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Rundschau-Debatte des TagesRegelmäßig Fahrtests für ältere Menschen?

Lesezeit 3 Minuten
Sicherheitsrisiko im Straßenverkehr? Seit Monaten wird darüber diskutiert, ob sich Senioren regelmäßigen Fahrtests unterziehen sollten.

Sicherheitsrisiko im Straßenverkehr? Seit Monaten wird darüber diskutiert, ob sich Senioren regelmäßigen Fahrtests unterziehen sollten.

Die Debatte darüber, ob Auto fahrende Senioren zu regelmäßigen Fahrtests oder Medizinchecks verpflichtet werden sollten, nimmt gleich zu Beginn Fahrt auf.

Anja Käfer-Rohrbach, als Befürworterin eines solchen „Senioren-Tüvs“ auf dem Podium beim Deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar, berichtet von ihrer 81-jährigen Schwiegermutter. „Mir wurde angst und bange. Da fahre ich nicht mehr mit“, stellt die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Gesamtverbands der Versicherer direkt mal klar. Manch einer der interessiert zuhörenden Verkehrsexperten im riesigen Saal des Hotels „Der Achtermann“ schüttelt mit dem Kopf, als die Versicherungsvertreterin von „fünf abrasierten Außenspiegeln“ erzählt.

Für Käfer-Rohrbach ist daher klar, dass der Gesetzgeber einschreiten muss. Sie schlägt daher für Autofahrer ab 75 Jahren vor, sogenannte „Rückmeldefahrten“ verpflichtend zu machen. Fahrten also, bei denen ein Fahrlehrer mit im Auto sitzt und anschließend eine Rückmeldung darüber gibt, was gut lief und wo er Probleme sieht. Der Test solle zwar verpflichtend, das Ergebnis aber nicht veröffentlicht werden oder gar meldepflichtig sein, „sondern nur dazu dienen, eine Sicht von außen auf die Fähigkeiten beziehungsweise Probleme am Steuer zu erhalten“, betont Käfer-Rohrbach.

Kostenlose Bustickets als Option

„Als Pflicht oder freiwillig?“, hakt Michaela Engelmeier, Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD), sicherheitshalber nochmal nach. „Verpflichtend“, stellt ihre Kontrahentin auf dem Podium unmissverständlich klar. „Dann nicht“, entgegnet Engelmeier und fügt hinzu: „Dann haben wir ja doch wieder so etwas wie eine Prüfungssituation.“

Überhaupt sei die ganze Debatte diskriminierend für Senioren. Sie habe kürzlich bei einem 78-Jährigen im Auto gesessen, der „richtig gut“ gefahren sei. Ob Rückmeldefahrten, Fahrtests oder Medizinchecks: Für Engelmeier alles denkbar, „aber nur freiwillig“, wie die Chefin des Sozialverbandes betont.

Auch die Idee, Senioren mit kostenlosen Tickets für Bus und Bahn auszustatten, wenn sie ihren Führerschein freiwillig abgeben, findet Engelmeier gut, sagt aber auch: „Dafür müsste vor allem im ländlichen Raum der öffentliche Nahverkehr ausgebaut werden.“

Debatte um Führerscheinreform in der EU

Die Diskussion beim Verkehrsgerichtstag kommt übrigens nicht von ungefähr. Auf EU-Ebene wird derzeit über eine Führerscheinreform diskutiert. Die EU-Kommission hatte im vergangenen Jahr vorgeschlagen, dass Menschen über 70 alle fünf Jahre entweder eine Selbsteinschätzung zur Fahrtauglichkeit ausfüllen oder sich ärztlich untersuchen lassen sollen. Die Debatte dauert an.

Moderatorin Hilke Janssen stellte die provokante Frage, ob ältere Menschen irgendwann ein Risiko seien. Statistisch gesehen seien allerdings an nur 14 Prozent aller Unfälle mit Personenschäden Menschen über 65 Jahre beteiligt, erklärte die Journalistin. Wenn ältere Menschen beteiligt waren, seien sie dabei meist schuld gewesen, fügte Janssen hinzu. Zudem seien die meisten Falschfahrer ältere Menschen.

Belege dafür finden sich in Zahlen des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden. Demnach haben ältere Autofahrer häufiger die Hauptschuld als jüngere, wenn sie an Unfällen mit Personenschaden beteiligt sind. Der Statistik zufolge waren Menschen ab 65 vergangenes Jahr in mehr als zwei Dritteln dieser Fälle (69 Prozent) die Hauptverursacher.

Unterdessen hat der Verkehrsgerichtstag am Ende seiner dreitägigen Zusammenkunft in Goslar empfohlen, dass diejenigen, die betrunken mit dem Auto fahren und einen schweren Unfall verursachen, künftig ihr Fahrzeug verlieren können.

In der Debatte um eine Reform bei der Unfallflucht sprach sich der Verkehrsgerichtstag gegen eine Herabstufung von einer Straftat zu einer Ordnungswidrigkeit aus. Die Meldung eines Unfalls solle aber besser geregelt werden, indem etwa eine neutrale Meldestelle eingerichtet werde. Auch solle es möglich sein, einen Unfall bis zu 24 Stunden nach dem Geschehen straffrei melden zu können.

Der jährliche Kongress mit in diesem Jahr mehr als 1700 Teilnehmern zählt zu den wichtigsten Treffen von Verkehrssicherheitsexperten in Deutschland. Die Empfehlungen werden immer wieder bei der Gesetzgebung berücksichtigt. (dpa)