Kameras, schädliche StoffeDie Puppe dein Feind – Wenn Spielsachen gefährlich sind

Spionin im Kinderzimmer: Puppe Cayla konnte Gespräche aufzeichnen und weiterleiten.
Copyright: picture alliance/dpa
Brüssel – Cayla mit ihren großen blauen Augen und den blonden Haaren sollte die neue Freundin von unzähligen Kindern werden. Doch die sprechende Puppe erwies sich als nicht so harmlos, wie sie aussah. Stattdessen wurde das Modell vor einigen Jahren von den Behörden aus dem Handel gezogen. Denn Cayla entpuppte sich als Spionin.
Alles, was ihr Mikrofon erfasste, konnte weitergesendet werden. Daten wurden kabellos ans Smartphone übertragen. Eltern, deren Töchter und Söhne bereits damit spielten, wurden angewiesen, das Modell zu zerstören.
Die Puppen-Spionin ist kein Einzelfall
Nun liegt Cayla zwar nicht mehr in den Verkaufsregalen, doch sie stellte keineswegs einen Einzelfall dar. Mittlerweile stecken in vielen Spielwaren ausgefeilte Technologien, die es Kindern ermöglichen, mit den Figuren zu sprechen, sie fernzusteuern oder mit Hilfe von Apps zu bedienen. Die Möglichkeiten von vernetztem Spielzeug sind groß – genauso wie die Gefahren. Deshalb will die EU ihre Vorschriften zur Marktüberwachung verschärfen.
Die Sicherheit aller in der Staatengemeinschaft verkauften Produkte, auch wenn sie aus Nicht-EU-Ländern kommen, soll gewährleistet werden, wie es von Seiten der Kommission vor einigen Wochen hieß, als sie eine Überarbeitung der Spielzeug-Richtlinie ankündigte. Diese ist 13 Jahre alt und wurde zwar seitdem 14-mal ergänzt, doch weist sie Kritikern zufolge erhebliche Lücken auf. „2009 war noch eine andere Welt“, sagt der SPD-Europa-Parlamentarier René Repasi. Von Künstlicher Intelligenz in Plüschtieren, Puppen oder Plastikpferden war damals nicht die Rede. Am heutigen Dienstag debattiert das EU-Parlament deshalb über einen Initiativbericht, der als Grundlage für den Gesetzgebungsvorschlag der Kommission dienen soll.
Schutz der Kinder auch vor gefährlichen Chemikalien
Neben den sogenannten Smart-Toys sind es vor allem gefährliche Chemikalien, vor denen Kinder geschützt werden sollen. Denn Spielwaren stehen ganz oben auf der Liste des europäischen Schnellwarnsystems. So handelte es sich 2020 bei 27 Prozent der Produkte, bei denen die EU-Behörden Alarm schlugen, um Spielzeug – die am häufigsten gemeldete Kategorie des europaweiten Sündenregisters. Letztes Jahr war es immer noch fast jedes fünfte. Deshalb brauche man etwa schnelle Anpassungen von chemischen Grenzwerten, weil sich die Zusammensetzung der Stoffe verändere, so die Europa-Abgeordnete Marion Walsmann (CDU).
Laut der Grünen-Politikerin Katrin Langensiepen müsse auch die Altersgrenze verändert werden. „Viele Grenzwerte von Chemikalien gelten nur bei Spielzeug für Kinder unter 36 Monaten und für Spielzeug, das dazu bestimmt ist, in den Mund genommen zu werden“, so die Europa-Parlamentarierin. „Die Giftigkeit einer Chemikalie verschwindet aber nicht, wenn ein Kind 36 Monate alt ist.“
Online-Schnäppchen als Gesundheitsrisiko
Zudem will man der Tatsache Rechnung tragen, dass heute viele Menschen im Internet einkaufen. Dort findet der Kunde nicht nur günstige Alternativen zu den Waren im Fachgeschäft, etwa aus China, sondern mitunter auch gefährliche. Wenn solche Drittländer-Produkte auf den europäischen Binnenmarkt gelangen, „helfen uns die besten Standards nichts“, moniert auch Repasi. Seiner Meinung nach gebe es ein „riesiges Aufsichtsproblem“. Denn es sind die Mitgliedstaaten – in Deutschland ist es sogar Ländersache –, die für die Durchsetzung der Regeln zuständig sind. Die seien jedoch oft „schlecht ausgerüstet“.
Das könnte Sie auch interessieren:
Zum anderen kritisieren die Europapolitiker, dass die Verantwortung bislang größtenteils bei den Behörden liegt. „Die Online-Marktplätze müssen mehr dazu beitragen, die schwarzen Schafe aus dem Verkehr zu ziehen, sodass die Einfuhr von unsicherem Spielzeug wirksamer unterbunden werden kann“, fordert CDU-Politikerin Walsmann. Sie weist beispielsweise auf Fragen der Haftung hin.