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Tracking & PeilsenderDarf ich Handys anderer Menschen orten?

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„Hören Sie auf sich darüber den Kopf zu zerbrechen und finden Sie eindeutig heraus, wo Ihr Partner sich gerade aufhält!“ - so werben Tracking-Anbieter für ihre Software. Aber legal ist die heimliche Überwachung per Handy nicht.

„Hören Sie auf sich darüber den Kopf zu zerbrechen und finden Sie eindeutig heraus, wo Ihr Partner sich gerade aufhält!“ - so werben Tracking-Anbieter für ihre Software. Aber legal ist die heimliche Überwachung per Handy nicht.

Handyortung ist einfach, super und problemlos möglich – glaubt man jedenfalls den zahlreichen Anbietern solcher Dienste. Wer sie nutzt, hat endlich Gewissheit: Ist der Partner wirklich bei Bekannten oder macht Überstunden, wie behauptet? Wo stecken die Kinder gerade? Aber die Überwachung hat rechtliche Tücken. Christian Günther, Assessor und Redakteur bei anwalt.de, beantwortet alle wichtigen Fragen zum Thema.

Ein billiger Spion für alle (Untreue-)Fälle?

Mit Handyortung weiß man, ob der Partner einem wirklich treu ist. Heimlich eine App auf seinem Smartphone installieren oder eine vom Netzbetreiber gesendete SMS bestätigen - und schon ist klar, wo er oder sie sich im Moment befinden. Auch die Kinder sind endlich sicher, schließlich kann man sie jederzeit aufspüren. Statt Handytracking lieber einen Peilsender verwenden? Selbst dafür muss man kein James Bond mehr sein. Inzwischen sind diese Geräte klein, erschwinglich und leicht verfügbar. Bei derart vielen Anbietern, die die Möglichkeiten preisen, muss das doch erlaubt sein, oder?

Ohne Einwilligung ist Überwachung illegal

Doch wer meint, man könne andere einfach so überwachen, macht sich leicht strafbar. Das wissen auch die Anbieter solcher Lösungen. Da solche Infos aber alles andere als geschäftsfördernd sind, stellen viele sie – wenn überhaupt – nur ungenügend dar. Oder es handelt sich um Fake-Angebote, die nicht funktionieren, andererseits aber einem über die Hintertür ein teures Abo einhandeln wollen - was übrigens nicht rechtmäßig ist.

Fest steht: Andere heimlich und ständig zu überwachen ist verboten - auch wenn sie zur eigenen Familie gehören. Grund ist das sogenannte Persönlichkeitsrecht und das aus ihm abgeleitete Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Es garantiert jedem einen Lebens- und Freiheitsbereich, in den andere nicht einfach eingreifen dürfen. Darüber, was ein Mensch insbesondere an Privatem und Intimem wann und wie offenbart und andere davon sehen lässt, ist in allererster Linie eine persönliche Entscheidung. Andernfalls kann aufgrund der Angst vor ständiger Verfolgung niemand mehr in Freiheit leben. Geschützt sind deshalb auch Informationen zum eigenen Aufenthaltsort.

Selbst das allgemeine Interesse an wirkungsvoller Strafverfolgung kann unser Persönlichkeitsrecht nur bedingt einschränken. An der Treue des eigenen Partners hat außer einem selbst aber so gut wie niemand ein Interesse. Außerdem sind es lediglich Notlagen, die eine Ortung rechtfertigen.

Für die heimliche private Totalüberwachung heißt das: Sie ist illegal. Das gilt auch, wenn eigene Kinder oder andere Angehörige zu ihrer vermeintlichen Sicherheit geortet werden sollen - ohne ihre Kenntnis und Einwilligung und ohne konkrete Gefahr darf man sie nicht überwachen. Falls sie einwilligen, können sie das zudem jederzeit widerrufen.

Diese Beschränkungen gelten übrigens auch für Detektive, wie der Bundesgerichtshof (BGH) 2013 festgestellt hat (Az.: XII ZB 107/08). Mittels Peilsender und Handyortung gesammelte Daten können nicht als Beweismittel in einem Rechtsstreit verwendet werden. Private Ermittler verweist der BGH dazu weiter auf die persönliche Beobachtung vor Ort.

Betroffene, deren Persönlichkeitsrecht rechtswidrig verletzt wurde, können nicht nur die künftige Unterlassung einklagen. Auch Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld sind möglich. Die Schäden für das gegenseitige Vertrauen sind dabei noch gar nicht eingerechnet. Nicht zuletzt droht Überwachungsfanatikern auch ein Strafverfahren.

Datenschutz gilt auch am Arbeitsplatz

Für viele stellt sich die Frage, was zulässig ist, auch aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit: Gerade Außendienstmitarbeiter und Lkw-Fahrer sind ständig unterwegs. Mit an Bord ihres Fahrzeugs ist ein Sender, der fortwährend ihren Aufenthaltsort preisgibt. Denn der Arbeitgeber möchte wissen, wo ihre Mitarbeiter gerade sind und wann sie in etwa beim Kunden eintreffen. Statt ihre Mitarbeiter dauernd anzurufen, setzen viele Unternehmen daher Ortungssysteme ein. Besonders Speditionen profitieren davon und können Fahrern zum Beispiel noch eine außerplanmäßige Ladung zuteilen.

Problematisch ist, dass der Datenschutz gerade für Beschäftigte dem technischen Fortschritt kaum noch gerecht wird. Denn die heutige Technik erlaubt es nicht nur, detaillierte Bewegungsprofile aufzuzeichnen: Längst können auch Daten wie die aktuelle Geschwindigkeit oder der Tankinhalt abgerufen werden, um etwa einen Treibstoff-Klau festzustellen. Gesammelt werden aber auch personenbezogene Daten, die über persönliche Verhältnisse einer bestimmten Person Auskunft geben, wie Alter, Familienstand, Adresse oder Kontonummer.

Keine Totalüberwachung durch den Arbeitgeber

Personenbezogene Daten dürfen Unternehmen laut Bundesdatenschutzgesetz für eigene Geschäftszwecke nutzen – allerdings in bestimmten Grenzen. Auch hier müssen die Betroffenen einwilligen. Entziehen können sie sich aber kaum, wenn sie ihren Arbeitsplatz nicht gefährden wollen.

Daher sollten Regeln für den Umgang mit diesen Daten geschaffen werden, sinnvoll ist eine Betriebsvereinbarung für alle Betroffenen. Hierbei sollte eine Kontrolle seitens der Mitarbeiter möglich sein: So könnte etwa ein Betriebsrat sicherstellen, dass der Arbeitgeber die Daten nur entsprechend der Geschäftszwecke nutzt. Unzulässig ist es, Arbeitnehmer bis in den Privatbereich zu überwachen - nach Feierabend muss Schluss sein.

Eine eng begrenzte Ausnahme liegt nur vor, wenn Arbeitnehmer verdächtigt werden, eine Straftat zu begehen. Für den Verdacht muss es aber tatsächliche und dokumentierte Anhaltspunkte geben. Andere geeignete Mittel zur Aufdeckung der Straftat müssen fehlen - und nicht zuletzt muss das Interesse am Schutz des Betriebs das Datenschutzinteresse des Angestellten überwiegen.

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