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Interview mit Frank Ferchau„Erwarten einen Umsatzrückgang bis zu 160 Millionen Euro“

Lesezeit 4 Minuten
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Frank Ferchau auf der Baustelle. Die Able Group stellt in diesen Tagen ein weiteres Gebäudes der Unternehmenszentrale auf dem ehemaligen Steinmüller-Gelände in Gummersbach fertig. 

  1. Krisen mit sinkendem Absatz in vielen Branchen sind nicht unbedingt gute Zeiten für Personaldienstleister.
  2. Einer der Großen unter den Ingenieursdienstleistern sitzt in Gummersbach: die Able Group, wie sich Ferchau Engineering seit 2010 nennt.
  3. Über die Branche und sein Unternehmen sprach Ralf Arenz mit Frank Ferchau

Wie kommt Ihr Unternehmen durch die Corona-Pandemie?Das ist keine leichte Zeit, aber eigentlich genau unsere Zeit. Ohne Veränderungen gibt es keine technischen Projekte, bei denen unsere Mitarbeiter die Kunden unterstützen oder die wir komplett für die Kunden übernehmen. Wir profitieren also vom Auf und Ab der Wirtschaft, die Flexibilität braucht unsere technologische Kompetenz.

Sie habe ein starkes Standbein in der Automobilindustrie. Der Strukturwandel dort hat den Umsatz der Able-Gruppe im abgelaufenen Jahr schon nicht über die Milliarden-Hürde klettern lassen. Geht es in diesem Jahr weiter nach unten?

Viele Projekte sind gestoppt oder nicht verlängert worden. Diese Entwicklung sehen wir nicht nur in der Automobilindustrie, sondern im Gesamtunternehmen auf alle Branchen verteilt. Wir erwarten einen Umsatzrückgang von 100 bis 160 Millionen Euro im Vergleich zum Umsatz von 960 Millionen im Vorjahr. Damit halten wir uns ausgesprochen respektabel im Wettbewerbsumfeld. Wir mussten auch Kurzarbeit einführen und uns auch von Mitarbeitern trennen.

Hintergrund

Die Able-Gruppe

Gegründet wurde der Dienstleister, der Ingenieure, Techniker oder Technische Zeichner oder IT-Spezialisten auf Zeit anderen Unternehmen zur Verfügung stellt, 1966 von Heinz Ferchau. Seit 2010 nennt sich das Familienunternehmen Able Group. Mit über 10.500 Mitarbeitern erwirtschaftete sie im abgelaufenen Jahr einen Umsatz von 960 (2018: 950) Millionen Euro. Die Gruppe hat einen zentralen Dienstleister, für Personal, Finanzen oder IT und Marken wie Ferchau, M-PLan, Planting oder die auf Luft- und Raumfahrt spezialisierte RST.

Zur Person

Am 27. Oktober 1964 in Gummersbach geboren, machte Frank Ferchau 1985 in Wiehl Abitur. Er studierte Elektrotechnik und anschließend Betriebswirtschaft. Der Diplomingenieur und Diplomkaufmann trat 1994 als Niederlassungsleiter in München in das Unternehmen ein. Seit 2001 ist er geschäftsführender Gesellschafter in der Gummersbacher Zentrale. Ferchau ist verheiratet, als Hobbys nennt er Wandern im Oberbergischen Kreis. Außerdem freut er sich auf das nächste Heimspiel des Handballvereins VfL Gummersbach. (raz)

Wird es einen Konzentrationsprozess in der Branche geben?

Mit Sicherheit. Die Spezialisten unter den Personaldienstleistern haben es schwer. Das gilt natürlich vor allem, wenn sie in Branchen tätig sind, die jetzt besonders leiden, und wenn sie keine Rücklagen bilden konnten. Wir sind einer der größten Anbieter in Deutschland und sind in allen technischen Brachen tätig. Größe und Generalistentum helfen in der Krise. Wir sind breit aufgestellt und wir sind ein Familienunternehmen. Wir agieren langfristiger als Unternehmen, die ständig den Börsenkurs im Blick haben müssen.Auf ihrer Internet-Seite zeigen Sie durchaus prominent einen Airbus A 380 und einen Verbrennungsmotor. Der A 380 wird von der Lufthansa gerade ausgemustert, der Verbrennungsmotor gilt als Auslaufmodell. Wandelt sich die Welt gerade schnell?

Ja. Die Mobilität ändert sich auch durch die Corona-Pandemie schneller als wir uns das bislang vorgestellt haben. Aber der Verbrennungsmotor wird in naher Zukunft noch nicht beerdigt werden. Wir werden unterschiedliche Antriebsformen sehen: den Elektroantrieb, den Hybridantrieb, die Brennstoffzelle oder Motoren, die Wasserstoff verbrennen.

Wie stellt sich Ihr Unternehmen darauf ein?

Wir müssen überall einen Fuß in der Tür haben. Da, wo Strukturen erhalten bleiben, und da, wo sich Neues auftut. Es gibt etwa Kunden, die neue Kommunikationswege beschreiten wollen und neue Datenbanken brauchen. Chancen können wir nutzen, weil wir in der Gruppe flexibel und sehr breit aufgestellt sind. Natürlich auch in den Themen der Digitalisierung und mit eigenen Tools, etwa für rechtkonforme Kommunikation.

Warum kommen Mitarbeiter zu Ihnen?

Sie wissen, dass sie bei uns viele Perspektiven haben. Wir schauen uns genau an, welche Felder und Projekte die Mitarbeiter interessieren. Gezogen hat bestimmt unsere Arbeit am A 380, wir arbeiten an den neuesten Autos mit, haben Projekte im Schiffbau, in der Pharmazie, der Petrochemie oder der IT, und das national und international. Dazu haben wir über 100 Standorte, weil wir wollen, dass die Mitarbeiter zu Hause schlafen. Reisen ist nicht ökologisch und auch nicht rentabel. Letztlich wollen wir, dass die Mitarbeiter sagen: Hier bin ich gerne. Das ist ein geiler Laden.

Wie lange bleiben die Mitarbeiter bei Ihnen?

Im Durchschnitt etwa zweieinhalb Jahre. Das ist in den Bereichen unterschiedlich. Wer Kunden in dessen Betrieb unterstützt, bekommt eher ein Angebot dahin zu wechseln. Das ist in Ordnung. Wir wollen, dass unsere Mitarbeiter so gut sind, dass sie umworben werden. Wer dagegen bei uns an langfristigen Projekten eigenverantwortlich arbeitet, bleibt länger.

Personaldienstleister haben die Hand am Puls der Zeit. Wann erreicht die Wirtschaft wieder das Vorkrisen-Niveau?

Es wird bei der Konjunktur meines Erachtens kein enges V geben wie 2008/2009, als nach dem steilen Absturz der schnelle Aufstieg folgte. Ich erwarte eher, dass das Niveau von Mitte 2019, als sich ja auch schon strukturelle Probleme etwa in der Autoindustrie zeigten, 2022 oder 2023 wieder erreicht wird. Dabei ist die Wirtschaft vielfältig. IT etwa profitiert jetzt schon, ebenso das Elektroauto.