Interview mit Leon Windscheid„Glück ist wie Furzen“ - „WWM?“-Gewinner tritt in Köln auf

Lesezeit 4 Minuten
Der Psychologe Dr- Leon Windscheid ist mit seinem Programm "Gute Gefühle" auf Tour

Der Psychologe Dr- Leon Windscheid ist mit seinem Programm 'Gute Gefühle' auf Tour

Dr. Leon Windscheid gewann 2015 bei „Wer wird Millionär“ eine Million Euro. Der Psychologe ist seitdem als Autor und mit seinen Bühnenprogrammen erfolgreich. Am Donnerstag kommt er nach Köln.

Nach Ihrem Millionengewinn bei "Wer wird Millionär?" stehen sie jetzt auf den großen Bühnen Deutschlands. Wie ist es dazu gekommen?

Es hat ganz klein im Düsseldorfer Club „Zakk“ angefangen. Auch etwas unfreiwillig: Meine Agentur hat gesagt, sie könne es sich gut vorstellen, wenn ich Psychologie auf die Bühne bringe. Damals dachte ich noch, „um Gottes Willen, nein!“ Zum Glück habe ich es doch gemacht: Die erste Show war direkt ausverkauft. Ich habe gemerkt, dass es Leute gibt, die wie ich begeistert von Wissenschaft sind. Es interessiert sie, wenn ich von Studien und Hirnforschung spreche. Wenn ich Psychologie wissenschaftlich fundiert in den Alltag bringe. Am Anfang jeder Show sage ich, dass mir das Hoffnung macht. Also in einer Zeit, wo Leute sich unter Alu-Hüten in Rage reden, in eine Halle zu kommen, in der tausende Leute sitzen, die Lust auf Wissenschaft haben.

Ihr Programm „Gute Gefühle“ beschreiben Sie als Expedition durch die Gefühlswelt. Was können Ihre Gäste sich darunter vorstellen?

Wir machen eine wilde Reise: Es wird keine trockene Vorlesung, sondern verdammt viel gelacht. Neben Freude, Liebe, Zufriedenheit und wie man das erreichen kann, spreche ich mit den Leuten auch über Wut und Angst. Diese Abwechslung ist für mich das faszinierende, denn so ist auch das Leben. Es geht von einem lachenden und klatschenden Saal manchmal zu Momenten, in denen man eine Stecknadel fallen hören könnte.

Wir haben Liebe auf einen so hohen Sockel gestellt, dass wir diesen Erwartungen gar nicht gerecht werden können.
Leon Windscheid

Auch die große Frage „Wann funktioniert die Liebe“ gehen Sie in ihrer Show an. Wie schaffen Sie es, darauf die richtige Antwort zu finden?

Indem ich den Leuten auch Fragen mitgebe: Ich mache unter anderem auch Live-Experimente. Es gibt eine Stelle, da spielen wir einen Heiratsantrag. Das ist unfassbar emotional, es läuft romantische Musik und die Leute schwenken mit der Handy-Lampe. Es endet aber ganz anders als erwartet. Ich will den Leuten zeigen, was Romantik manchmal für ein alberner Scheiß ist. Wir haben Liebe auf einen so hohen Sockel gestellt, dass wir diesen Erwartungen gar nicht gerecht werden können. Natürlich haben Leute dann das Gefühl, niemals die perfekte Beziehung zu finden. Liebe ist nicht das neue Haus, sondern der 325. Mittwoch in diesem Haus. Liebe ist nicht Flitterwochen auf Bali, sondern der sechste Urlaub mit Kindern im Regen.

Was ist Ihre Motivation, Wissenschaft bühnentauglich zu machen?

Ich bin kein Therapeut und froh, dass es die Profis in den Praxen gibt. Aber indem ich meine Wissenschaft kommuniziere, kann ich den Leuten teilweise einen Impuls geben, in ihrem Leben etwas in eine andere Richtung zu machen. Männer denken oft leider immer noch, Psychologie sei was für Weicheier. Es gibt aber viele Frauen, die mir schreiben und erzählen, dass ihr Partner sich dank dem, was ich erzählt habe, doch getraut hat, einen Therapieplatz zu suchen.

Manchmal hat man ein negatives Gefühl, obwohl objektiv alles gut ist.
Leon Windscheid

Warum sind die „toxisch positiven Gefühle“, von denen sie in ihrer Show sprechen, so schädlich?

Wir haben uns eine Welt geschaffen, die toxisch positiv ist. Es geht die ganze Zeit darum im oberen Bereich zu Sein. Sprüche wie „Carpe Diem“ oder „Be Happy“ sind Sprüche, die einem von Wand-Tattoos über Influencern entgegengebrüllt werden. Aber in uns gibt es Abgründe. Dann wundern wir uns, warum andere strahlen und man selbst nicht. Ich finde Glück ist wie furzen: Wenn du zu viel Druck machst, wird’s kacke. Wir wollen aber um jeden Preis immer gut drauf sein und verkennen damit, dass das nicht menschlich ist. Natürlich darf ich mich freuen, wenn mein Kind mich aus dem Kinderwagen anlächelt. Es kann aber auch sein, dass das passiert und ich mich nicht freue, weil ich in Gedanken bei meinem Job bin oder über meine eigene Kindheit grüble. Manchmal hat man ein negatives Gefühl, obwohl objektiv alles gut ist.

Hilft Ihr Psychologie-Wissen Ihnen dabei, gut mit Lampenfieber umzugehen?

Total, ich weiß, dass die Aufregung mir hilft, Energie für den Moment zu sammeln. Manchmal springe ich hinter der Bühne sogar nochmal auf und ab, um meinen Puls noch mehr hochzutreiben.

Was bedeutet Ihre Show in der Lanxess-Arena für Sie?

Ich habe noch ziemlich Bammel davor in der Arena zu stehen. So eine große Location habe ich noch nie gemacht. In meiner Kindergartenzeit habe ich in Ehrenfeld gelebt, danach sind wir nach Solingen gezogen. Deshalb kommen viele Verwandte und Freunde – also etwas sehr was Besonderes.

Rundschau abonnieren