Altenhilfe-Vorsitzende Julia Heinen„Ältere Menschen sollten wieder stärker mit einbezogen werden“

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Julia Heinen ist Vorsitzende der Rundschau-Altenhilfe DIE GUTE TAT

Julia Heinen ist Vorsitzende der Rundschau-Altenhilfe DIE GUTE TAT

Julia Heinen ist seit Mai neue Vorsitzende der Rundschau-Altenhilfe DIE GUTE TAT. Wie wichtig die Arbeit der Rundschau-Altenhilfe noch heute ist, darüber sprach die 38-Jährige mit Ralph Kohkemper.

Die Rundschau-Altenhilfe DIE GUTE TAT gibt es nun seit 70 Jahren. Und heute ist ihre Hilfe nötiger denn je. Aus welchem Grund?

Altersarmut ist ein schwieriges und akutes Thema, häufig im Versteckten. Auf uns rollt eine neue Generation zu, überwiegend Frauen, die während der „Blütezeit“ ihrer Karriere die Care-Arbeit übernommen haben und entsprechend von ihrer kleinen Rente nicht leben können.

Was wird heute vor allem von den Bedürftigen gebraucht?

Die Inflation ist ein Problem, die ungewissen und hohen Energiekosten kommen dazu. Doch finanzielle Hilfe kann leider nicht über die Einsamkeit vieler hinwegtäuschen. Wer kein Geld hat, der kann nicht mal ins Café gehen. Kontakte zu anderen Menschen aber sind wichtig.

Sie haben den Vorsitz der Altenhilfe übernommen. Gibt es Projekte, die Ihnen besonders am Herzen liegen?

Die bisherigen Projekte der Altenhilfe wie die Paketaktion bleiben Grundpfeiler unserer Arbeit. Mir ist es darüber hinaus wichtig, mit den Senioren und Seniorinnen in den direkten Austausch zu gehen, wir werden den persönlichen Kontakt, die Möglichkeit von Veranstaltungsbesuchen und auch die Interaktion mit der jüngeren Generation verstärken. Viele Ältere verstehen die modernen Kontaktmöglichkeiten nicht. Die Enkel sind oft nur per Smartphone zu erreichen. Und auch wer Ämter, Ärzte oder andere Institutionen erreichen will, braucht einen PC oder eine E-Mail-Adresse. Hier müssen wir anknüpfen und alle abholen.

Altersarmut ist bedrückend. Was empfinden Sie als besonders belastend?

Betroffene sind in einer ausweglosen finanziellen Lage. Kontakte zu anderen werden aus Scham schleifen gelassen und man begibt sich in eine Isolation, aus der man nicht mehr herauskommt. Die Gesellschaft muss hier hinschauen und nicht weggucken. Jüngere Menschen sollten sehen, dass Kontakt zwischen den Generationen nicht „uncool“ ist, sondern bereichert. Ältere sollten wieder stärker mit einbezogen werden. Wir sollten sie nicht am Rand stehen lassen, nur weil sie vielleicht langsamer werden.

Was können Betroffene selber tun?

Den Kontakt zu suchen zu Institutionen wie die Nachbarschaftshilfe Kölsch Hätz, die sich kümmern, ist wichtig. Es gibt viele Seniorenveranstaltungen, die den Austausch fördern. Aber Scham und falscher Stolz verwehren die möglichen Hilfen leider oft und das Problem bleibt unerkannt und ungelöst.

Wie lässt sich bei Jüngeren das Engagement für die Altenhilfe stärken?

Das Bewusstsein dafür, dass auch die eigenen Eltern älter werden und man selbst auch mit 70 noch ernst genommen werden will, muss gefördert werden. Miteinanderaktionen wie der gemeinsame Zoobesuch von Jung und Alt bieten einen Einblick in die Perspektive der Älteren. Die Digitalisierung ist ein Feld, das die Jüngeren verstehen und vielleicht auch gerne an die Älteren weitergeben.

Wie wird sich Ihrer Ansicht nach die Arbeit der Altenhilfe entwickeln?

Die Altenhilfe wird ihre Arbeit dank der treuen Spender und Leser weiterführen können. Um auch für die nächste Generation ansprechend und verständlich zu sein, wird sich auch die Altenhilfe selbst digital erreichbarer machen müssen. Ein Generationenwechsel kann da vielleicht neue Impulse geben.

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