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Viele ProblemeWarum Tesla die Produktion in Grünheide stoppen will

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Grünheide – Mit großen Plänen und Versprechen war der E-Autobauer Tesla in Grünheide bei Berlin gestartet. Zumindest bei Bau und Inbetriebnahme des neuen Werks hatte der Konzern auch ein enormes Tempo vorgelegt. Doch die Produktion läuft bislang offenbar nicht, wie geplant.

Mitarbeiter sollen in Betriebsferien geschickt werden

Laut dem Magazin „Teslamag“ und der „Bild“-Zeitung will Tesla die Produktion im Werk in Grünheide ab kommendem Montag sogar für zwei Wochen stoppen. Die Zeit wolle das Unternehmen nutzen, um die Produktionsabläufe umzustellen und zu verbessern, heißt es. Ein Großteil der 4500 Angestellten soll dafür in Betriebsferien geschickt werden, wie es vom Konzern weiter hieß.

Tesla-Chef Elon Musk hatte zwar in der Vergangenheit betont, dass das deutsche Werk zunächst Zeit brauchen werde, bis es die volle Produktionskapazität erreicht. Doch im Vergleich zur Anfangszeit des Werks in China hinkt die deutsche Fabrik offenbar deutlich hinterher. Auslöser des Rückstands sollen Qualitäts- und Personalprobleme sein. Mitte Juni sagte Musk dem Fanclub „Tesla Owners of Silicon Valley“ mit Blick auf die Profitabilität des Deutschen Standortes, sowie des Sitzes in Austin: „Die beiden Fabriken in Berlin und Austin sind im Moment gigantische Geldverbrennungsöfen.“

Bisher laufen in Grünheide noch deutlich zu wenig Fahrzeuge vom Band.

Ein Blick auf die bisherigen Produktionszahlen in Grünheide macht die Probleme deutlich: Zuletzt entstanden im Tesla-Werk in Brandenburg innerhalb einer Woche rund 1000 Fahrzeuge vom Typ Model Y. Das würde hochgerechnet rund 50000 produzierte Neuwagen pro Jahr bedeuten. In Zukunft sollen dort nach den Plänen des Unternehmens aber jährlich 500000 Elektroautos gebaut werden.

Hauptziel des nun geplanten Umbaus sei es, die Produktion zu beschleunigen. Bisher plant Tesla mit einer Dauer von 90 Sekunden pro Station an der Produktions-Strecke, doch in Grünheide sind es oft 180 Sekunden. Nach dem Produktionsstopp und dem anschließenden Neustart soll dann bereits nach 45 Sekunden die nächste Station erreicht werden. Zudem soll in jedem Einzelnen Bereich eine stattfinden, sodass die gebündelten Nacharbeiten am Ende des Produktionslaufes wegfallen.

Zu wenig Fachkräfte und unzufriedenes Personal

Für dieses Ziel wird außerdem mehr Personal benötigt. Von mindestens 9000 Stellen sind derzeit lediglich 4500 besetzt. Laut Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) stellt Tesla zwischen 400 und 500 neue Beschäftigte für die sogenannte Gigafactory in Grünheide ein.

Birgit Dietze, Bezirkschefin der Gewerkschaft IG Metall für Berlin, Brandenburg und Sachsen, hatte in einem Interview mit dem Magazin „Spiegel“ jüngst gesagt, dass Tesla den Fachkräfte-Mangel in der Region deutlich zu spüren bekomme. Doch auch im Unternehmen selbst scheint nicht alles rund zu laufen: Die Gewerkschaft hat bereits auf einen zunehmenden Unmut innerhalb der Belegschaft in Grünheide wegen zu niedriger und ungleicher Löhne hingewiesen.

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Doch die Probleme in Grünheide sind nicht die einzigen Faktoren, die den Elektroautobauer derzeit bei der Produktion ausbremsen. Durch den Mangel an Batterien und Lieferkettenprobleme wegen der immer noch angespannten Lage in den chinesischen Häfen läuft die Produktion auch in den Tesla-Werken in Texas und Shaghai deutlich langsamer als geplant. Damit zeigt sich auch Tesla nicht vor den Problemen der Branche gefeit, obwohl der Autobauer bislang noch vergleichsweise gut durch Zeiten von Chipmangel und gestörten Lieferketten gekommen war. Firmenchef Musk hatte auch vor einer möglichen Rezession in den USA bereits öffentlich über einen Stellenabbau gesprochen.

Kommentar: Das Hauptproblem bleibt

Nun wird auch noch das in Windeseile hochgezogene Tesla-Werk in Grünheide bei Berlin zum Ballast für den E-Autobauer: Die Fabrik produziert offenbar mehr Probleme als neue Autos. Für eine Neuausrichtung der Abläufe soll die Produktion für zwei Wochen gestoppt werden. Ein drastischer Schritt.

Mit dem Stopp folgt Tesla jedoch einem bekannten Muster. Elon Musk hat bereits in der Vergangenheit bei Problemen in Tesla-Werken nicht gezögert, jeden Produktionsschritt zu hinterfragen und ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten zu ändern – Hauptsache, die Ziele werden erreicht. Diese Bereitschaft Schwächen in der Produktion schnell anzuerkennen, ist eine Stärke von Tesla.

Ob eine Kurskorrektur das Werk in Grünheide entscheidend voranbringen wird, muss jedoch bezweifelt werden. Ein Neustart wird das Hauptproblem des Standorts nicht lösen: den Mangel an Fachkräften. Den gibt es auch, weil der Standort bislang keine Verbindung zur Branche hatte und qualifizierte Interessenten mit den gebotenen Gehältern schwer zum Umzug bewogen werden können. Die etablierten Autobauer in Europa dürften mit Erleichterung feststellen, dass auch der E-Auto-Technologieführer von Elon Musk nur mit Wasser kocht.

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