Unserer Redaktion liegen Schreiben der Konkurrenten Westfleisch und Vion vor. Der Inhalt ist vergleichbar, wenn auch im Tonfall weniger dramatisch vorgetragen. Vion beispielsweise schreibt von „historischen Verwerfungen“ am Markt. Wurstproduzent „The Family Butchers“ hat eine eigene Internetseite erstellt, auf der erklärt wird, warum die Wurst teurer werden muss.

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Die Illustration dazu macht deutlich, was alle Unternehmen der Branche derzeit trifft: Alles, was in die Fabriken hineingeht, ist teurer geworden – sofern es überhaupt noch zu bekommen ist: Strom, Gas, Verpackungsmaterial und eben auch das Fleisch. Die Schweinepreise legten zuletzt rekordverdächtige Sprünge hin, Rindfleisch bewegt sich auf Rekordniveau. „Dagegen war Corona nichts“, heißt es von einem Unternehmen.

Produzenten wie Tönnies und Co appellieren daher an ihre Abnehmer, Verträge neu zu verhandeln. Setzen sich die Produzenten mit ihren Forderungen durch, erwarten die Kunden im Supermarkt möglicherweise bislang nicht dagewesene Preissteigerungen. Klassischerweise sorgt die harte Konkurrenz zwischen den wenigen großen Handelskonzernen für niedrige Preise. „Wenn die Verbraucherpreise nicht anziehen, dann stehen die Kunden bald vor leeren Regalen“, heißt es – eine Mischung aus Drohung und realistischer Lageeinschätzung.